Nichts für Anfänger - Roman
damals ein bisschen krass drauf war. Sie hatte gerade ihre ersten paar Perioden gehabt und war zu allen ziemlich schnippisch und sagte f… dies und f… das, andauernd. Und Mam dachte, dass sie ein furchtbares Vorbild für Claire und Susan war und sie einfach nicht mehr wusste, was sie noch tun sollte, weil Fiona ihr sofort sagte, sie soll sich verf… noch mal verpissen, wenn sie ihren Kopf durch ihre Schlafzimmertür schob.
Dad wollte davon natürlich nichts hören und sagte, keine seiner Töchter wird wie ein dahergelaufener Verbrecher ans Ende der Welt verschifft, zu so einer Horde Wilder vom Land, die keine Fragen stellen. Dad redete viel darüber, dass er streng ist und strikte Regeln liebt und wie gerne er seinen Kindern ein paar ehrliche Stockschläge verpasst, damit sie wissen, was Sache ist. Aber wenn es um große Entscheidungen ging, war er weich. Zumindest weicher als Mam. Und diesmal bestand er darauf, Fiona eigens eine Standpauke zu halten, von Vater zu Tochter, und das würde dann schon genügen. Mam schnaubte, aber Dad hatte recht. Fiona ließ das Böse-Mädchen-Dasein hinter sich und war nach ein paar Tagen wieder ganz normal und fluchte und brüllte nicht mehr. Was bewirkte, dass Dad sich natürlich ganz toll fühlte und wie der beste Vater auf diesem Planeten, aber vermutlich eher daran lag, dass ich Fiona am Abend alles von dem Streit erzählt hatte, dass ich im Flur vor der Tür gesessen und alles gehört hatte, was Mam und Dad einander an den Kopf geworfen hatten, und dass sie planten, sie für immer auf ein furchtbares, mit Monstern gefülltes Internat mitten am Arsch der Welt zu schicken, wo man den ganzen Tag lang mit Porridge zwangs ernährt wird und riesige rotgesichtige Bauernmädchen mit hochgekrempelten Ärmeln ihren Camogie-Stock unterm Kopf kissen verstecken, um mitten in der Nacht auf dich einzuprügeln, weil du ein riesiger wütender Schimpfwortsager mit Tunnelblick bist.
Damals, da im Flur, wollte ich einfach zur Tür reinstürmen und Mam und Dad mit einer Million Gründen bombardieren, warum sie Fiona nicht auf dieses blöde alte Dorfinternat schicken sollen. Aber vom Lauschen stand ich völlig unter Schock und wegen der Gefahr von allem, was sie da gesagt hatten. Und ich war stocksteif bei dem Gedanken an das Resultat, das durch diese falsche Entscheidung zu schwer zu ertragen wäre. Also blieb ich draußen wie jemand, der auf einem Kartenhaus steht und sich nicht traut zu atmen und dennoch hofft, dass es in die richtige Richtung stürzt.
Genau so ist es jetzt auch. Und Deano merkt, dass ich stocksteif dasitze, also macht er eine große Show daraus, für mich zu sprechen, und sagt, dass Winterregen mir helfen wird, Saidhbh zu heilen, und zugesichert hat, dass sie binnen kürzester Zeit wieder gesund und munter sein wird.
Bei diesen Worten ticken Fiona und Tante Grace gleichzeitig aus, wobei Tante Grace Deano einen leichtgläubigen Vollidioten nennt und Fiona darauf besteht, dass er aufhört, sie Winterregen zu nennen, und sie einfach Helen Macker nennen soll oder sogar Scarface. Alles, aber nicht Winterregen. Deano dagegen sagt ihnen beiden, dass sie ihm leidtun, weil sie ihre Herzen verschließen.
Tante Grace nimmt einen riesigen Schluck Rotwein und fängt an zu weinen und sagt Deano, er soll ihr nichts von verschlossenen Herzen erzählen und ob er denn nicht weiß, was sie schon alles durchgemacht hat in ihrem Leben, als Irin in England, um dorthin zu kommen, wo sie heute ist. Fiona hat auch einen Kloß im Hals und setzt sich für Tante Grace ein, indem sie droht, Deano vor die Tür zu setzen, und dann kann er sich jemand mit einem offenen Herz zu suchen, vielleicht jemanden aus seiner Eso-Peso-Klasse, vielleicht sogar Helen Macker höchstselbst, und mal sehen, ob die seinen Quatsch duldet. Deano fängt nun auch an zu weinen und jammert über sein Leben und dass er nie einen Vater hatte und wie schwer es für ihn gewesen ist, seinen Platz in der Welt zu finden.
Alle drei beenden den Kriegsrat versunken in ihren sechs Armen und kuscheln und heulen alle gleichzeitig. Mir sind alle in diesem Zimmer einfach nur peinlich, als wäre jede einzelne Person, die ich kenne, im exakt gleichen Moment verrückt geworden. Und ich fühle mich schlecht wegen Saidhbh und der Art, wie wir über sie reden, als wäre sie ein gammeliges altes Stück Burgerfleisch und hätte ihre Steak-Tage lange hinter sich. Also versuche ich, mich aus der Küche und zu ihr rauf zu stehlen, ohne viel
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