Nicht tot genug 14
habe sie geliebt. Warum sollte ich sie töten? Nein, ich war es nicht, wirklich nicht. Sie müssen mir glauben. Ich verstehe überhaupt nicht, was hier vorgeht.«
Der Anwalt lächelte. »Gut, das reicht mir.«
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ALS GRACE DEN ASPHALTSTREIFEN zwischen dem Hintereingang von Sussex House und dem Untersuchungsgefängnis überquerte, gingen ihm unerfreuliche Gedanken durch den Kopf. Er hatte das Handy am Ohr, und das flaue Gefühl in seinem Magen verstärkte sich zunehmend. Sein Mund war ganz trocken. Mittlerweile war es über zwanzig Minuten her, dass er mit Cleo telefoniert hatte. Warum hatte sie sich nicht mehr gemeldet? Wieder ging sofort die Mailbox an. Wieder wählte er die Nummer des Leichenschauhauses, und wie zuvor meldete sich nach dem vierten Klingelton der Anrufbeantworter. Er spielte mit dem Gedanken, einfach ins Auto zu springen und hinzufahren. Doch das wäre unverantwortlich. Er musste während der gesamten Vernehmung dabeibleiben und die Vorgänge beobachten.
Daher rief er in der Personalzentrale an und erklärte, wer er war und worum es ging. Zu seiner Erleichterung erklärte der Beamte, dass sich eine Einheit der Polizei zufällig in diesem Stadtteil befinde und er sie umgehend zum Leichenschauhaus schicken wolle. Grace bat um Rückruf, sobald die Situation geklärt war.
Er hatte kein gutes Gefühl dabei. Ganz und gar nicht. Obwohl er wusste, dass Cleo stets sämtliche Türen abschloss und überall im Gebäude Sicherheitskameras angebracht waren, gefiel ihm die Vorstellung, dass sie abends allein dort arbeitete, überhaupt nicht. Vor allem nicht nach dem, was gestern geschehen war.
Er hielt seinen Sicherheitsausweis vor die Linse des Lesegeräts neben der Tür und betrat das Untersuchungsgefängnis. In der zentralen Aufnahme wurde gerade einer der üblichen Verdächtigen registriert – ein magerer Rastatyp in schmuddeligem Hemd, Tarnhose und Sandalen. Grace ging durch eine Sicherheitstür nach oben in den ersten Stock.
Jane Paxton wartete bereits im Beobachtungsraum. Der Farbmonitor war eingeschaltet, zeigte aber noch kein Bild. Videorecorder und Stimmaufnahme waren ausgeschaltet, damit Brian Bishop vertraulich mit seinem Anwalt sprechen konnte. Paxton hatte vorausblickend zwei Flaschen Wasser mitgebracht. Grace legte seinen Notizblock auf den Tisch und machte sich in der Kochnische am Ende des Flures eine Tasse starken Instantkaffees.
Grace kehrte in den Beobachtungsraum zurück. »Sie wollten keinen Tee oder Kaffee?«
»So etwas trinke ich nie«, sagte Paxton mit leichtem Vorwurf in der Stimme, als habe er ihr harte Drogen angeboten.
Als Grace seine Tasse abstellte, knisterte es in den Lautsprechern, und der Monitor erwachte flackernd zum Leben. Er sah Branson, Nicholas, Bishop und Lloyd im Vernehmungsraum sitzen. Alle hatten die Jacken ausgezogen. Die beiden Kripobeamten trugen zwar noch ihre Krawatten, hatten aber die Hemdsärmel aufgerollt.
Grace drehte sich zu einer der beiden Kameras, die ihm den besten Blick auf Bishops Gesicht ermöglichte.
Glenn Branson sprach zur Eröffnung die übliche Warnung aus, die für alle derartigen Vernehmungen galt. »Dieses Gespräch wird auf Band und Video aufgezeichnet und kann von einem anderen Raum aus überwacht werden.«
Grace bemerkte, wie sein Kollege ihm einen flüchtigen Blick durch die Kamera zuwarf.
»Montag, 7. August, 22.15 Uhr«, fuhr er fort. »Ich bin Detective Sergeant Branson. Würden Sie sich bitte zum Zwecke des Protokolls identifizieren?«
Die drei anderen stellten sich vor. »Mr. Bishop, bitte schildern Sie uns so detailliert wie möglich, wie Sie die vierundzwanzig Stunden verbracht haben, bevor DS Nicholas und ich Sie am Freitagmorgen im North Brighton Golf Club aufgesucht haben.«
Grace schaute konzentriert zu, als Brian Bishop seinen Bericht lieferte. Er erklärte zunächst, dass er am Montagmorgen gewöhnlich einen frühen Zug nach London nehme, die Woche allein in seiner Wohnung in Notting Hill verbringe, abends lange arbeite, häufig Besprechungen habe und am Freitagabend fürs Wochenende nach Brighton zurückkehre. In der vergangenen Woche sei er am späten Sonntagabend wegen des Golfturniers ausnahmsweise mit dem Auto nach London gefahren.
Er erklärte, er habe am fraglichen Tag in seinem Büro am Hanover Square gearbeitet und sei am Abend zu Fuß nach Piccadilly gegangen, um sich dort mit seinem Finanzberater Phil Taylor zum Abendessen in einem Restaurant namens Wolseley zu treffen.
Phil Taylor sei für seine
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