Nick aus der Flasche 3
»Bin draußen. Du kannst fahren, Con.«
*
»Meldet euch, sobald ihr ankommt!«, rief Connor und trat aufs Gas. Er hatte gedacht, auf seine Schwester aufzupassen wäre seine größte Sorge, jetzt hatte er irgendwelche zwielichtigen Verfolger am Hals, die Nick und Julie wollten. Und was, wenn an der Geschichte über Mom etwas Wahres dran war? Connor wünschte sich, Dad wäre hier, damit er ihn über sie ausfragen konnte. Aber anrufen und seinen Urlaub verderben wollte er nicht. Also konnte er nur warten.
Er beschloss, noch ein paar Runden zu drehen, um Ginger zu ärgern, und danach irgendwo frühstücken zu gehen. Er hatte zwar keinen Hunger, doch er wollte nicht allein zu Hause bleiben. Und vielleicht hatte er ja Glück und Ginger würde sich zu ihm gesellen. Wenn es wirklich stimmte, was sie sagte, und er wäre ein »Absorber«, dann hätte er eine Menge Fragen an sie.
*
Ginger kam natürlich nicht. Connor saß in einem Diner an der Burbon Street und kaute an den Resten seines Bagels herum, schlürfte den letzten Schluck Kaffee aus der Tasse und stand schließlich auf, um zu bezahlen. Ob Ginger es aufgegeben hatte, ihn zu beobachten? Es schien beinahe so. Wahrscheinlich hatte sie diese Magie-Neutralisierungsgeschichte tatsächlich nur erfunden, um ihn aus der Reserve zu locken. Connor war an seinem Körper noch nie etwas andersartig vorgekommen. Er hätte doch merken müssen, wenn er eine besondere Gabe besaß?
Auf dem Weg zum Auto hielt er unauffällig Ausschau, aber ihm fiel kein schwarzer Wagen auf. Vom ständigen Umherblicken hatte er nicht auf den Weg geachtet und war mit einem großen blonden Mann zusammengestoßen.
»Entschuldigung«, murmelte Connor.
»Kein Problem.« Der Mann klopfte ihm grinsend auf die Schulter und ging weiter.
Als Connor zehn Minuten später in die Ramona Avenue einbog und auf sein Zuhause blickte, tat sich weiterhin nichts Verdächtiges. Vielleicht bedeutete das aber auch, sie hatten Nick gefunden?
Sofort hielt er vor ihrer Einfahrt, zog sein Handy aus der Hosentasche und wählte Julies Nummer. Sie hatte sich brav gemeldet, nachdem sie sich in Emmas Haus verschanzt hatten, seitdem hatte er nichts mehr von ihr gehört. Das war vor einer Stunde gewesen.
*
»Mein Handy klingelt!«, rief Julie und suchte ihre Handtasche. Die hatte sie irgendwo im Flur abgelegt. Daran erinnerte sie sich noch, doch da ihre Tasche immer noch unsichtbar war, musste Julie dem Klingelton folgen.
Etwa eine halbe Stunde lang hatten sie unsichtbar im Haus herumgealbert, fangen gespielt und ein wenig die Sorgen vergessen. Dann hatte Nick sie beide sichtbar gemacht, weil er gefühlt hatte, dass die Schwäche wieder einsetzte. Nur an die Tasche hatten sie nicht mehr gedacht.
»Ich hab’s!« Sie hielt den unsichtbaren Gegenstand in der Hand und konnte nicht sehen, wer anrief. Ob es Martin war? Sie hatte ganz vergessen ihm auszurichten, dass sie nicht in die Schule kamen.
Blindlings tippte sie auf das Display und das Klingeln verstummte. »Hallo?«
»Alles in Ordnung?«, drang Connors Stimme an ihr Ohr.
»Alles ruhig. Wir haben die Umgebung im Auge behalten. Vor den Fenstern tut sich nichts.«
»Okay, hier ist auch alles ruhig. Anscheinend sind sie abgezogen. Aber bleibt erst mal im Haus, ich melde mich später noch mal.«
»Ist gut.« Julie war sehr froh, dass sie mit Nick diese Sache nicht allein durchstehen musste. »Vielen Dank, Connor.«
»Schon gut«, murmelte er und legte auf.
Sie steckte ihr unsichtbares Smartphone in die integrierte Rocktasche, schloss den Reißverschluss und setzte sich zu Nick auf die helle Ledercouch. Er konnte es ein andermal sichtbar machen. Im Moment sah er nicht gut aus, so käseweiß im Gesicht. Während sie herumgealbert hatten, war es ihm kontinuierlich schlechter gegangen.
Zärtlich strich sie ihm eine Strähne aus der verschwitzten Stirn. »Wie fühlst du dich?«
»Ich habe Kopfschmerzen.«
»Bestimmt eine der Nebenwirkungen von unseren … Gefühlen.«
»Hm.« Seufzend schloss er die Augen und legte den Kopf zurück auf die Lehne.
Julie konnte nicht anders, sie musste ihn küssen, doch kaum berührten ihre Lippen seinen Mund, zuckte er zusammen und riss die Lider auf. »Ich glaube, wir tun das Falsche.«
Ihr Herz zog sich zusammen. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Wie kann Liebe falsch sein?«
Erneut schloss er die Augen und legte den Kopf zurück. »Mir ist voll elend zumute.«
»Das geht bestimmt vorbei.« Falls ihre Gefühle zueinander diesen
Weitere Kostenlose Bücher