Nichts für Anfänger - Roman
erklären kann, was er gegen ihn hat, darf LOC bleiben. Jeden Tag, und wenn er will, den ganzen Tag lang. Billy wird stinksauer deswegen. Und warnt Trevor, dass er die Sache dann vielleicht selbst in die Hand nehmen muss.
Mein Lieblingsort in London bisher ist der Zoo. Und meine Lieblingstiere sind die Hühner in einer Ecke vom Zoo. Bei den ganzen großen Gehegen ist total viel los. Und alle anderen sagen so: Wow, guck dir mal den riesigen Gorilla da drüben hinter dem Graben an!
Der sitzt ganz still im passelnden Regen und sieht so aus, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen oder sich mit dem Seil erhängen, an dem der Autoreifen baumelt. Aber die Hühner sind Teil des Streichelzoos, was bedeutet, dass man ihnen jeden Tag von halb zwölf bis zwei ganz nahe sein kann.
Normalerweise bin ich bei der Führung im Streichelzoo der Älteste, aber das macht mir nichts und bedeutet meistens, dass ich die Hühner ganz für mich allein habe. Man soll seine Hand in so Körnerzeug stecken und den Arm ausstrecken, dann kön nen die Hühner lospicken, aber keines von den Kleinkindern mit ihren Mams dabei will es probieren. Und die paar, die es schließlich versuchen, brechen für gewöhnlich in Heulgeschrei aus, wenn ihnen ein Huhn mal aus Versehen gegen den Daumen pickt. Also kommen sie fast alle zu mir. Ich komme drei Tage hintereinander und füttere sie durchgehend die kompletten zweieinhalb Stunden lang. Mir guckt eh niemand zu, also bediene ich mich einfach wieder und wieder händeweise an dem Körnerzeug.
Am dritten Tag sind die Hühner fast nicht mehr zu bremsen. Sie werden ganz aufgeregt, wenn sie sehen, dass ich komme, und fangen direkt an, nach meinen Schnürsenkeln zu picken, als würden die Körner einfach so aus meiner Hose und meinen Ohren rieseln, wenn man nur an der richtigen Stelle pickt. Doch noch bevor ich die erste Hand aus dem Eimer gezogen habe, fällt mir auf, dass eins von ihnen etwas kränklich aussieht und sich auch so verhält. Es ist eine große rote Henne, die normalerweise immer ganz vorne mit dabei ist, doch heute sitzt sie nur am Zaun, versucht zu stehen, macht ein, zwei Schritte und kippt dann nach vorne, fast auf ihren Schnabel, bevor sie sich mit zwei hühnermäßigen Glucksern in eine schlaffe Sitzposition zwingt. Immer wieder kippt ihr Kopf nach hinten, und es sieht so aus, als würde es sie eine Menge Kraft kosten, ihn wieder in die normale Hühnerposition zu heben.
Ich gehe zu ihr rüber, und sie bewegt sich nicht. Sie pickt noch nicht mal nach mir. Ich bin am Ende von Helens Turbokurs angekommen und packe die Gelegenheit beim Schopf. Bei den Schafen tummelt sich eine Gruppe Kleinkinder mit drei rauchenden Mams, doch ansonsten ist der Streichelzoo ziemlich leer gefegt. Ohne dass es jemand sieht, gehe ich mit leicht gespreizten Beinen in die Hocke, stöpsle meine Haralinie ein und nehme ein paar verdammt tiefe Atemzüge. Ich halte meine Hände weit weg vom Roten Riesen, wie ich sie nenne, und komme dann langsam näher, um die Größe ihres aurischen Feldes zu erspüren. Es ist winzig. Sie ist sehr schwach. Ich kann auch ihre Chakras fühlen, die schon ineinander verschwimmen und ein einziges Durcheinander sind. Manche von ihnen drehen sich noch nicht mal. Und ein paar drehen sich in die völlig falsche Richtung. Dann kommt der letzte Test, nämlich das Sehen mit dem Dritten Auge, wobei ich noch einmal tief einatme und gleichzeitig den Roten Riesen mit meinem spirituellen Auge ansehe und ihr Feld lese. Mein Befund ist, dass ihr Wurzelchakra beschädigt ist und sie von einem anderen Zootier buchstäblich halb zu Tode erschreckt wurde, vermutlich vom Gebrüll eines Tigers, und dabei ist sie aus ihrem physischen Körper geflohen, daher die Verletzung an der Wurzel und ihre Unfähigkeit, sich über die Erde zu bewegen und auf der physischen Ebene zu existieren.
Ich halte die eine Hand über ihren Kopf und die andere knapp unter ihre Schwanzfedern und beginne mein erstes Heilen am lebenden Objekt. Ich lasse das Dritte Auge offen, verbinde mich mit den Energien der Welt und fange an, ihre Chakras wieder zum Drehen zu bringen. Sie ist so klein, dass es schwierig ist, die einzelnen Chakras zu erkennen, also benutze ich meinen Willen, um einfach alles zum Drehen zu bringen, was mein Drittes Auge so erspäht, und zwar in die richtige Richtung, im Uhrzeigersinn. Das ist das Wichtigste beim Heilen, wie Helen uns erklärt hat. Es geschieht, wenn wir wollen, dass es geschieht, und wir
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