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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Strafe zahlen müssen, weil ich barfuß zum Duschraum
    gegangen bin.« Ihr gefiel die Vorstellung, nicht anders als die anderen Mädchen zu sein; dass sie eine Strafe hatte bezahlen müssen, war der Beweis dafür, dass sie dazugehörte.
    »Ja, und wer muss die Strafe zahlen?«, fragte ich.
    Sie lachte. »Mein Manager.«
    Kellys Schule hatte sich großartig verhalten, obwohl die Direktorin nur andeutungsweise wusste, was wirklich passiert war. Josh und ich waren uns darüber einig gewesen, es sei am besten, sie sofort aus Amerika und einer Umgebung
    wegzubringen, die nur schlimme Erinnerungen wecken konnte.
    Sie sprach nie von dem Tag, an dem ihre Eltern und ihre Schwester ermordet worden waren, aber sie konnte ohne weiteres über die Toten reden, wenn uns etwas an die drei erinnerte. Als ich jenen Tag einmal erwähnt hatte, hatte sie nur gesagt: »Nick, das liegt lange zurück.«
    Jetzt erzählte sie allen, was wir in dieser Woche vorhatten.
    »Nick musste an meinem Geburtstag verreisen und mich am Tag vorher bei Granny und Grandad abliefern. Aber diese Woche besichtigen wir den Bloody Tower.«
    »Was?« Josh starrte sie verblüfft an. Obwohl er über den Wortschatz eines alten Soldaten verfügte, hätte er in 70
    Gegenwart von Kindern niemals geflucht.
    »Sie meint den Tower von London«, erklärte ich ihm. »Ein Teil davon heißt ›Bloody Tower‹; dort werden die
    Kronjuwelen aufbewahrt, glaube ich. Irgendwas in der Art.«
    Geschichte war nie meine Stärke gewesen.
    Kelly strahlte, als sie daran dachte, wie sie alle diese Juwelen sehen würde. Solche Freuden hatte ich als Kind nie gekannt. Meine Mutter und mein Stiefvater hatten nie irgendwelche Ausflüge mit mir gemacht; sie hatten mir immer nur welche versprochen. Als ich ungefähr acht Jahre alt war, legte der Kreuzer HMS Belfast an der Tower Bridge an und wurde in ein Museumsschiff umgewandelt. Alle Kinder aus unserer Siedlung besichtigten es, nur ich nicht – ich wurde wochenlang mit Versprechungen hingehalten. Zuletzt hieß es, meine Tante Pauline würde mit mir hinfahren. Ich verbrachte Stunden damit, ihr beim Einkaufen durch die Geschäfte zu folgen und sie immer wieder zu löchern, wann wir endlich losfahren würden. »Gleich, mein Junge, dauert nicht mehr lange.« Aber das Weibsstück log – genau wie die Alten. Das Ganze war nur ein Trick gewesen, weil sie sich nicht um mich kümmern, sondern auf Sauftour gehen wollten. Danach machte ich mir nicht einmal mehr die Mühe, sie um etwas zu bitten.
    Der Teufel sollte sie holen! Ich musste noch acht Jahre warten, bevor ich von zu Hause weggehen konnte; ich würde mein Elternhaus als Wartezimmer betrachten.
    »… und dann übernachten wir dort, wo’s die vielen Mumien gibt. In diesem Museum kann man …«
    An dieser Stelle unterbrach sie der Bootsmann, der
    wahrscheinlich erriet, dass die großen Matrosen eine Ruhepause brauchten.
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    »Nun wird’s Zeit für ein paar Seefahrergeschichten,
    während ihr futtert. Hört mir also zu, ihr Matrosen, groß und klein!«
    Während wir dasaßen und uns seine Seefahrergeschichten anhörten und ich eben ein Chicken Nugget in rote Sauce tunkte, fühlte ich meinen Piepser losgehen. Mir gefiel die Tatsache, dass Leute mich brauchten, um Dinge zu erledigen, die sie selbst nicht tun konnten, aber ich ließ meinen Piepser ständig auf Vibrationsalarm gestellt, weil ich sein
    Klingelzeichen hasste. Es kündigte immer etwas
    Unangenehmes an – wie der Wecker, der einen am Morgen eines Tages weckt, den man lange gefürchtet hat.
    Ichnahm ihn aus dem kleinen Etui, das ich an der Kordel, die mir als Hosengürtel diente, befestigt hatte, und sah auf den Bildschirm. Ich merkte, dass Josh mich dabei beobachtete. Er wusste genau, was ich da hatte. Die anderen Kinder fanden die Geschichten von allerlei Abenteuern auf hoher See viel zu spannend, um auf mich zu achten, aber Kelly entging wieder einmal nichts. Sie warf mir einen besorgten Blick zu, den ich geflissentlich ignorierte.
    Piepsernetze haben eine größere Überdeckung als die Netze von Mobiltelefonen, deshalb benutzte sie der Intelligence Service. Mir war ein Piepser ohnehin lieber, weil er mir die Möglichkeit gab, mich mental vorzubereiten, bevor jemand mir einen Anschiss verpasste oder – noch schlimmer –
    irgendeinen beschissenen Auftrag erteilte. Ich hatte den Piepser erst seit etwa einem halben Jahr. Ich wusste nicht recht, ob es eine Beförderung gewesen war, einen zu
    bekommen, oder ob das bedeutete, dass ich

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