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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
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hat.
    Und außerdem, setzt er an, wenn du mich fragst …
    Wie auf Kommando läutet eine Ding-Dong-Glocke, und Winterregen taucht hinter dem Altar auf, sie trägt ein weites, strahlend weißes Nachthemd und ein rotes Band um die Hüfte, aber ihr Gesicht wird komplett von einem weißen Schleier verdeckt. Als Deano den Schleier sieht, stöhnt er auf und verdreht die Augen. Feder wendet sich an mich und erklärt, dass Winterregen ihre Geistführer anrufen wird, um uns durch die heutige Sitzung zu helfen. Ein Murmeln wandert durch den Saal. Die Geistführer sind eine große Sache. Pfirsich kneift mich und zwinkert mir ordentlich zu, womit sie vermutlich sagen will, dass ich hier den Spaß meines Lebens haben werde.
    Die Geistführer sind leider eine ziemliche Enttäuschung und nicht annähernd so interessant wie Beverly Hills Cop oder so gar Ghostbusters. Regen legt einfach den Kopf in den Nacken und bittet mit ganz normaler Stimme ihre beiden Geistführer, die Waylean und Mestapheen heißen, darum, aus der Erde und den Sternen und dem Jenseits in sie zu fahren und diesen Raum zu reinigen und diese Menschen, also uns, und ihr zu helfen, mit Kraft und Konzentration diese Sitzung abzuhalten. An dieser Stelle zuckelt sie dann ein bisschen wie ein Breakdancer und macht mit kratzig tiefer Stimme plötzlich einen auf Exorzist und sagt total bescheuerte Sachen, ich bin bei euch und so, und meine Hände sind deine Hände, und ich bin das Licht hier und überall. Deano erklärt mir später, der Schleier ist dazu da, dass sich die Klassenleiterin und ihre Geistführer komplett auf den Heilungsvorgang konzentrieren und sie der Anblick eines mit eifrig glotzenden Schülern gefüllten Saales nicht ablenkt. Aber ich könnte schwören, dass das garantiert nur dazu da ist, damit niemand sieht, dass sie sich heimlich kaputtlacht, wenn sie die lustigen Stimmen auflegt.
    Obwohl Deano so viel rumgestöhnt hat, ist er sofort im Bann der Bühnenshow von Winterregen. Genau wie alle anderen. Ganz offensichtlich ist sie ziemlich gut in dem, was sie da macht, und die Schüler drehen alle völlig durch, als sie in ihrer Geistführerstimme spricht, und Pfirsich schreit sogar einmal leise auf, als könnte sie die Anspannung gar nicht ertragen und als wäre sie eins von diesen Mädchen in Schwarz-Weiß in alten Aufnahmen von Beatles-Konzerten, die ihre Aufregung einfach rausschreien müssen, weil der Gedanke, in der Nähe von John, Paul, Ringo und dem anderen Typen zu sein, sie einfach völlig überwältigt. Ich sehe hauptsächlich auf die Uhr und denke darüber nach, was für eine einzige Enttäuschung dieser ganze Abend ist und dass ich garantiert keine magischen Heilkräfte bekommen werde, um Saidhbh zu helfen, und dass ich mir stattdessen so gerne irgendeinen Film angesehen hätte. Winterregen ist schon in Ordnung und scheint eine gute Alleinunterhalterin zu sein, aber nach allem, was Saidhbh und ich in letzer Zeit so durchgemacht haben, fällt es mir schwer, mich auf das Spektakel auf der Bühne zu konzentrieren, und außerdem frage ich mich die ganze Zeit nur, wie es sein kann, dass das Universum angeblich seine ganze Erdkraft gebündelt in eine einzige Person hat fahren lassen, die dann trotzdem nichts Besseres zu tun hat, als in affigen Stimmen zu sprechen.
    Trotzdem hat Winterregen irgendwas, was mich nicht loslässt. Irgendwas an ihrer ersten Stimme, ihrer Sprechstimme, bevor sie in den affigen Geistermodus geschaltet hat. Etwas am Tonfall, was mich nicht in Ruhe lässt. Sie sagt uns, immer noch kratzig und immer noch so, als wäre sie Waylean und Mestapheen, dass wir uns in Heiler und zu Heilende aufteilen und an die Massagetische treten sollen. Natürlich will ich zu Heilender sein, und Deano wird mein Heiler, und ich hüpfe auf den Tisch, der eigentlich eher eine Liege ist, den Blick him melwärts. Deano sieht mich gar nicht an. Alle Augen ruhen auf Regen. Sie bellt Worte wie »erden«, »tiefer«, »atmen«, »Zentrum«, »Hara halten« und »atmet tiefer, lauter«, bis die gesamte Kirche von einem lauten, zischenden Atemchor erfüllt ist, der ebenfalls ziemlich müffelt (vermutlich ist pfefferminzige Zahnpasta auch eine elektrochemische Bremse) und aus zwanzig Heilenden herauskommt, die sich aufblasen und in Trance atmen.
    Wir, die zu Heilenden, bekommen auch geisterhafte Instruktionen vom Altar aus. Wir sollen unsere Augen schließen und unsere fünf Sinne ausschalten und uns ganz dem Universum überlassen. Ich schließe die Augen und

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