Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
Vom Netzwerk:
ureigenen plastikmäßigen Studentenausweis.
    Auf meinen sollte sie Schule der Astralwissenschaften schreiben. Wobei sie dabei etwas mit den Augen gerollt hat. Ich habe ihr gesagt, dass ich alles über die Chakras und die Haralinie lerne, und nickte hoffnungsvoll in dem Gedanken, dass sie ihre Arme weit öffnen und rufen würde: Ah ja, in meinem Land studieren alle so Eso-Peso-Mist, hier, du bekommst die Tickets umsonst. Aber stattdessen guckte sie mich an, als wäre sie leicht gelangweilt, und sagte mir, ich kann die Gesamtsumme von fünfhundert Pfund in wöchentlichen Raten abzahlen.
    Zu Hause sind natürlich alle total begeistert von diesen Neuigkeiten. Jedes Mal, wenn Mam bei Tante Grace anruft, will sie, dass ich und Fiona ans Telefon kommen, und sagt, dass wir alle das Haus nicht wiedererkennen werden und sie es kaum abwarten kann, uns die neue Sitzgruppe zu zeigen. Sie sagt, dass Claire und Susan wahre Engel waren, seit wir weggegangen sind, und dass es Dad mit dem Krebs total super geht und sie dafür sorgen wird, dass er uns eine Karte schreibt, wenn er morgen zum Frühstück runterkommt. Und wie immer hält sie Wort, und ein paar Tage später bekommen wir eine auf das neue personalisierte Briefpapier gekritzelte Notiz, in der sie uns sagen, wie sehr sie sich darauf freuen, uns an Weihnachten wiederzusehen.
    Das mit dem Briefpapier war Mams Idee. Sie hat es Maura Connell nachgemacht, die gesagt hat, das wäre das Allerneuste. Mauras Karten hatten einen glänzenden Silberrand und verschnörkelte Schrift, aber unsere waren die Billigversion ohne Ränder und ohne Schnörkel, einfach nur Name und Adresse mitten auf einem gelblichen gestärkten Stück Papier. Sie waren dazu gedacht, sich bei Leuten für Einladungen zu Feiern und Zusammenkünften zu bedanken, aber schon bald fing Mam an, sie für Einkaufslisten, Backzutaten und Nachrichten an Dad zu benutzen – damit er seinen Weg vom Kühlschrank zum Herd fand und wusste, was wohin gehörte, wenn sie zufällig grade in der Kirche war.
    Dads Nachrichten an mich und Fiona sind total unterschiedlich. Fionas Brief fängt mit »Liebe Fiona …« an. Meiner mit »Na, Scheißkopf …«. Er hat mich schon früher in Briefen Scheißkopf genannt. Aber immer aus Scherz, wie damals, als ich unten beim irischen Sommercamp in Galway war und alles gehasst habe und dringend eine Aufmunterung brauchte. Das war wie ein Insiderwitz zwischen ihm und mir und ein bisschen ruppig und gerade bekloppt genug, um Mam ordentlich auf die Palme zu bringen und zu beweisen, dass er und ich im gleichen Team ruppiger bekloppter Boyos spielten. Aber diesmal wusste er und wusste ich, und er wusste auch, dass ich es wusste, dass es etwas völlig anderes bedeutete. Es lag Verärgerung darin. Und Abneigung. Und unausgesprochene Wut über den heimlichen Grund für seinen Zusammenbruch am Morgen nach dem Debs.
    Nach dem Scheißkopf-Intro liefert er einen kurzen Abriss über die Mädchen, dass Claire jetzt zu den besten Blockflötistinnen ihrer Klasse gehört und Susan sich beim Netball-Finale einen Haarriss im Finger geholt hat und Sarah und Siobhan zum letzten Sonntagsessen einen edlen neuen Nach tisch namens Vienetta mitgebracht haben. Der Schluss ist ähn lich lieblos wie der Anfang, weil er schreibt, dass meine Mutter, also Mam, sich sehr darauf freut, mich an Weihnachten zurückzuhaben, und dass er um unser aller willen hofft, dass ich mich um meine »Freundin« Saidhbh kümmere. Er hat mit Dein Vater Matt unterschrieben, nur für den Fall, dass ich denken könnte, Mam oder eines der Mädchen hat den Brief geschrieben.
    Gary schickt mir auch eine Karte. Sie sieht aus wie eine leere Geburtstagskarte, hat aber Soft Cell vorne drauf und Goldene-Schallplatten-Aufkleber. Er sagt, dass mittlerweile auf der St. Cormac’s niemand mehr über mich redet, aber dass er meine Mam und seine Mam dabei belauscht hat, als sie gesagt haben, Spits McGee hält mir nächstes Jahr einen Platz in seiner Klasse frei. Gary findet das zum Totlachen und reißt jede Menge Witze darüber, dass ich dieser riesengroße fünfzehnjährige Schwachkopf sein werde, der ganz hinten in einer Klasse voller winziger Dreizehnjähriger sitzt, die noch nicht mal Schamhaare haben. Ich werde der neue Kevin Doyle, schreibt er, der, weil er so doof war, zweimal hintereinander kleben geblieben ist und das Lernen irgendwann aufgegeben und beschlossen hat, stattdessen Leute zu verprügeln und ihnen ihr Geld fürs Mittagessen abzuknöpfen.

Weitere Kostenlose Bücher