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Nichts

Nichts

Titel: Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Louis
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Natur gewöhnen. So schnell es geht. Dabei könnte Goldwater ihm helfen, begreife ich. Besser als meiner einer auf jeden Fall.
      
    Jetzt sitze ich hier neben George, auf einem dieser schwulstigen, glänzenden Ledersessel vor dem mächtigen Holzschreibtisch von Mister Paul Hawkins, wie man dem goldenen Namensschild entnehmen kann, und warte, während mein alter Gockel mich wie üblich mit irgendetwas vollquatscht. Hoffe darauf, dass der technische Leiter von EINAI mir endlich den Sinn und Zweck meiner Visite erklärt. Ein zweiundsiebzig Jahre alter Vollblut-Experimentalphysiker, wie mich George auf ihn vorbereitet.
       Ich muss irgendwie versuchen mir die ganzen Namen zu merken. Eine meiner großen Schwächen, das Namensgedächtnis. Jedenfalls ist auch Hawkins hoch dekoriert. Davon zeugen fröhlich die zahlreichen Diplome und Auszeichnungen an den umgebenden, dunklen Wänden:
       Panofsky-Award der American Physical Society . Den Cyrus-B.-Comstock-Award der United States National Academy of Sciences , Ehrendoktor an der University of Chicago , der Laurentian University und der Penn , also der University of Pennsylvania. Den Wolf-Award von der Wolf Foundation , den Boris-Pregel-Award von der NYAS, um nur die zu nennen, die mir halbwegs geläufig sind. Auf seinem Schreibtisch steht die National Medal of Science und daneben, in einem auffällig unscheinbaren, glatten Holzrahmen, die Urkunde für den Nobelpreis für Physik des Jahres 2001. Beide Auszeichnungen so aufgestellt, dass der Besucher des Büros nicht umhin kommt, sie zur Kenntnis zu nehmen und feststellen muss - ob er will oder nicht - dass er sich definitiv in illustrer Gesellschaft befindet. Den Nobelpreis erhielt er, so das Zertifikat, für bahnbrechende Arbeiten in der Astrophysik, insbesondere für den Nachweis kosmischer Neutrinos .
       Ich entdecke ein Bild, welches auf dem angefüllten Bücherregal hinter seinem Schreibtisch verloren gegangen scheint. Eher peinlich klein, vergleicht man es mit den dominierenden, allgegenwärtigen Auszeichnungen, mit denen die Zimmerwände förmlich tapeziert sind. Es zeigt drei Männer in Militäruniformen, wie sie vor einem Schild mit den großen Lettern Dugway Proving Ground - Utah posieren. Diese Militärbasis war in den Siebzigern bekannt und sehr umstritten für ihre Tests mit chemischen Waffen, soweit ich erinnere. Ein lautes Rumpeln reißt mich aus den Gedanken. Einem Erdbeben der Kategorie drei Punkt sieben gleich, poltert Hawkins - ich nehme an, dass er es ist – in den Raum und wirft die massive Tür hinter sich ins Schloss.
       „Entschuldigen Sie vielmals…“, stößt er uns entgegen.
       George und ich erheben uns kultiviert und artig von den Plätzen.
       „Dieser verdammte Tag!“, wettert er weiter.
       Insgeheim atme ich auf. Endlich mal jemand, der nicht daherkommt wie ein modebesessener Freak. Der Mann trägt eine braune Kordhose, möglicherweise längst außer Mode aber definitiv zu weit, sowie ein einfaches, beiges Oberhemd. Salopp den Kragenknopf geöffnet und die Ärmel hochgekrempelt, so wie ich es selbst bevorzugen würde. Etwas überrascht bin ich jedoch von seinen Gesichtszügen. Würde sein Name Paul dem nicht widersprechen, könnte man ihn für einen Japaner, jedenfalls aber Asiaten halten. Dies wird durch seine Größe noch untermalt. So um die einssechzig, einsfünfundsechzig. Kompakt. Kräftig. Sein graues, fast schulterlanges Haar, schlecht geschnitten und wild nach hinten gekämmt, sucht permanent den Weg in die entgegengesetzte Richtung, so dass er mit seiner rechten Hand immer wieder versucht, es irgendwie zu drapieren. Seine kräftigen, schwarzen Augenbrauen werden von zwei tiefen, vertikalen Falten getrennt. Ein Skeptiker, muss ich feststellen. Solche Falten sind Menschen gegeben, die viel Zweifeln. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Guck doch nicht immer so ernst, maßregelt mich Julie immer wieder erfolglos.
       Die Augen des Mannes gleichen zwei tiefen horizontalen Furchen. Kann die Farbe seiner Augäpfel definitiv nicht erkennen. Das ist es wohl, was ihn als Asiaten durchgehen lässt - die Schlitze. Womöglich noch der ins Vorurteil passende kleine, schmale Mund, der sein Gesicht breiter erscheinen lässt, als es eh schon ist.
       Er streckt George nun seine kräftige Hand entgegen. 
       „Hi George“, begrüßt er ihn vertraut.
       „Heute läuft eine Injektion. Und wie gewöhnlich geht mal wieder alles schief!“
       Nun wendet sich sein

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