Nichts Als Ärger
zu erkennen.
Mit einer genervten Handbewegung ersetzte er das im Raum schwebende Bild durch eines, auf dem die Folgen des Eindringens dieses Trios zu erkennen waren: fliehende Gefangene, eine durchlöcherte Wand, tote Handlanger. Zwischen den beiden Ansichten gab es nur den geheimnisvollen Blitz und die damit verbundene Erschütterung. Was hatte es mit diesem unerklärlichen Übergang von Bild eins zu Bild zwei auf sich? Die Leute, die er dafür bezahlte, dass sie derartige Dinge ans Licht brachten, hatten nur mit lahmen Erklärungsversuchen aufwarten können. Ein verborgener Impuls oder eine Schallwaffe hätte den Sakuntala durch die Mauer und die menschlichen Angestellten in die Decke geschleudert haben können. Doch das war beides keine annehmbare Begründung für den mysteriösen Blitz.
Eine Identifizierung des großgewachsenen jugendlichen Eindringlings war bisher nicht möglich gewesen. Es gab auf ganz Visaria in keiner Sybakte irgendwelche Aufzeichnungen über ihn. Also war er entweder ein Genie, was die Verschleierung seiner Identität betraf, oder er stammte von einer Außenwelt. Shaeb war noch nicht bereit, eine dieser Möglichkeiten auszuschließen, doch die erste erschien ihm plausibler. Zumindest konnte er sich so einigermaßen rational erklären, was den Fremden mit den anderen jungen Kriminellen verband. Dass sich ein Außenweltler unerklärlicherweise auf ihre Seite stellte, machte für ihn dagegen überhaupt keinen Sinn.
Allerdings ergab auch sonst nichts an dieser widerwärtigen und schwer zu lösenden Problematik einen Sinn, rief er sich zum wiederholten Mal ins Gedächtnis.
Selbst wenn der junge Mann eine Art Profi-Schurke war, konnte er sich immer noch nicht vorstellen, was ihn dazu gebracht haben könnte, sich für die gefangenen Jugendlichen einzusetzen. Es sei denn, der andere Junge hatte es irgendwie geschafft, genug Kredits zu beschaffen und einen Profi zu engagieren, überlegte Shaeb. Doch nur ein wagemutiger (oder leichtsinniger) Profi würde sich gegen das Unterhaus von Shaeb stellen, um für einen Haufen Straßenräuber einzutreten. Oder ihm war nicht bekannt gewesen, mit wem er es zu tun bekommen würde. Diese Möglichkeit klang zumindest halbwegs glaubhaft.
Falls das die tatsächliche Erklärung war, so hielt es Shaeb für möglich, dass er den Kontakt zu diesem unabhängig arbeitenden Mann herstellen und ihn über den dummen Fehler, den er begangen hatte, aufklären konnte. Danach würde jeder vernünftige Profi versuchen, das Geschehene wiedergutzumachen, indem er dem Geschädigten Shaeb seine jungen Arbeitgeber entweder zurückgab oder verkaufte. Er starrte weiterhin die Projektionen an, fühlte sich bei diesem Gedanken aber schon viel besser. Er wusste jetzt, wie er weiter vorgehen würde.
Doch bevor der junge unbekannte Unabhängige dazu bewegt werden konnte, musste man ihn identifizieren und kontaktieren. Doch das war Shaebs Untergebenen bisher nicht gelungen. Mit einem resignierten Seufzen dachte er, dass man das davon hatte, wenn man sich auf die schwerfälligen geistigen Anstrengungen von Narren verließ.
Mit der Zeit würde sich die Situation vermutlich von selbst regeln. Das tat sie immer. Aber er war ebenso ungeduldig wie wütend. Die dreckigen kleinen Diebe waren nicht die Einzigen, die sich Hilfe von außen holen konnten.
Ein weiteres Wedeln seiner Hand verbannte die Projektionen vom Schreibtisch. Laut sprach er die allgegenwärtige KI seines inneren Heiligtums an: »Ich gehe aus. Falls jemand fragt, dann bin ich bis morgen früh verhindert.«
»In Ordnung, Piegal«, antwortete die KI. »Benötigen Sie ein Transportmittel?«
»Ja. Einzeln und diskret, bitte.«
»Keine Eskorte? Sie sind immer ein Ziel, Piegal.«
»Das weiß ich«, erwiderte er unangenehm berührt. »Aber ich werde nicht ohne entsprechende Maskierung ausgehen.«
»Wie Sie wünschen.« Die KI war darauf programmiert, sich zu fügen und keine Fragen zu stellen - anders als einige ihrer kybernetischen Brüder.
Die Residenz nahm das oberste Stockwerk eines auffälligen zwanzigstöckigen Gebäudes in einem von Malanderes besten Wohngebieten ein: Hier lebten wohlhabende Kaufleute, die Leiter der städtischen und planetaren Abteilungen, wichtige Persönlichkeiten, erfolgreiche Künstler und dergleichen. Sozusagen die Creme de la creme der überschaubaren besseren Gesellschaft von Malandere und Visaria.
Da er über das Eintreffen seines angeblich anonymen Besuchers informiert worden war, hatte
Weitere Kostenlose Bücher