Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)
Künstlersozialkasse zu zahlen. Alle, die nicht gerade Tafelsilber aus der ZDF-Kantine geklaut haben, bekommen hier ihr Gnadenbrot. Die MS Deutschland ist also so was wie das Gut Aiderbichl auf dem Wasser.
Grundsätzlich habe ich das Gefühl, als säße in einem geheim gehaltenen Trakt einer anonymen Mitgliedsanstalt eine Art allmächtiger, kätzchenstreichelnder Don, der entscheidet, wer in den Genuss lebenslanger öffentlich-rechtlicher Protektion kommt. Angeführt wird die Liste ohne Zweifel von Christine Neubauer, hinter deren Namen die Lakaien des Don in Blut geschrieben haben: »Mindestens 150 Spielfilmproduktionen pro Jahr.« Anders ist nicht zu erklären, wie das selbst ernannte Vollweib allabendlich in wenigstens vier dritten Programmen in einer Hauptrolle zu sehen ist.
Auch Veronica Ferres, Francis Fulton-Smith und Eva Habermann haben ein kuschliges Plätzchen auf der Liste der Unvermeidbaren und weiter unten noch Grit Böttcher sowie alle Menschen, die in irgendeiner Art und Weise mit Klausjürgen Wussow verwandt sind.
Förderlich für den Verbleib auf der Protegé-Liste ist es übrigens, wenn möglichst oft in den einschlägigen Gazetten über die Teilnahme an Schickeria-Meetings berichtet wird. Wer einer Einladung von Regine Sixt auf das Oktoberfest nicht folgt oder eine Invitation der Ohovens in eine Düsseldorfer Galerie ausschlägt, schickt seinen eigenen Stern auf Sinkflug. Im Österreichischen gibt es für diese Leute ein Wort, dem ein Pendant im Deutschen leider fehlt: Man nennt sie »Adabeis«. Ins Hochdeutsche übersetzt heißt der herrliche Begriff »auch dabei« und meint genau die Menschen, die sich mit Ausfallschritt und Ellbogen vor jede Kameralinse kämpfen. Ich fordere, dieses Wort auch in unserer Sprache zu verwenden oder zumindest nach einem Synonym zu suchen, dem mehr Erfolg bescheret sei als »sitt«.
Ein weiteres Wort, das im Österreichischen geradezu inflationär verwendet wird, ist »eh«. Das existiert zwar auch im Süddeutschen, wird dort allerdings ausschließlich als Synonym für »sowieso« verwendet. Der Österreicher hingegen benutzt es einfach ständig. Eine diesbezügliche Hochburg muss rund ums niederösterreichische Scheibbs liegen. Jedenfalls stammte von dort ein junger Mann, dessen Bekanntschaft ich eines Urlaubs machte. Zwischen Frittatensuppe und Backhendl tat er kund: »Waastehiwoarammoargnehderersteambergdohostehoisfirdi.« In Klarsprache: »Du weißt ja sowieso, dass ich am Morgen sowieso der Erste auf dem Berg war, da hast du sowieso alles für dich.« Hier sehen Sie schon, dass es zu nichts führt, jedes österreichische »eh« zu übersetzen. Wer also das ehrgeizige Ziel verfolgt, für einen austrian native speaker gehalten zu werden, möge bitte auch den richtigen und nicht zu sparsamen Einsatz des »ehs« erlernen. Und noch zwei Tipps, wenn Sie nicht als Tourist auffallen wollen: Zwischen Eisenstadt und Bregenz wird »auf dem« zu »am« und Geldbeträge bei Preisangaben werden mit »um« statt »für« präpositioniert. Man macht also Urlaub am Bauernhof, ruft jemanden am Handy an und ist pleite, wenn man keinen Schilling mehr am Konto hat. Darüberhinaus kauft man bei Billa einen Karfiol um 2,– und bei XXXLutz eine Schrankwand um 1700,– Euro. Für uns Deutsche klingt der Preis durch das »um« gerne wie ein »in etwa« zu zahlender Betrag, quasi wie auf Verhandlungsbasis. Sie sollten allerdings den Billa mit dem Karfiol am Arm nicht verlassen, ohne den vollen Betrag zu zahlen, sonst ruft die Dame an der Kassa den Gendarm und dann geht’s eh ins Kriminal.
Sind Sie – sofern Sie mir im vergangenen Abschnitt überhaupt noch folgen konnten – über die Formulierung »den Billa« gestolpert? Tönt seltsam, weil wir Wörter mit der Endung -a meist für weiblich halten. Der Billa ist aber männlich, ist es doch die Abkürzung für Bil liger La den . Genauso wie in Deutschland der Rewe auch männlich ist, denn das ist wiederum der Re visionsverband der We stkaufgenossenschaften. Also ein lupenreines Akronym, ein Kurzwort, das aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter zusammengesetzt ist. Übrigens genauso wie Aldi ( Al brecht- Di scount) und Edeka ( E inkaufsgenossenschaft d er K olonialwarenhändler), kurz E.d.K., woraus schließlich Edeka wurde.
Etwas anders und pikanter ist der Fall bei Lidl gelagert. Dieter Schwarz eröffnete 1973 den ersten Discounter in Ludwigshafen. Namen wie »Schwarzmarkt« oder »SM« erschienen ihm nachvollziehbar
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