Nichts für Anfänger - Roman
wäre ein Liebender, kein Kämpfer. Wie Jackson auf Thriller, wenn er bei »The Girl is Mine« drauflosredet. Er erzählt mir, dass fünf Monate Papua-Neuguinea jeden verändern würden, und ihn haben sie völlig verändert. Von Kopf bis Fuß, sagt er und meint wohl seinen neuen Yeti-Look, bevor er hinzufügt, dass ja wohl jeder sehen kann, dass er ein neuer Mensch ist. Ja, früher hat er furchtbare Dinge getan, und er war einmal ein vergewaltigender Pfarrer, und das tut ihm wirklich von Herzen leid. Aber das Leben in Papua, und ganz besonders die Liebe eines eingeborenen Jungen namens Buassi, hat alles ver ändert. Buassi zu lieben, sagt er, ganz offen und vor den Augen der anderen Eingeborenen, hat ihm gezeigt, dass es im Leben größere Liebe gibt als die Liebe zu Gott. Die Liebe zu Buassi laut herauszurufen, vor seinen Eltern und den Dorfältesten, hat ihm gezeigt, dass das Priestertum völlig falschliegt. Hinter verschlossenen Türen zu vergewaltigen war böse. Öffentlich zu lieben war himmlisch.
Er sagt, dass es mit Buassi aus und vorbei war, als er herausgefunden hat, dass dieser kleine Lügner eine Freundin und O’Culigeen nur benutzt hatte, um so schnell wie möglich aus dem Dschungel raus zu kommen und die Chance zu ergattern, in Irland zu arbeiten. Doch immerhin hatte er nun gelernt, dass er niemals in sein altes Leben zurückkonnte. Am Abend nach dem großen Knall mit Buassi wurde ihm klar, dass er eine Lüge gelebt hatte und nie wieder ins Priesterdasein zurückkehren würde. Und wenn er ganz ehrlich mit sich war, dann wurde ihm in diesen kalten Nächten allein vor dem Spiegel klar, dass Buassi nur ein Ersatz für jemanden gewesen war, der seinem Herzen noch näherstand. Nämlich ich.
Ich reiße meine Hand aus seinem Griff los und renne in die Küche. Billy sagt, dass ich kreidebleich bin, und will wissen, was los ist, doch ich bekomme kein Wort raus. Ich lehne mich mit gesenktem Kopf gegen den Tabletthalter, und Billy knetet meine Schultern. Er fragt mich ganz sanft, ob was mit dem bärtigen Typ war. Ich nicke. Dann lehnt er sich noch weiter runter, mit dem Kinn fast bis auf meine Schulter, und flüstert: War er das? Ich nicke noch mal. Billy dreht mich um und lenkt mich sachte in seine Arme und schließt mich in die festeste, wärmste, lebensrettendste Umarmung, die ein Körper sich je wünschen könnte.
O’Culigeen geht wieder, doch vorher kritzelt er mir eine Nachricht auf eine Border-Town-Serviette. Nämlich dass er, falls nötig, jeden Tag wiederkommen wird, bis ich seine Entschuldigung annehme und damit für uns beide das Leben weitergehen kann. Er unterschreibt mit LOC . Denn der Vater ist verschwunden, und er ist endlich wieder Luke.
10
Der Zoo
I ch werde nicht mehr traurig, wenn ich an zu Hause denke. Einer von den Jungs, der bei Border Town hinter der Bar arbeitet, kommt auch aus Dublin. Er heißt Fergus und ist schon seit Jahren in London und redet total witzig, mit einem halb irischen, halb englischen Akzent. Seine Ts sind nicht mehr ganz so hart. Aber manchmal sagt er Sachen, die nur von einem richtigen Dub kommen können. Seit ich hier bin, ist Fergus so eine Art Fremdenführer für mich. Er sagt, dass er all die coolen Orte kennt, die man sich in der City ansehen muss, und als ich ihm meinen Ladybird -Reiseführer zeige, sagt er, den kann ich in die Tonne kloppen und dass er selbst mehr weiß, als in so einem alten Schinken je stehen könnte. Also lässt er mich an jedem Wochenende erst gehen, wenn er mir eine Must-see-Liste erstellt hat, die ich vor dem nächsten Freitag, zwischen meinem Heilunterricht und Grace’s Angels, abarbeiten muss.
Bisher habe ich jede Menge alte Steine in Glasvitrinen gesehen, eine riesige Statue, die einen nackten Kerl mit einem Tuch über der Schulter und einem winzigen Pimmel zeigt, und ein gigantisches Dinosaurierskelett, das fast den gesamten Raum in diesem edlen alten Gebäude einnimmt. Das war so ziemlich mein Favorit und hat mich an Die Rache der Dinosaurier erinnert und wie ich lange, bevor das hier alles angefangen hat, nachts in meinem Bett in Dublin wach lag und in dem Kassettenrekorder auf meiner Brust meine eigene – direkt vom Fernseher aufgenommene – Version lief. Und wie ich mir die ganzen brüllenden Dinosaurierszenen vorstellte, obwohl ich im Hintergrund Dads Stimme hörte, der mit Mam darüber diskutierte, worin der Sinn bestand, neue Schulbücher zu kaufen, wenn die gebrauchten genauso gut waren. Sobald ich das Monstervieh
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