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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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verstummen. Aus welcher Richtung er anflog, war schwer zu beurteilen. Ich suchte den Nachthimmel ab, konnte aber nichts erkennen.
    »Los, nimm mir den Gürtel ab und gib mir deine Jacke!« Sie versuchte die Knoten mit ihren Zähnen zu lockern. Aber das gelang ihr nicht. Das nasse Leder war verdammt fest verknotet, und sie zitterte zu sehr, um es richtig fassen zu können.
    Der Hubschrauber röhrte über uns hinweg. Durch die Baumkronen hindurch waren flüchtig seine Positionsleuchten zu sehen. Wenigstens befand er sich nicht im Schwebeflug oder suchte die Umgebung des Hauses systematisch ab - noch nicht. Aber damit würde er bestimmt bald anfangen. Der Himmel über den Bäumen fing bereits an, hell zu werden.
    Sarah unternahm einen weiteren Versuch. »Nick, nimm mir dieses Ding ab und gib mir deine Jacke. Bitte!« Sie hielt mir wieder ihre Hände hin. Ich packte den Gürtel mit einer Hand und zog sie hinter mir her durch den Schlamm.
    Das erste Licht des neuen Tages drang jetzt bis zum Waldboden hinunter. Der Regen begann nachzulassen, aber der frische Wind bewegte die Bäume und ließ ihre Nässe auf uns herabregnen. Ich begann mich deprimiert zu fühlen; ich war klatschnass, durchgefroren und desorientiert. Und das Schlimmste war, dass wir im Schlamm eine unverkennbare Fährte hinterließen.
    Sarah merkte offenbar, dass ich nicht in der Stimmung für eine Diskussion war, und hielt den Mund. Wir kamen über den nächsten Hügelrücken. Am Fuß eines Steilhangs strömte zweihundert Meter von uns entfernt ein reißender Fluss dahin. Er war ungefähr dreißig Meter breit, führte Hochwasser und erschien mir als wahrer Mastrom.
    Als wir den Steilhang hinunterhasteten, war nur noch das Brausen des Flusses zu hören. »Langsamer! Langsamer!«, rief Sarah, die Mühe hatte, das Gleichgewicht zu bewahren. Aber ich hörte nicht auf sie. Wir mussten es irgendwie schaffen, über den Fluss zu kommen. Mit etwas Glück würde er die psychologische Grenze des Suchgebiets bilden; die Polizei würde hoffentlich vom Haus aus nach allen Richtungen ausschwärmen, aber die Umgebung nur bis zum Flussufer absuchen, weil sie annehmen würde, niemand sei so verrückt, eine Durchquerung zu versuchen.
    In diesem Augenblick war ich bestimmt der einzige Mensch auf der Welt, der El Niño für eine gute Sache hielt. Theoretisch hätte das Wetter in North Carolina um diese Zeit warm und sonnig sein sollen. Das regnerische Wetter würde die Suchmannschaften behindern, und falls es sich weiter verschlechterte, würde der Hubschrauber vielleicht nicht mehr fliegen können.
    In Ufernähe wurde das Blätterdach über uns spärlicher. Im Freien war es inzwischen fast taghell, und als ich den Kopf hob, sah ich einen wolkenverhangenen, grauen, unerfreulichen Himmel. Der Regen hatte inzwischen ganz aufgehört, aber im Wald merkte man nichts davon; die auf den Blättern angesammelte Nässe tropfte noch lange von den Bäumen. Scheiß drauf, ich war sowieso bis auf die Haut durchnässt.
    Sarahs nasses Haar klebte an ihrem Kopf. Sie hatte Nasenbluten gehabt; anscheinend hatte ich ihr meine Hand im Bett mit ziemlicher Gewalt unter die Nase geknallt. Sie blutete aus mehreren Schnittwunden an den Beinen, hatte am ganzen Körper eine Gänsehaut und hätte unter normalen Umständen zur Beobachtung in ein Krankenhaus gehört. Sie war mit Schlamm, Sand, Blättern und kleinen Zweigen bedeckt und zitterte in dem durchnässten und jetzt durchsichtigen T-Shirt und ihrem ehemals weißen Slip unkontrollierbar.
    Ich ließ den Gürtel los, begutachtete den Fluss und versuchte, eine Stelle zu finden, an der wir ihn gefahrlos überqueren konnten. Aber das war zwecklos. Um zu erkennen, wie reißend die Strömung war, brauchte ich nur die in den Fluss gestürzten Baumstämme zu beobachten, die von tosenden Wassermassen mitgerissen über die Felsen schrammten. Hier erwartete uns ein Drama, für welche Stelle ich mich auch entschied. Aber was wäre daran neu gewesen?
    Sarah war hellwach; sie wusste, was ich dachte. Sie hockte zusammengekauert unter einem Uferfelsen, hatte die Arme um ihre Knie geschlungen und machte sich möglichst klein, um Energie zu sparen. Sie betrachtete erst den Fluss, dann mich. »Nein, Nick. Bist du übergeschnappt? Da geh ich auf keinen Fall rein.«
    Ich unterbrach sie mitten im Satz, indem ich den Gürtel packte und sie unter die ersten Bäume zurückschleppte, die uns Deckung boten. Ich redete nicht mit ihr; ich hatte zu viele andere Dinge im Kopf, über

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