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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
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heißt es volle Kraft voraus. Eaghdheanaghdh Donohue macht tatsächlich seinen Mund auf und peitscht die Menge mit »God Save Ireland Cry The Horses« in eine schweißtreibende Ekstase, dann springen alle vor Aufregung von ihren Plätzen, als Taighdhgs bärtiger Lehrerbuddy davon singt, wie die Briten vor der IRA weggelaufen sind »wie vor dem Teufel«. Das Ganze ist total verrückt, alle lassen ihre Drinks sinken und sehen einander mit wilden, aufgekratzten Blicken an, als könnten sie gar nicht glauben, was hier gerade passiert, was sie gerade tun, als ob sie ihre Körper nicht mehr unter Kontrolle hätten, und singen über die IRA -Burger-Bomber, als wären das irgendwelche Superhelden. Und alle stehen total drauf!
    England, mach dich zum Kampf bereit, la da da da da, die echten irischen Soldaten sind da, la da dada da, das Elend hat ein Ende für das arme Irland, la di da di da, unser Tag wird kommen!
    Tja, und während das alles vor sich geht, lungert O’Culigeen hinterm Sofa herum und versucht sich vorzudrängeln. Die Sache ist nämlich, dass er eigentlich drüben bei der Tür saß, die Joy zugeknallt hat, und sofort wusste, dass er als Letzter dran sein würde, als es im Uhrzeigersinn reihum ging, und dass dann schon alle von den Liedern gelangweilt sind oder, noch schlimmer, dass sich das mit dem Singen bis dahin schon komplett erledigt hat. Und so quetscht er sich schließlich getrieben von purer Verzweiflung durch die Menge und hockt sich auf die Sofalehne und wirft Taighdhg einen bedeutungsschwangeren Blick zu, während ein anderer Lehrer singt. Am Ende des Liedes klatschten wir, und so langsam kommt ein bisschen Langeweile auf, als Taighdhg uns alle um Ruhe bittet und um einen warmen Applaus für einen Mann der Kirche, einen Quizmaster und rundum ehrenvollen Gentleman – Vater Luke O’Culigeen!
    Die meisten Leute johlen und jubeln. Sinead Donohue pfeift anerkennend. Mozzo hat mittlerweile seinen gesamten Arm um Saidhbh gelegt, sodass es jeder sehen kann, also stampft er nur ein paarmal mit seinen großen schwarzen Docs auf den Boden. Saidhbh, sichtbar angetrunken, lehnt still und zurückgezogen in seiner Achselhöhle. Ich sitze da auf meinem einsamen Sofakissen und klatsche leise, aber höflich, in Erwartung der kommenden Performance.
    Nachdem der Applaus verebbt ist, steht O’Culigeen langsam auf und fährt sich mit der Hand durch seine schwarze Gelfrisur. Die andere, saubere Hand legt er Barry sanft auf die Schulter und flüstert ihm das Lied zu. Dann senkt er den Kopf wie im Gottesdienst nach dem »Herr ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach«-Part. Er lässt sich Ewigkeiten Zeit, und die Stille macht uns alle etwas nervös. Es ist noch nicht mal mehr klar, ob er überhaupt noch atmet, doch dann kommt plötzlich diese tiefe, tiefe Stimme wie ein Nebelhorn aus dem Nichts. O’Culigeen blickt auf, und seine Augen sind schon glasig vor Tränen. »When boyhood’s fire was in my blood«, donnert er los, während O’Driscoll auf seine Gitarre eindrischt, »I read of ancient free men.« Ich habe dieses Lied noch nie gehört, aber schon jetzt gefällt es mir. Diesmal wird nicht sofort gejubelt oder angefeuert. Es ist einfach nur still, Augen sind geschlossen und Münder stehen offen. Als würden wir alle die Kommunion empfangen.
    O’Culigeen schmettert was über die Griechen und die Römer und ihren Freiheitskampf, und dann singt er, dass er betet, wir reißen unsere Ketten eines Tages endlich entzwei, und dann kommt die nächste Zeile, und die hat es in sich: »Und das besetzte Irland, als Nation nun wieder frei!«
    Diese Zeile wiederholt er immer und immer wieder, fast kommen ihm die Tränen.
    Als Nation nun wieder frei! Als Nation nun wieder frei! Und das besetzte Irland, als Nation nun wieder frei!
    Alle mögen den Song und wippen fröhlich mit. Es ist, als hätte jemand den gesamten Geschichtsunterricht aus der Schule in ein einziges geniales Lied gepackt. Sofort schnappen wir das meiste vom Refrain auf und singen das letzte »Als Nation nun wieder frei!« schon mit. Wir sind begeistert. Und wir können den nächsten Refrain kaum abwarten. Doch O’Culigeen weiß genau, was er tut. Er nimmt gerade genug Tempo raus, als er von diesem besonderen Licht singt, das von oben her wacht, und von den Stimmen der Engel. Und dann drückt er so richtig auf die Bremse, als es wieder interessant wird – »Und wahre Männer machen unser Irland als Nation nun wieder frei!«
    Dann singen wir den

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