Nichts für Anfänger - Roman
einfach zu viel Schnee von gestern aufgetürmt hat, dass sich zu viel in ihrem Leben verändert hat, als dass eine Wiedervereinigung möglich wäre. Aber ich kann sie von ihr aus herzlich grüßen, wenn es mir damit besser geht.
Ich versuche auch ab und an, Helen Saidhbh gegenüber zu erwähnen, aber die Worte kommen immer ganz falsch raus, und dann klingt es so, als würde ich auf Helen stehen, was voll nicht stimmt, und am Ende haben Saidhbh und ich einen Ministreit, weil ich leugne, auf Helen zu stehen, und dabei sage: Sag mal, spinnst du? Und sie wirft mir einen total verletzten Blick zu, der sagt: Wie kannst du mich so etwas fragen? Wie kannst du diese Worte sagen, wo du weißt, dass ich jeden Tag diesen monumentalen Kampf mit der Möglichkeit austrage, für den Rest meines Lebens eine Spinnerin zu bleiben?
Helen sagt, dass sie mich zu ihrem festen Heilpartner auserkoren hat, weil ich ein Schnellchecker bin und so schnell wie möglich die nötigen Heilfähigkeiten anwenden können sollte. Es geht um Leben und Tod, sagt sie, ohne Saidhbhs Namen zu erwähnen, aber ich weiß trotzdem, dass sie alles über Saidhbh und die Gefahr, in der sie schwebt, in meinem eigenen Feld lesen kann. Helen sagt, dass das aurische Feld, neben vielen anderen Dingen, eine Videokamera ist und deine emotionalen und persönlichen Kontake und Austausche bis zum tiefgründigsten Level absorbiert und abspeichert. Das kann alles sein, von der plötzlichen Ohrfeige von deiner Mam, als du sieben Jahre alt warst, bis zum besorgten Blickkontakt mit deiner suizidgefährdeten Exfreundin gestern Morgen, als ihr einen Ministreit darüber hattet, ob du auf deine Heillehrerin stehst oder nicht. Das spielt alles eine Rolle, sagt Helen. Und alles hinterlässt Spuren.
Sie sagt, dass sie sich ganz besonders glücklich schätzen kann, weil sie das Lesen aurischer Felder direkt von Serenity Powers höchstselbst gelernt hat. Und je nachdem, was für eine Art Mensch du bist und welche Art Heiler aus dir werden wird, kann es entweder volle fünf Jahre Astralwissenschaftsstudien dauern, bis du es kannst, oder eben nur ein paar Wochen. Bei mir, sagt sie, ohne eine Spur Überheblichkeit, aber trotzdem mit Stolz, hat es nur ein einziges Wochenende gedauert.
Serenity hat etwas in mir gesehen und es hevorgezaubert, einfach so, sagt sie und vollführt mit ihren Armen einen Bogen in die Luft und wackelt dabei mit den Fingern, als würde sie einen glitzernden Springbrunnen nachzeichnen.
Sie erklärt mir, dass man normalerweise mit Bananen und Ananassen anfängt, die man stundenlang anstarrt, ohne Pinkelpausen oder Essenspausen, ohne alles, bis man ihre aurischen Felder sehen kann. Weil Früchte, wie alles Lebendige, ein Feld haben. Sobald man mit den Früchten klarkommt, bekommt man kleine Tiere vorgesetzt, hauptsächlich Katzen, weil die ruhiger dasitzen als Hunde und innerlich mehr am Denken sind. Und zum Schluss kommen echte Menschen an die Reihe, mit Regenbogenfarben im Feld und Mustern in den Farben, die sich wie sehr einfache Bücher lesen lassen oder wie diese komischen tschechoslowakischen Cartoons auf BBC 2.
Das Feld zu ertasten ist dagegen total leicht. Pillepalle. Und damit lässt mich Helen anfangen. Sie führt ein paar Sachen an den Oldies vor. Vier von ihnen sollen sich auf Massagetische legen, die wie ein Kreuz um Helen formiert sind. Dann macht sie einen lustigen kleinen Hüpfer und landet mit gespreizten Beinen in einer Art Halbhocke, die es ihr erlaubt, wie sie sagt, die Energie des Kosmos direkt durch den Kirchenboden in ihren Körper aufzusaugen, entlang ihrer Haralinie. Über die Haralinie hat sie einen Witz parat und sagt, sie ist wie ein langes Elektrokabel, das dir zwischen den Beinen rausbaumelt und das du ins Universum einstecken musst, sobald du eine ordentliche Heilung vornehmen willst. Dabei lachen die Oldies alle, weil es irgendwie lustig ist, sich wie eine Heilmaschine vorzukommen, mit Kabeln und allem Drum und Dran.
Na ja, jedenfalls geht sie in die Halbhocke und sagt, dass ihre Haralinie jetzt eingestöpselt ist, und dann watschelt sie zu ihrem ersten zu Heilenden, was zufällig eine von Deanos Busenfreundinnen ist, Federnflug. Helen nimmt diese supertiefen Atemzüge, die zum Werkzeug eines jeden Heilers gehören, dann hebt sie ihre Hände hoch in die Luft, bevor sie sie langsam auf Federnflugs Körper sinken lässt. Nur eben nicht ganz auf ihren Körper. Stattdessen, wuuuusch, bleiben Helens Hände etwa einen Meter über dem
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