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Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Titel: Nick Stone - 01 - Ferngesteuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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mich nicht noch mal umsehen. War der Überfall entdeckt worden, würde ich es bald wissen, weil ich Schreie oder Rufe oder
    schlimmstenfalls das Trampeln meiner Verfolger hören würde. Dann würde ich reagieren müssen – aber letztlich war ich der Mann mit der großen Kanone im Hosenbund.
    Ich ging an der Bushaltestelle vorbei und bog auf den ersten Fußweg ab. Nachdem ich noch zweimal
    abgebogen war, zog ich meinen Nylonmantel aus und wickelte ihn um den schwarzen Stahlzylinder. Die
    Baseballmütze wickelte ich ebenfalls hinein. Dann ging ich weiter, bis ich hinter einem kleinen Wohnblock einen Müllbehälter sah, in dem ich mein Bündel entsorgen konnte. Damit war ich ein neuer Mensch, sobald ich meine Brille aufgesetzt hatte.
    Als ich wieder die Straße erreichte, zog ich die
    erbeutete Geldbörse heraus und warf einen Blick hinein, als wollte ich mich davon überzeugen, daß ich meine Kreditkarte eingesteckt hatte. Ich klappte sie auf und stellte fest, daß ich ein Familienvater war; im Bilderfach steckte eine hübsche Aufnahme, die mich, meine Frau und zwei kleine Jungen zeigte – die Familie von Lance White. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, daß Mrs. White die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde,
    wenn sie sah, in welchem Zustand ich heimkam.
    Seine Geldbörse enthielt knapp zweihundertfünfzig Dollar; White kam anscheinend vom Geldautomaten oder hatte an diesem Morgen schon einiges an Drogen
    verkauft. Außer Bargeld fand ich ein halbes Dutzend 164
    Kreditkarten, die ich aber nicht behalten würde; es hätte zu lange gedauert, sie zu Geld zu machen, und für Einkäufe mit Geldrückerstattung hätte ich sie höchstens eine Stunde lang benutzen können. Aber wozu sollte ich riskieren, daß die Polizei auf diese Weise meine Spur zurückverfolgte und von der Verkäuferin eine
    Personenbeschreibung erhielt? Der sonstige Inhalt der Geldbörse – Zettel mit Telefonnummern, vermutlich seine Kundenliste – war für mich wertlos. Als ich an einem Papierkorb vorbeikam, warf ich alles, bis auf das Bargeld, hinein.
    Ich hatte jetzt fast vierhundert Dollar in der Tasche; damit konnten wir ein paar Tage auskommen, selbst wenn es mir nicht gelang, Pat aufzuspüren oder er mir nicht mit Geld aushelfen konnte.
    Ich erreichte den Burger King und die Geschäfte in der Nähe unseres Motels. Eine Viertelstunde später verließ ich einen Discount Shop mit einer Reisetasche, die einige Sachen für mich und eine vollständige neue Garderobe für Kelly enthielt – bis hin zur Unterwäsche. Sämtliche Einkäufe hatte ich bar bezahlt.
    Auf der Treppe zu unserem Zimmer warf ich einen
    Blick auf meine Uhr. Ich war fast zweieinviertel Stunden unterwegs gewesen, also doch etwas länger, als ich gesagt hatte.
    Noch bevor ich die Zimmertür erreichte, fiel mir auf, daß sie offen war. Dann sah ich ein auf dem Boden liegendes Kissen, durch das sie offengehalten wurde. Ich konnte den eingeschalteten Fernseher hören.
    Ich zog meine Pistole, preßte mich an die Wand und 165
    zielte mit der Waffe auf den Türspalt. Ich empfand erst ungläubiges Staunen, dann einen Schock. Mein Magen rebellierte, und ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen.

13
    Ich betrat vorsichtig das Zimmer. Nichts.
    Als erstes sah ich für den Fall, daß Kelly sich dort versteckt hatte, unter dem Bett nach. Vielleicht wollte sie irgendein Spiel mit mir spielen.
    »Kelly? Bist du hier irgendwo?« Mein Tonfall war so ernst, daß sie sofort aus ihrem Versteck gekommen wäre.
    Keine Antwort. Mein Herz hämmerte so heftig, daß
    meine Brust schmerzte. Wenn die anderen sie hatten, warum hatten sie mich dann nicht längst überfallen?
    Mir brach der Schweiß aus. Ich begann in Panik zu geraten, stellte mir vor, wie sie bei sich zu Hause gewesen war, gesehen hatte, wie ihr Vater geschlagen wurde, nach ihrer Mommy gekreischt hatte. Ich verstand das Gefühl der Verzweiflung, wenn man sich wünscht, jemand käme und nähme all die schlimmen Bilder weg.
    Ich zwang mich dazu, Ruhe zu bewahren und darüber nachzudenken, was ich als nächstes tun sollte. Ich verließ das Zimmer, rannte den zu den Zimmern führenden
    Balkon entlang und rief unterwegs halblaut: »Kelly!
    Kelly!« Als ich um die Ecke bog, stand sie plötzlich vor mir.
    Sie hatte sich eben zufrieden lächelnd von dem Cola-166
    Automaten abgewandt und bemühte sich, den Verschluß einer roten Büchse aufzureißen. Aber ihr stolzes »Sieh nur, was für ein großes Mädchen ich

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