Nick aus der Flasche 3
wenn Harry eine Zutat in die Flasche gab, und als Ginger »Sanguis« murmelte und Julies Blut hineintropfte, wich blauer Rauch aus Nicks Nase und wand sich durch den Raum in die Öffnung der Flasche.
Er würde sich doch nicht auflösen?
Gebannt hielt sie die Luft an und drückte beide Daumen so fest, dass ihre Gelenke knacksten.
Als sich der letzte Rest des blauen Dunstes in die Flasche verzogen hatte, schoss mit einem Knall eine schwarze Rauchsäule heraus und verpuffte an der Zimmerdecke. Zurück blieb ein dunkler Fleck.
In diesem Moment bäumte sich Nick schreiend auf, warf einen kurzen Blick auf Julie und fiel reglos ins Kissen zurück.
»Nick!« Ihr Herz drohte auszusetzen. »Was ist passiert?«
Niemand gab ihr eine Antwort, aber zwei Ärzte überprüften seine Vitalfunktionen und Gehirnströme, wie Connor ihr erklärte.
»Lebt er?«, wisperte sie.
»Ginger, was ist mit ihm?«, rief Con durch die Sprechanlage. Er wirkte nicht weniger erschrocken, war käseweiß im Gesicht und schwitzte.
Einer der Ärzte sagte über seine Schulter: »Er ist stabil, doch er liegt im Koma.«
»Nick!« Sie musste zu ihm. Con hielt sie jedoch zurück.
»Kann Julie zu euch kommen?«
»Moment!«, rief Ginger und wies denselben Arzt an, der zuvor Julie Blut abgenommen hatte, dies auch bei Nick zu tun. Danach gab er es in ein Reagenzglas und Harry tropfte eine grünschillernde Flüssigkeit hinzu. Es entstand eine schwarze Verpuffung, ähnlich der zuvor.
Ginger nickte. »Die Umwandlung hat geklappt. Er ist wieder ein Mensch.«
Julie hielt nichts mehr. Sie riss die Tür auf und rannte in das Krankenzimmer. Sofort ergriff sie Nicks Hand und drückte sie. »Nick, hörst du mich?«
Er lag einfach nur da, als würde er schlafen.
»Wann wird er aufwachen?«, fragte sie Ginger.
Sie wandte sich an den Arzt mit der Spritze. »Doktor Wellington?«
Der schüttelte den Kopf. »Das kann ich im Moment überhaupt nicht sagen. Vielleicht in ein paar Stunden, vielleicht nie wieder.«
Schluchzend legte sie den Kopf auf Nicks Arm und betete verzweifelt, dass sie ihn bald zurückhaben durfte.
Kapitel 17 – Der Abschlussball
Der schönste Tag an der Highschool würde zugleich ihr schrecklichster werden: der Abschlussball.
Julie hatte nicht hingehen wollen, aber Martin hatte sie mit sanfter Gewalt überredet und war mit ihr sogar beim Einkaufen gewesen. Nun saß sie in ihrem sexy roten Kleid an einem runden Tisch in der Aula und beobachtete Martin und Evan, die miteinander tanzten. Sie wollte eine Pause machen und hatte schmerzende Zehen vorgetäuscht. Die Zwei sollten auch mal ihren Spaß haben und nicht abwechselnd mit ihr tanzen. In ihren Smokings sahen sie zum Anbeißen aus. Sie vermieden es, sich in der Öffentlichkeit zu küssen oder sich auf andere intime Weise näherzukommen, dennoch hatte es sich unter den Schülern längst herumgesprochen, dass sie zusammen waren. Daher machten sie auch kein Geheimnis daraus.
Wie Julie ihr Glück beneidete.
Seit Martin mit Evan ging – was seine Eltern immer noch nicht wussten, aber er ließ es darauf ankommen –, hatte er weniger Zeit für sie. Außer mit Ginger und Connor, der auch nur an den Wochenenden heimfuhr, konnte sie mit fast niemandem über Nick reden. Mit Ginger stand sie in Dauermailkontakt und schrieb bestimmt jede Stunde eine SMS, ob sich Nicks Zustand verändert hatte. Allerdings blieb alles gleich. Es war zum Verzweifeln. Zusätzlich bedrückte es sie, dass sie von allen Colleges, die in ihre engere Wahl gekommen wären, eine Absage erhalten hatte. Die einzige Zusage erreichte sie von einer Einrichtung, die weit weg von ihren Eltern und noch weiter weg von Nick war. Da wollte sie nicht hin.
Obwohl er seit drei Wochen im Koma lag, fuhr sie jedes Wochenende mit Connor zu Lavender, um ihn zu besuchen, an seinem Bett zu sitzen und mit ihm zu reden. Sie wusste nicht, ob er sie hörte, doch sie wollte wenigstens irgendetwas tun. Die Ärzte ermutigten sie dazu, also erzählte sie ihm den neusten Klatsch aus der Schule, was Martin und Evan machten und spielte ihm seine Lieblingslieder vor.
Immerhin gab es auch gute Neuigkeiten. Fast alle aus den Flaschen befreiten Jungen konnten zu ihren Eltern zurückgebracht werden, nachdem Lavender ihnen das Gedächtnis gelöscht hatte, da sie nur wenige Monate verwandelt gewesen waren.
Tiberius Cumberland hatte überlebt und saß in Hochsicherheitsverwahrung. Hoffentlich kam er nie wieder auf freien Fuß. Jede Nacht träumte Julie davon,
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