Nicht tot genug 14
zu tun gehabt hätte.
Er schrieb noch einige E-Mails und begab sich ins Konferenzzimmer, wo sich das gesamte Team versammelt hatte.
Zunächst begrüßte er alle und erklärte, dass beide Fälle von ihm geleitet wurden, wobei DI Kim Murphy seine Stellvertreterin im Mordfall Katie Bishop war und DCI Duigan ihn in Sachen Sophie Harrington vertrat. Dann kündigte er an, dass er nun das Video vom Tatort Harrington zeigen werde.
Nachdem der Film zu Ende war, herrschte Schweigen, bis sich Norman Potting zu Wort meldete.
»Nun, ich hätte da noch einige Ergebnisse zu bieten.«
»Wir sind ganz Ohr«, forderte Grace ihn auf.
»Katie Bishop hatte eine Affäre!«, verkündete der Veteran triumphierend.
Zwanzig Augenpaare richteten sich auf ihn.
»Einige von Ihnen werden sich daran erinnern, dass ich am Freitagnachmittag im BMW Cabrio von Katie Bishop einen Parkschein entdeckt habe, der am Donnerstagnachmittag um 17.11 Uhr an einem Automaten in der Southover Road in Lewes gezogen wurde.«
Er hielt inne und fingerte an seinem Krawattenknoten herum. Grace schaute zum Fenster. Der Himmel war klar und blau, der Sommer zurückgekehrt.
»Nun schuldete mir John Smith von der Telekomabteilung hier bei uns noch einen Gefallen. Er ist gestern hergekommen und hat Mrs. Bishops Handy überprüft. Dabei fand er im Kurzwahlverzeichnis eine Rufnummer in Lewes. Sie gehört einem Mr. Barty Chancellor – wie ich erfahren habe, ist er ein international bekannter Porträtmaler –, der tatsächlich in der Southover Road in Lewes wohnt.«
Potting wirkte noch selbstzufriedener als zuvor. »Gestern Nachmittag um vier Uhr habe ich Mr. Chancellor in seinem Haus befragt, und er hat zugegeben, dass er und Mrs. Bishop sich seit etwa einem Jahr getroffen haben. Er war ziemlich durcheinander, nachdem er von ihrem Tod aus der Zeitung erfahren hatte, und schien froh, dass er endlich jemandem sein Herz ausschütten konnte.«
»Was haben Sie von ihm erfahren?«, wollte Grace wissen.
»Sieht aus, als wären die Bishops nicht ganz das Traumpaar gewesen, für das man sie gehalten hat. Laut Chancellor war Bishop von seiner Arbeit besessen und fast nie zu Hause. Er schien nicht zu begreifen, dass seine Frau einsam war.«
»Verzeihung«, meldete sich Bella Moy aufgebracht zu Wort. »Norman, das ist mal wieder typisch für einen Mann, der eine Affäre rechtfertigen will. Ach, ihr Mann versteht sie nicht, darum ist sie mir praktisch in die Arme gefallen, ganz ehrlich!« Die junge Polizistin schaute errötend in die Runde. »Wie oft haben wir das schon gehört? Nicht immer ist der Ehemann schuld – es gibt jede Menge Frauen, die wild in der Gegend herumbumsen!«
»Wem sagen Sie das?«, meinte Potting. »Ich habe drei von der Sorte geheiratet.« »Wusste Bishop Bescheid?«, warf Glenn Branson ein.
»Chancellor meint, er hätte keine Ahnung.«
Nachdenklich notierte Grace den Namen. »Womit wir einen weiteren potenziellen Verdächtigen hätten.«
»Er ist ein ziemlich guter Maler. Muss er ja auch sein, verlangt immerhin zwischen 5000 und 20000 Pfund für ein Bild. Dafür könnte ich mir ein ganzes Auto kaufen! Oder ein Haus, da, wo meine neue Frau herkommt.«
»Ist das jetzt wichtig, Norman?«
»Ich meine ja nur, diese Künstlertypen sind manchmal ganz schön durchgeknallt. Hab mal gelesen, dass Picasso mit neunzig noch seine Ladys gebumst hat.«
»Ach so, er ist Maler, also ist er auch pervers. Ist es das, was Sie sagen wollen?« Bella Moy war an diesem Tag mal wieder schlecht auf Potting zu sprechen. »Also hat er Katie Bishop eine Gasmaske aufgesetzt und sie erdrosselt? Warum verschwenden wir eigentlich noch unsere Zeit – wir können doch gleich zur Staatsanwaltschaft gehen und einen Haftbefehl für Chancellor holen!«
»Bella, das reicht!«, sagte Grace scharf.
»Haben Sie in seinem Haus irgendetwas entdeckt, das auf Perversität schließen lässt?«, fragte Kim Murphy. »Gasmasken an der Wand? Seltsame Bilder?«
»Er hatte ein paar ganz schön heftige Nackedeis an der Wand hängen, das können Sie mir glauben! Nicht gerade die Bilder, die man seiner alten Mutter zeigt. Und dann habe ich noch etwas sehr Interessantes von ihm erfahren: Er war am Donnerstagabend mit Mrs. Bishop zusammen. Und zwar bis kurz vor Mitternacht.«
»Wir müssen ihn sofort zur Vernehmung holen«, sagte Grace.
»Um zehn ist er hier.«
»Gut, wer ist noch dabei?«
»DC Nicholas.«
Grace schaute den jungen Kollegen an, der ein Gähnen unterdrückte und kaum die Augen
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