Nichts für Anfänger - Roman
Babyalarm.
Ich frage sie, ob sie es ihren Eltern gesagt hat, und sie sagt, sie ist doch nicht bescheuert. Obwohl sie schon ziemlich blöd sein muss, fügt sie hinzu, weil sie zugelassen hat, dass ich ihr das antue. Ich setze mich noch immer nicht neben ihr aufs Bett und sage verletzt, dass ich nichts getan habe, aber sie hört mir nicht zu. Sie heult und schimpft und fragt mich, wie zur Hölle sie jetzt noch Lehrerin werden soll und wie ihr Leben werden soll, als Mutter mit siebzehn. Ich sage ihr, sie soll ruhig bleiben und dass wir sicher einen Weg finden, weil sich jedes Problem lösen lässt. Sie wirft mir einen finsteren Blick zu. Meine Gedanken überschlagen sich vielleicht, aber ich denke an Don Cockburn im Fernsehen und an die Nachrich ten, Tag ein, Tag aus, während der Debatte um den achten Zusatzartikel und an die Mädchen, die mit der Fähre nach London gefahren waren und dem ein Ende gemacht hatten und nun hinter einer Schattenwand interviewt wurden. Harte, zitternde Frauenstimmen, deren Seele nun so schwarz wie ihr Schatten war und die sich nie wieder öffentlich zeigen durften, weil sie das Baby in ihrem Bauch getötet hatten.
Ich sage Saidhbh, dass ich fünfunddreißig Pfund auf meinem Sparkonto habe und das locker reicht, um uns nach London und zurück zu bringen, wenn wir eine billige Fähre nehmen. Sie dreht vollends durch und bricht in Tränen aus und sagt mir, ich soll so etwas nie wieder sagen, und bittet Gott um Vergebung für das, was ich gerade gesagt habe. Und dann umschließt sie ihren Bauch noch fester und weint noch mehr und entschuldigt sich bei dem Baby in ihr drin und krümmt sich noch weiter in ihre eigene Embryonalstellung und versucht, sich selbst vor lauter Frust darüber die Haare auszureißen, dass vor zwei Tagen alles perfekt war – sie steckte mitten in den Abschlussprüfungen und war kurz davor, eine glücklich verheiratete Lehrerin zu werden, und jetzt redete der Junge, in den sie einmal verliebt gewesen war, darüber, sein gesamtes Gespartes dafür auszugeben, ihr Baby zu töten.
Sie erwähnt noch etwa zehnmal Gott, und ich verdrehe genervt die Augen und sage ihr, dass Gott schon seinen Teil zu diesem Schlamassel beigetragen hat. Saidhbh sieht mich wütend an und sagt, »Er« hat vorausgesagt, dass sie so enden würde, und »Er« hat auch vorausgesagt, dass ich versuche, sie zu überreden, das zu regeln, und dass »Er« ihr vor allem auch gesagt hat, sie muss stark sein und das Baby in jedem Fall behalten.
Und wer bitte ist »Er«? Gott?
Nein, sagt sie, nennt mich einen Klugscheißer und fügt dann superlässig hinzu, dass »Er« Vater O’Culigeen ist. Jawohl, sagt sie, deshalb kommt sie erst heute damit an. Den Test hat sie schon Freitag gemacht und wusste seitdem Bescheid, konnte aber keinen klaren Gedanken fassen, bis sie heute Morgen nach der Messe zur Beichte gegangen ist. Sie sagt, dass O’Culigeen einfach super war und extra für sie alles dichtgemacht hat und sie in die Sakristei mitgenommen hat und ihr in einer Privatsitzung gesagt hat, dass ich ein falscher Fuffziger bin und sie das Baby um jeden Preis behalten und die Beziehung mit mir auf der Stelle beenden muss. Daher die Heulattacken und die Verwirrung.
Ich sage ihr, dass O’Culigeen nur Scheiße erzählt, und sie will plötzlich, dass ich gehe. Aber nicht zur Haustür raus, sagt sie, und deutet in Richtung Fenster. Sie sagt, dass ihr Dad mich eigenhändig umbringen will, weil ich seiner Tochter bei einem Streit nach der Messe mitten ins Gesicht geschlagen habe. Ich mache eine »Waaas?!!!«-Grimasse, und sie erzählt mir, dass ihr Dad sich das selbst ausgedacht hat, als sie in Tränen aufgelöst zur Tür reingestolpert kam. Und weil sie noch immer unter Schwangerschaftsschock stand, fiel ihr nichts Besseres zu meiner Verteidigung ein, also rannte sie nach oben, um sich zu verkriechen, und so blieb es irgendwie bei der Geschichte. Und er brüllte, Er hat dich geschlagen? Geschlagen? Der kleine Schwachkopf! Er hat dich geschlagen!!
Wie ein Affe klettere ich durch Saidhbhs Fenster und schürfe mir auf dem Weg die dicke Regenrinne runter an dem harten, gelben Rauputzanstrich an beiden Händen die Knöchel auf. Ich renne den langen grauen Bogen The Rise rauf nach Hause, mit blutig gerissenen Fingern und eingezogenem Kopf, für den Fall, dass der verrückte Taighdhg Donohue schon sein wahres Gesicht gezeigt und mir eine mobile Truppe der aktiven IRA auf den Hals gehetzt hat, um mich zu entführen und mir
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