Nichts
Stein vom Herzen.
Jedenfalls sei ich genau der Richtige. Ein Mensch, der seine Rebellionskraft und seinen Widerstand nicht verleugnen würde. Mein ständiges hinterfragen. Niemals hätte ich einfach so akzeptiert, was man mir und anderen aufgetischt hätte – so wie all die anderen, die sich – was er für eine Eigenart der Menschheit hält - an irgendwelche Führer klammern würden. Wie fromme Schafe an ihren Schäfer. Ich dagegen wäre immer gegen den Strom geschwommen. Das schwarze Schaf gewesen und mitten in der Nacht das gewagt, wovon hundert andere Wissenschaftler nicht einmal geträumt hätten. Womit er wohl auf meine hiesigen Kollegen anspielte.
Doch diese Erklärung war mir zu dürftig. Also hakte ich nach.
„Ich frage Sie noch mal! Wieso ich?“
„Weil Sie Dinge sehen, die anderen verborgen bleiben. Die Menschen sehen immer nur das was sie sehen wollen. Sie hingegen, Brian…, Sie…“, plötzlich verstand ich ihn.
„Ich sehe Dinge die meistens überhaupt nicht existieren…, richtig?“, brachte ich den Satz von de Noirbouclier zu Ende.
„Richtig, Brian! Das eine Schaf das ich verloren hab ist mir wertvoller als die neunundneunzig anderen.“
„Und genau das ist es, was wir bei EINAI jetzt brauchen, um unsere letzte Chance zu nutzen.“, ergänzte Barkley, der die ganze Zeit aufmerksam zugehört hatte.
„Die letzte Chance?“, wollte ich wissen und strahlte Barkley, ohne es zu wollen, mit meiner Lampe direkt in die grenzenlos toten, schwarzen Augen.
„Ich werde es Ihnen erklären. Sie werden erfahren, was nie zuvor ein Mensch erfahren hat…“, kündigte der Alte an, drehte sich schwerfällig auf die Seite und öffnet die Wagentür.
Nun habe ich Julie flagrant in meinen Bann gezogen. War sie bisher offensichtlich noch nicht ganz sicher, was für eine Geschichte ich ihr da auftischen würde, so scheint es, dass sie spätestens jetzt, ebenso wie ich, Feuer gefangen hat. Sie lauscht mir ohne einen weiteren Mucks von sich zu geben. Hier und da ein kurzes, begieriges okay , sonst nichts.
Dann haben mich die beiden durch das Stadion geführt. Ich muss ziemlich dämlich dreingeschaut haben. Gespenstisch. Ja, so kann man es wohl beschreiben. Diese terrestrische Dunkelheit. Leider konnte ich immer nur einen kleinen, schmalen Ausschnitt vom übermächtig Ganzen erkennen – den verschwindend kleinen Bereich, den der Lichtstrahl eben freilegte. Drumherum war alles in mattes Schwarz gehüllt. Doch ich war zu neugierig, um so etwas wie Angst oder Phobie zu verspüren. Zu aufgeregt um vorsichtig zu sein. Schlicht zu begeistert um nachzudenken.
Adam und Eva , so fing Nathan mit seiner versprochenen Erklärung an. Zwei Völker oder Stämme - nicht Mann und Frau oder zwei Geschlechter, wie fälschlicherweise immer interpretiert und viel Verwirrung aufkommen lässt - Aobaynam und Evinaea , wie sie in seiner Sprache genannt würden. Das Volk Aobaynam war zuerst da, und bedeutet übersetzt 'die reine Rasse'. Absolute, hoch entwickelte menschliche Geschöpfe. Erst danach, mehrere Jahrtausende später, entfaltete sich der Stamm Evinaea , deren Nachkommen wir wären. Der Begriff Weib, wie er in der Bibel oder dem Koran verwendet wird, bedeutet korrekt übersetzt nicht Frau sondern Diener oder Gehilfe. Und so wurde Eva, also der Stamm Evinaea benutzt, um den Aobaynam zu dienen . Sie hielten uns anfangs buchstäblich wie Vieh. Trotzdem, oder gerade deshalb, hielten wir sie für so etwas wie Götter oder Weltenlenker.
Die Aobaynam wurden ihrerseits von einem noch höheren Wesen, dem Demiurg begleitet, geschult und ausgebildet. Sie lernten so die komplexen Zusammenhänge des ganzen Universums. Sie nannten dieses Wesen;
Den, den kein Auge eines Engels jemals sieht,
kein Gedanke des Herzens jemals begreift,
und man nie bei einem Namen ruft.
Oder auch; die erste glänzende Wolke .
Mein Gott, ich hoffe, nichts durcheinander zu bringen. Aber sie haben mir Artefakte, alte Steintafeln und sogar Opisthographone gezeigt – man stelle sich vor, die haben schon vor mehr als zehntausend Jahren Papyrus gekannt - auf denen die ganze Geschichte haarklein in Bildern verewigt wurde. Nicht mit komplexen Schriftzeichen oder Hieroglyphen sondern in verständlicher, schematischer Bildersprache .
„Und die sind auch wirklich echt?“, bezweifelt Julie im ersten Moment.
Verdammt noch mal - ja! Ich konnte die
Weitere Kostenlose Bücher