Nicht warten - starten
Gefühl haben, uns nicht so gut zu kennen, wie wir dachten, bereitet uns das großes Unbehagen. Und wir sind bereit, mitunter auch außergewöhnliche Dinge zu tun, nur um uns zu beweisen, dass wir in Wahrheit doch wissen, wer wir sind.
Unser Bedürfnis nach Konsistenz kann uns helfen, Instant Influence erfolgreich einzusetzen. Sobald sich eine Person zu ihren Wünschen äußert, und sei es auch nur mit einer sehr zurückhaltenden Aussage wie »Es könnte vielleicht sein, dass ich eines Tages pünktlich zur Arbeit kommen will«, erzeugt sie damit eine kognitive Dissonanz, die sie nur dadurch auflösen kann, dass sie tatsächlich pünktlich ist. Solange ihr Verhalten nicht ihren Äußerungen entspricht, kann sie nicht sicher sein, dass sie weiß, wer sie ist.
Für die meisten von uns ist es schmerzhaft und beunruhigend, wenn wir auf leere Stellen in unserem Selbstbild stoßen. Der einzige Weg, dieses Unbehagen zu beseitigen, besteht darin, unserer Vorstellung von uns selbst zu entsprechen. Wenn wir jemanden also dazu bringen, auch nur den leisesten Wunsch für eine Veränderung zu äußern, wird zumindest ein Teil in ihm auch das Bedürfnis verspüren, Verhalten und Aussagen in Übereinstimmung zu bringen.
Doch vergessen Sie nicht: Es funktioniert nur, wenn ein »Ichwill« dahintersteht, nicht aber ein »Ich sollte«, »Ich müsste« oder dergleichen. Wenn Sie sagen: »Ich müsste um 9 Uhr im Büro sein, komme aber immer zu spät«, besteht keine kognitive Dissonanz. Sie sehen sich als ungehorsamen Menschen, der zu spät zur Arbeit kommt, und genau so ist es auch: Sie kommen zu spät zur Arbeit. Möglicherweise gefällt es Ihnen nicht, wer Sie sind, aber zumindest wissen Sie, wer Sie sind. Wenn Sie jedoch zu sich selbst sagen: »Ich möchte gerne pünktlich zur Arbeit kommen«, und wenn Sie dann auch noch Gründe dafür nennen (»weil ich dann weniger gestresst wäre«, »weil ich dann kein schlechtes Gewissen meinen Kollegen gegenüber haben müsste, die mich decken« oder »weil ich dann endlich auch einmal eine Tasse frischen Kaffee bekommen würde«), stehen die Chancen weitaus besser, dass Sie Ihr Verhalten Ihrer Aussage anpassen werden. Offenkundig wollen Sie
wirklich
pünktlich zur Arbeit kommen, sonst hätten Sie kaum all die Gründe aufgeführt, warum Sie es gerne möchten. Und deshalb handeln Sie nun auch dementsprechend. Sie atmen erleichtert durch und die kognitive Dissonanz löst sich auf.
Das Verhalten an die erste Stelle setzen
Wahrscheinlich wird es Sie nicht sonderlich überraschen zu hören, dass die Theorie der kognitiven Dissonanz nicht von jedermann akzeptiert wird. Manche Sozialwissenschaftler, darunter Daryl Bem, vertreten sogar die Ansicht, dass es sich genau andersherum verhält. 9 Statt mit der Einstellung zu beginnen (»Ich will pünktlich sein«) und darauf das Verhalten folgen zu lassen (»Na also, gerade
war
ich pünktlich«), liegt für Bem der Schlüssel im Verhalten (»Gestern war ich pünktlich«), dem unsere Einstellungen erst nachfolgen (»Das muss bedeuten, dass ich pünktlich sein möchte. Wenn mir das so sehr gefällt, könnte ich ab jetzt doch einfach immer pünktlich sein.«).
Bems Ansatz fügt sich ebenfalls nahtlos in das Instant-Influence-Konzept ein. Wenn es Ihnen gelingt, eine Person zu einer Verhaltensänderung zu bewegen – und mag diese Verhaltensänderung noch so winzig sein –, können Sie darauf aufbauen. Erkennt jemand, dass er sich verändert hat (pünktlich zur Arbeitgekommen ist, seit Neuestem jeden Morgen vor der Arbeit zum Joggen geht, statt Weißbrot Vollkornbrot kauft), können Sie ihm helfen, die Motivation zu finden, dieses Verhalten beizubehalten.
Instant Influence beginnt häufig mit winzigen Schritten. Wie Sie in der Einführung sehen konnten, habe ich nicht versucht, die Manager von General Electric dazu zu bringen, sich auf meinen Ansatz festzulegen. Ich habe sie nur gebeten, mir zuzuhören. Hatten sie sich erst einmal bereit erklärt, mir zuzuhören, so meine Überlegung, wären sie vielleicht auch bereit, das Programm zu erlernen und möglicherweise sogar anzuwenden. Wenn Ihre Freundin sich dagegen wehrt, einen Termin für eine Mammografie zu vereinbaren, vergessen Sie die Mammografie! Fragen Sie Ihre Freundin stattdessen, aus welchen Gründen sie eventuell den Wunsch verspüren könnte, die Nummer des Arztes nachzuschlagen. Gut möglich, dass sie diese Frage seltsam findet, aber bitten Sie sie trotzdem um eine Antwort.
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