Nichts gegen Engländer
eine große Halle, von
der eine geschwungene Marmortreppe nach oben führt. In die Wände sind
Porträtgemälde eingelassen, die von Elisabeths Uroma, Königin Victoria, aufgehängt
worden sind.
Ich
treffe die Königin im Musikzimmer, das früher »Bow Drawing Room« hieß. In
diesem Raum sind vier königliche Babys - Prinz Charles, seine Geschwister Anne
und Andrew sowie sein Sohn William - getauft worden. Wegen letzterem hat die
Queen schlechte Laune, als sie in einem hellblauen, knielangen Kleid erscheint.
Sie trage Kleider durchaus mehrmals, verrät sie mir, aber nie in Gegenwart
derselben Leute. Deshalb führt sie Buch über ihre Bekleidung. Ich mache artig
einen Diener und frage, wie es der Familie gehe. Sie beginnt ohne Umschweife,
zu lamentieren.
Ob
ich gelesen habe, dass William in der Mecca-Halle in der Nähe der
Militärakademie Sandhurst, wo er stationiert ist, heimlich Bingo gespielt habe.
»Natürlich«, antworte ich, »es war ja nicht sonderlich heimlich.« Sie nickt
empört: »Bingo! Das ist doch ein Zeitvertreib für alte Damen. Wird William
eines Tages vielleicht nicht King, sondern Queen?« Queen ist die
umgangssprachliche Bezeichnung für Homosexuelle. »Das wäre der erste Fall in
der britischen Geschichte, dass einer gleichzeitig King und Queen ist«,
versuche ich zu scherzen, doch sie verzieht das Gesicht.
»Aber
sein Vater ist auch nicht besser«, klagt sie. »Er hält sich für Britanniens
Antwort auf den Dalai Lama.« Prinz Charles sieht sich als Dissidenten, der sich
für unpopuläre Kampagnen einsetzt. Der ewige Thronfolger meint, es sei seine
Pflicht, die Regierung von seinen Ansichten über aktuelle politische Fragen in
Kenntnis zu setzen. Zu diesem Zweck hat er im Lauf der Jahre Hunderte von
wütenden Briefen an Kabinettsminister geschrieben. Das kam bei einem
Gerichtsverfahren heraus, das Charles gegen die Mail on Sunday angestrengt hat. Das
Boulevardblatt ist in den Besitz von Charles' Tagebüchern gelangt und hatte
genüsslich daraus zitiert. Die Klage des Prinzen wegen Verletzung der
Privatsphäre ist ein Eigentor, denn nun plaudert sein ehemaliger Privatsekretär
Mark Bolland vor Gericht aus dem Nähkästchen. Die Untertanen, die bisher
geglaubt hatten, Charles rede aus Verschrobenheit mit Pflanzen, müssen nun
erkennen, dass er ein realitätsfremder Wichtigtuer ist, der die ihm von der
Verfassung gesetzten Grenzen ständig überschreitet.
»Und
dann lässt er sich auch noch mit Leuten wie Jeremy Paxman ein, einem
Fernsehjournalisten«, moniert die Königin. »Es war doch zu erwarten, dass er
das nicht für sich behalten würde.« Paxman berichtete, nachdem er ein paar Tage
mit Charles auf Schloss Sandringham verbracht hatte, dass sich der Thronfolger
jeden Morgen sieben Eier servieren lasse, von denen er sich das beste aussuche.
»Das geht doch niemanden etwas an«, findet Elisabeth. »Schlimm genug, dass das
Personal nicht die Klappe halten kann. Das gemeine Volk versteht nicht, dass
Charles jemanden eingestellt hat, der ihm morgens die Zahnpasta auf die
Zahnbürste quetscht. Soll er das denn selber machen?« Nun ja.
Die
Queen hatte Paxman auch mal auf einem ihrer berühmten Empfänge getroffen.
»Danach schrieb er, dass wir den Gästen im Buckingham Palace warmen Weißwein
und ein paar Teller mit Knabbereien servieren«, echauffiert sie sich. »Du kannst
es ihnen nicht recht machen. Hätten wir Champagner und Beluga-Kaviar gereicht,
was wir uns zweifellos leisten könnten, hätte er sich über die Verschwendung
von Steuergeldern aufgeregt.«
In
diesem Augenblick stürmen drei Corgis aus der königlichen Herde ins
Musikzimmer, und die Miene der Queen hellt sich für einen Moment auf. Sie
bestreicht ein paar Toastreiterchen mit Butter und Marmelade und reicht sie den
königlichen Kläffern unter den Tisch. Mir schiebt sie einen Teller mit
Knabbereien hin. Für einen Moment scheint die Welt in Ordnung, doch dann kommt
sie wieder auf Charles zu sprechen.
»Diese
Untertanen gönnen ihm aber auch gar nichts«, sagt sie. »Nachdem die Ärzte ihm
das Polospielen wegen seines krummen Rückens verboten hatten, wollte er sich
der Treibjagd auf Füchse widmen. Das hat die Regierung verboten, weil die
Füchse von den Hunden so unappetitlich zugerichtet werden. So blieb ihm nur
noch das Skifahren. Jetzt haben sie ihm auch das vermiest.« Charles musste
seinen Winterurlaub in Klosters aus Umweltschutzgründen absagen. Er will seine
Ökobilanz aufhübschen. Umweltschützer hatten
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