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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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die ich mir erst klar werden musste. Stattdessen begann ich, mein Hemd aus den Jeans und die in meine Stiefel gesteckten Hosenbeine herauszuziehen. Dann knöpfte ich die Ärmelbünde meiner Jacke auf, bis alles hübsch locker saß, damit das Wasser meinen Körper umströmen konnte. Lässt man beim Schwimmen das Hemd in die Hose gesteckt, behindert einen das Gewicht des Wassers, das sich darin ansammelt, und kann einen sogar in die Tiefe ziehen. Die Handschuhe zog ich aus; es war zwecklos, sie hier zu tragen, und außerdem wirkten sie lächerlich. Sarah konnte bleiben, wie sie war; sie war ohnehin fast nackt. Ich stopfte meine und ihre Papiere in einen der Handschuhe, zog den anderen darüber und steckte alles in die Innentasche meiner Jacke. Aber was sollte ich mit Sarahs Umhängetasche machen? Scheiße, die würde ich mitnehmen müssen. Ich wollte nicht mehr Spuren hinterlassen als unbedingt nötig.
    Der Wind hatte wieder aufgefrischt, und die Bäume am anderen Flussufer bogen sich unter einzelnen Böen wie im Sturm. Ich sah zu Sarah hinüber, die zusammengekauert unter einem Baum hockte. Nur wenige Meter von ihr entfernt schäumte das Wasser über die Uferfelsen.
    Ich sah wieder zum anderen Ufer hinüber, folgte der Strömung mit den Augen und versuchte festzustellen, wo wir herauskommen würden. Flussabwärts konnte ich nur etwa zweihundertfünfzig Meter weit sehen; dann machte der Fluss eine Biegung nach rechts und kam außer Sicht. Das andere Ufer lag ungefähr einen Meter über dem Wasser und bot überall reichlich Halt an von der reißenden Strömung freigelegten Baumwurzeln. Ich musste den schlimmsten Fall annehmen - dass gleich hinter der Biegung ein hoher Wasserfall kam -, was bedeutete, dass uns nur zweihundertfünfzig Meter Strecke blieben, auf denen wir den Fluss überqueren und uns herausarbeiten mussten.
    Die Lufttemperatur lag bei etwa zehn Grad, aber durch den Wind war es bitterkalt. An Land würden wir nicht an Unterkühlung sterben, wenn wir uns bewegten, aber im Wasser sah die Sache anders aus. Sarah beobachtete, wie ich erst den Fluss und dann wieder sie anstarrte. Sie ließ langsam den Kopf auf ihre aufgestützten Arme sinken. Mit dieser resignierten Geste erkannte sie an, dass sie auf meine Hilfe angewiesen war, wenn sie die Wahrheit gesagt hatte und tatsächlich von hier flüchten wollte.
    Der Hubschrauber war irgendwo hinter uns und suchte anscheinend das bewaldete Gelände zwischen den Häusern und dem Fluss ab; ich konnte nicht genau beurteilen, wo er war, aber er musste irgendwo in der Nähe sein, sonst wäre das Pfeifen seiner Triebwerke im Schwebeflug nicht so deutlich zu hören gewesen.
    Ich beugte mich über Sarah, packte den Gürtel und zog sie daran hoch. Sie sah mir in die Augen. »Nick, willst du mir das Ding nicht abnehmen? Bitte. Ich kann schließlich nicht
    abhauen, stimmt’s?«
    Ich ignorierte sie. Ich ging mit dem Gürtel in der linken Hand zum Wasser hinunter und suchte dabei den Himmel über uns ab. Ich versuchte mir einzureden, im Augenblick sei nur der Hubschrauber wichtig.
    Ein Felsvorsprung, der gute fünf Meter in den Fluss hineinragte, schien ein geeigneter Ausgangspunkt für unsere Überquerung zu sein; er war teilweise von Wasser überspült, und ich hatte keine Ahnung, wie tief es an den Seiten war. Sarah war hoffentlich eine gute Schwimmerin; hätte sie nicht schwimmen können, hätte sie’s längst gesagt. Ich sah plötzlich Angst in ihrem Blick, betrachtete nochmals den Fluss und musste zugeben, dass sie Recht hatte. Ich musste ihr den Gürtel abnehmen. Sie musste am Leben bleiben, damit ich Ort und Zeitpunkt ihres Todes selbst bestimmen konnte.
    Als ich mühsam die Knoten löste, sagte sie sehr leise: »Danke, Nick.«
    Ich erwiderte ihren Blick, versuchte die darin liegende Botschaft zu deuten, nickte dann und steckte den Gürtel in ihre Umhängetasche, während ich weiterging. Sarah stelzte vorsichtig über die Felsbrocken am Ufer. »Los, komm schon!«, fuhr ich sie an.
    Sie hielt den Kopf gesenkt, um zu sehen, wohin sie trat. »Ich komme, aber die Steine tun mir an den Füßen weh.« Als wir dann zu waten begannen, keuchte sie: »Scheiße, ist das kalt!«
    Sarah hatte Recht: Die Wassertemperatur musste bei höchstens vier oder fünf Grad liegen. Ich nahm mir vor, einfach reinzugehen, die Sache hinter mich zu bringen und mir erst am anderen Ufer Sorgen darüber zu machen, wie ich wieder warm werden sollte.
    Ich kämpfte gegen die Strömung an, bis das Wasser

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