Nichts als Knochen
so einer Lappalie. Was also hielt ihn davon ab, ihre Verabredung einzuhalten?
Das Klingeln ihres Handys riss sie aus ihren Überlegungen. In der Hoffnung, es könne Krishna sein, zog sie es schnell aus ihrer Jackentasche und meldete sich atemlos.
»Hallo, Rebecca, Thomas hier.«
»Ach, du bist's.« Rebeccas Stimme klang enttäuscht.
»Was soll das denn heißen? Ich hatte eigentlich erwartet, dass du dich freust, von mir zu hören!«
»Hält sich in engen Grenzen, um ehrlich zu sein. Was gibt's?«
»Zunächst mal solltest du dein Handy überprüfen lassen. Ich krieg seit zwei Stunden nie eine Verbindung, wenn ich versuche, dich zu erreichen.«
»Das kann am mäßigen Empfang in der Eifel liegen. Ist ein wenig ländlich hier. Sonst noch was?«
»Allerdings! Setz dich hin!« Thomas legte eine Kunstpause ein, bevor er fortfuhr. »Wir haben die Tatwaffe!«
»Was?!« Rebecca hatte die Stimme erhoben und merkte, wie ihr Herz einige Hüpfer machte. »Wie? Wo? Was?«
»Ja, super, nicht wahr?« Rebecca konnte Thomas' zufriedenes Grinsen bei diesen Worten förmlich vor sich sehen. »Und jetzt halt dich fest! Die Waffe, mit der Tobias Gutfeld erschossen wurde, ist dieselbe, mit der auch Mehmet Yildirim angeschossen wurde. Schmittchens Leute haben sie bei der Razzia vorgestern Abend sichergestellt. Einer von den Bodyguards des Ringkönigs hat sie bei sich gehabt.«
»Und, habt ihr ihn schon verhört?«
»Wir sind noch dabei, aber bisher hat er kaum ein Wort gesagt. Er machte die ganze Zeit einen auf supercool und gelangweilt. Schmittchen ist fast ausgerastet. Hast du Schmittchen schon mal beim Verhör erlebt?«
»Nein, ein Vergnügen, das mir bisher entgangen ist.«
»Da hast du echt was verpasst. Stell dir einen Gummiball mit ein Meter fünfzig Durchmesser vor, der rosarot gefärbt ist und permanent auf und ab hüpft! Klasse!«
»Komm zur Sache!«, mahnte Rebecca.
»Okay. Schmittchen ist jedenfalls wild entschlossen, den Typen so lange weich zu klopfen, bis er gesteht, aber bisher gibt er noch nicht einmal den Mord an Tobias Gutfeld, geschweige denn den an Andrea Walterscheidt zu.«
»Gut. Hör zu, ich werde so schnell wie möglich zu euch stoßen. Im Moment ist mir gerade Krishna abhanden gekommen, aber sobald er auftaucht, werde ich mich auf den Weg nach Köln machen. Also hoffentlich bis später am Abend.«
»Alles klar. Und lass dir Zeit, wir haben hier alles voll im Griff.«
Rebecca beendete das Gespräch und warf erneut einen unruhigen Blick auf ihre Uhr.
Krishna kam zu sich, als eine kalte Flüssigkeit seinen Mund benetzte. Mit geschlossenen Augen tastete er mit der Zunge über seine Lippen und schmeckte. Wasser. Das tat gut. Wieder wurden einige Tropfen in seinen leicht geöffneten Mund gegossen, und er schluckte gierig.
Was war passiert? Langsam begannen ein paar Gedanken durch sein Großhirn zu wabern. Warum hämmerte es in seinem Kopf wie in einem Stahlwerk? Und irgendwas stimmte mit seinen Armen nicht. Vorsichtig versuchte er, sie zu bewegen, und stellte fest, dass es nicht möglich war. Seine Handgelenke waren zusammengebunden und irgendwo über seinem Kopf befestigt.
Krishna riss die Augen auf und starrte seine Hände an, die mit Klebeband umwickelt und am Gestell eines Metallregals festgezurrt waren. Langsam blickte er nach unten und sah in das Gesicht von Bruder Giordano, der zu seinen Füßen auf dem Steinboden kniete und eine geöffnete Wasserflasche in den Händen hielt.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte er, und Krishna lachte gereizt auf, womit er sich einen stechenden Schmerz im Hinterkopf einhandelte. Das ohnehin freudlose Lachen ging in ein gequältes Stöhnen über. Bruder Giordano beugte sich besorgt nach vorne und flößte ihm noch etwas Wasser ein. »Tut mir Leid«, sagte er dann achselzuckend, »aber Sie waren einfach zu neugierig und haben sich in Dinge eingemischt, die Sie nichts angehen. Ich musste Sie einfach niederschlagen, ich hatte keine andere Wahl.«
Krishna schloss erneut die Augen und versuchte, den Kopf nicht zu bewegen.
»Und ich habe immer gedacht, alle Mönche seien sanftmütig«, murmelte er.
»Falls es Sie beruhigt, ich bin kein echter Mönch.«
»Tatsächlich? Und warum veranstalten Sie dann diesen ganzen Zirkus?«
Bruder Giordano zögerte einen Augenblick und legte den Kopf schief.
»Ich habe hier etwas gesucht, und jetzt habe ich es gefunden.« Seine Stimme klang zufrieden. Krishnas Blick folgte Bruder Giordanos Augen, bis er an einem kleinen, alten
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