Nicht tot genug 14
Schlüssel.
Er schloss die Augen und sprach ein kurzes Dankgebet, weil Gott ihn hergeführt hatte. Dann legte er die Schlüssel an die Lippen und küsste sie.
Er schloss die Schublade, steckte die Schlüssel ein und ging wieder nach unten. Er trat vor das Goldfischglas, schob einen Ärmel hoch und senkte die Hand ins lauwarme Wasser. Es war, als wollte man ein Stück Seife in der Badewanne erhaschen. Schließlich gelang es ihm, den zappelnden, glitschigen Goldfisch festzuhalten. Blödes Vieh.
Er warf ihn auf den Boden.
Dann verließ er das Haus, ohne sich umzusehen.
92
DIE GEMEINSAME M ORGENBESPRECHUNG von Operation Chamäleon und Mistral ging um kurz nach neun zu Ende. Die Stimmung war optimistisch, da man einen Verdächtigen verhaftet hatte. Zudem gab es eine Zeugin, die Brian Bishop zum Zeitpunkt des Mordes vor Sophie Harringtons Haus gesehen hatte. Mit etwas Glück, so hoffte Grace, würde das Sperma, das man in Sophie Harringtons Vagina gefunden hatte, mit Bishops Probe übereinstimmen. Das Labor arbeitete mit Hochdruck an der Analyse, und er rechnete damit, die Ergebnisse noch an diesem Tag zu erhalten.
Mittlerweile zweifelte kaum noch jemand daran, dass die beiden Morde zusammenhingen, doch hatte man bislang keine Einzelheiten an die Presse gegeben.
Die Namen und Zeiten, die Bishop in seiner ersten Vernehmung genannt hatte, wurden zurzeit überprüft, und Grace interessierte sich besonders dafür, ob die Unterlagen von British Telecom den Weckauftrag vom Donnerstagabend bestätigen würden. Natürlich könnte auch ein Komplize dahinter stecken. Angesichts der drei Millionen Pfund, die Bishop aus der Lebensversicherung erhalten würde, war es durchaus denkbar, dass er einen oder mehrere Mittäter gehabt hatte.
Grace verließ den Konferenzraum, weil er Eleanor dringend einige Briefe diktieren musste.
Als er durch die Sicherheitstür trat, die in die Soko-Zentrale führte, entdeckte er zu seiner Überraschung eine ganze Gruppe von Kollegen, die sich um einen Schreibtisch versammelt hatte, darunter auch Gary Weston, Chief Superintendent der Kripo und damit sein oberster Chef.
Einen Moment lang fragte er sich, ob jemand Geburtstag hatte. Dann merkte er jedoch, dass hier keine Feierstimmung herrschte. Alle wirkten zutiefst erschüttert.
»Was ist los?«, erkundigte er sich bei Eleanor.
»Haben Sie es noch nicht gehört?«
»Was denn?«
»Das mit Janet McWhirter?«
»Sie meinen unsere Janet von der PNC?«
Eleanor nickte zur Bestätigung.
Bis vor vier Monaten hatte Janet McWhirter in verantwortlicher Position in Sussex House gearbeitet, wo sie die Computerabteilung PNC mit vierzig Mitarbeitern leitete, die vor allem für die Pflege der nationalen polizeilichen Datenbank zuständig war.
Sie war eine unscheinbare, unverheiratete Frau Mitte dreißig, ruhig, fleißig und ein wenig altmodisch, aber sehr beliebt, weil sie so hilfsbereit war und auch nach einem langen Arbeitstag immer noch höflich blieb. Mit ihrem äußeren Erscheinungsbild und ihrer stillen, ernsten Art hatte sie Grace immer ein bisschen an eine Haselmaus erinnert.
Im April hatte sie zur allgemeinen Überraschung ihre Stelle aufgegeben, angeblich, um ein Jahr auf Reisen zu gehen. Dann jedoch hatte sie ihren beiden engsten Freundinnen in der Abteilung anvertraut, dass sie sich verliebt hatte. Sie und ihr Freund waren bereits verlobt und würden gemeinsam nach Australien auswandern und dort heiraten.
Brian Cook, der Leiter der Scientific Support Branch und ein Freund von Grace, drehte sich zu ihm um. »Man hat sie tot am Strand gefunden. Sie wurde am Samstagabend dort angespült, hatte schon ziemlich lange im Wasser gelegen. Man hat sie soeben anhand der zahnärztlichen Unterlagen identifiziert. Und es sieht so aus, als wäre sie schon tot gewesen, bevor sie ins Wasser gelangte.«
Grace schwieg. Er war fassungslos. In den vergangenen Jahren hatte er oft mit Janet zu tun gehabt und sie sehr gemocht. »Scheiße.« Einen Moment lang schien sich eine dunkle Wolke vor die Sonne zu schieben, und ihm wurde eiskalt. Natürlich kam es vor, dass Menschen starben, aber sein Instinkt sagte ihm, dass mit diesem Todesfall etwas nicht stimmte.
»Sieht nicht danach aus, als hätte sie es nach Australien geschafft«, fügte Cook hinzu.
»Oder zum Altar. Hat man den Verlobten schon benachrichtigt?«
»Wir haben eben erst davon erfahren. Womöglich ist er auch tot.« Dann fügte er hinzu: »Vielleicht gehst du mal rüber und sprichst mit den Leuten
Weitere Kostenlose Bücher