Nichts für Anfänger - Roman
das davon handelt, wie aufregend es ist, in einer großen Stadt zu sein, in einem großen Fernsehstudio, nur wenige Zentimeter entfernt von Onkel Gaybo höchstselbst, der sich während deines gesamten Gedichtes oder Liedchens halb totlacht und dich ansieht, als wärst du ein Geisteskranker mit einem Tag Freigang, der jede Minute am Arsch der Welt zurück erwartet wird.
Mam sitzt Susan gegenüber und fragt sie über ihren Schultag aus, während sie ihr Frühstück verspachteln. Susan isst immer eine kleinere Portion Porridge und dazu Ryvita-Cra ckers statt Toast, wegen ihrer Figur. Als Nächste kommt Claire, dicht gefolgt von mir. Claire ist eine Art Superhirn und freut sich immer auf die Schule, das ganze Jahr über, und ist für gewöhnlich aufgekratzt wegen irgendeinem Skandal von dem und dem Lehrer.
Als ich runterkomme, rechne ich erst einmal damit, wegen der Party gestern Abend in die Mangel genommen zu werden, zumal es ja diesen Riesenkrach darüber gegeben hatte, dass ich überhaupt gehen durfte. Doch ich betrete den Raum, und das Einzige, was passiert, ist, dass Mam ganz nebenbei sagt, Gary Connell hat gestern Abend angerufen und sich geärgert, dass ich ihm nicht von der Party erzählt habe. Claire ignoriert mich und plaudert weiter über Schwester Ursulas Mundgeruch, während ich an meinem supersteifen Hemdkragen rumfummle und mir einige Löffel Porridge reinschaufle. Ich gehe auf die St.-Cormac’s-Schule für Jungen in Oakfield, und unsere Uniform besteht aus schwarzen Schuhen, grauer Hose, schwarzem Pullover, blau-roter Krawatte und weißem Hemd. In diesem Jahr habe ich ein neues weißes Hemd aus der Schulanfangabteilung in den Dunnes Stores, und der Kragen ist eng, hart und scharf wie rostiger Stahl um meinen Hals.
Susan steht mit dem Rücken zu mir drüben am Abtropfgestell und trocknet ihre Porridgeschüssel ab. Sie sagt nichts, aber sie trödelt hinter mir rum, nimmt Briefe und Kugelschreiber von der Arbeitsfläche und läuft im Raum umher. Sie kommt bis zur Küchentür, dann muss sie es endlich loswerden.
Und, wie war’s gestern Abend?
Ich höre auf, meinen Toast zu buttern, und sehe rauf zu ihr, und ihr Gesicht sieht gleichzeitig richtig traurig, verletzt, verschämt und neugierig aus. Ich will von meinem Stuhl aufspringen, zu ihr rüberspurten und ihr die dickste Umarmung aller Zeiten geben und ihr sagen, dass ich sie liebe und dass es genauso scheiße ist, ein Junge zu sein.
Joa, sage ich, war ganz okay, viel Singerei. Und es gab ein Quiz.
Was für ein Quiz?, fragt sie mit großen Augen.
Quicksilver , sage ich.
Licht anlassen!, ruft Claire, dann fügt sie hinzu: Bunnnnnnnny Carrrrrrrrr!, so, dass klar ist, dass sie sich über seinen Namen lustig macht.
Oh, es gibt weitaus Schlimmere als Bunny Carr, fällt Mam ihr ins Wort, der arme Mann, mit so einer Frau. Mit keinem Geld der Welt kann man sich eine gute Gesundheit kaufen. Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde!
Als Nächstes kommt Fiona. Sie macht dieses Jahr ihren Abschluss, was sie an die Spitze der schulischen Hackordnung katapultiert und bedeutet, dass sie die Regeln nach Lust und Laune missachten und eine ranzige Version der Sorrows-Uniform tragen kann – schwarze Schuhe, weiße Socken, grauer Rock, blauer Pullover, blaues Hemd, blaue Krawatte. An diesem Morgen scheißt sie auf die Krawatte. Lautlos läuft sie durch die Küche, schnippt mir gegen’s Ohr und sagt: Runter von meinem Stuhl, Loverboy!
Ich muss lachen, weil das wirklich witzig ist.
Dads Büro ist die Straße runter in Kilcuman, deswegen ist er die letzte Schicht am Tisch, vorausgesetzt, er schafft es, seine Müdigkeit zu bezwingen und sich aus dem Bett zu kämpfen. Früher war er morgens eine richtige Plaudertasche, über seinen Arbeitstag und die Verträge, die unterschrieben werden, versiegelt und noch am gleichen Tag verschickt. Er hat den Porridge übersprungen, ein paar Bissen Toast gegessen und ist aus der Tür gehechtet und sah dabei in seinem dunkelblauen Anzug richtig schick und männlich aus, mit schwarzer Krawatte und seinem supersauberen Schnurrbart. Wenn er richtig in Fahrt war, gab es sogar ein paar Maschinengewehrküsse. Dann tat er so, als wäre sein Mund eine Maschinenpistole, und machte Mua-mua-mua-mua-mua, wenn er an uns allen vorbeilief, sogar zu den Älteren, und küsste uns auf die Stirn oder brachte uns damit zum Lachen, dass er seinen Schnurrbart über unseren Nacken rieb und uns dabei mit dem Geruch seines Aftershaves überzog. Und
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