Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
»Du musst mir helfen. Nur ich kann die beiden verbliebenen Attentäter identifizieren - und ich kenne sie, Nick. Die machen weiter, bis ihr Auftrag ausgeführt ist.« Sie starrte mich an. Ich gab keine Antwort, denn ich wusste, dass sie weiterreden würde. »Wozu sind wir hier, Nick? Wie willst du dich in Zukunft noch in einem Spiegel betrachten können, wenn du mir nicht hilfst, diesen Anschlag zu verhindern?«
Mr. Spock wäre stolz auf sie gewesen. Die emotionale Masche wirkte bei mir nicht besonders, aber ihre Story klang logisch. Aber sie hatte mich schon einmal reingelegt, und ich gehörte nicht zu den Menschen, die großen Wert darauf legten,
ihr Spiegelbild zu betrachten.
Ich stand auf und ging zur Tür. »Ich mache eine kleine Rundfahrt, um zu sehen, ob ich ein paar Sachen für uns besorgen kann. Welche Größe hast du?«
»US-Größe acht, Schuhe sechs. Wieso kann ich nicht mitkommen?«
»Die Polizei fahndet jetzt nach einem Paar. Sie hat vielleicht sogar Videoaufnahmen aus der Tankstelle. Du wartest hier; ich bin bald wieder da.«
Auf dem Korridor schloss ich unsere Zimmertür hinter mir, ging aber nicht sofort weiter. Ich riss zwei Streichhölzer aus dem Zündholzbriefchen, das ich eingesteckt hatte, und klemmte sie einen Viertelmeter unter und über dem Schloss in den Türrahmen. Als ich die Treppe hinunterging, hörte ich, wie hinter mir die Türschlösser abgesperrt wurden.
Der Nieselregen war wieder etwas stärker geworden, als ich mich in den Leihwagen - einen roten Saturn - setzte und den Motor anließ. Die Heizung lief auf höchster Stufe, das Autoradio plärrte, und die Scheibenwischer arbeiteten hektisch. Ein drängendes bing bing bing forderte mich auf, den Sicherheitsgurt anzulegen. Ich schnallte mich an, sog prüfend den Neuwagengeruch ein und fuhr los.
Für den Fall, dass Sarah mich beobachtete, fuhr ich bis zur ersten Kreuzung, die sie nicht einsehen konnte, bevor ich in Richtung Motel zurückfuhr, die Hauptstraße überquerte und auf dem Parkplatz von Arby’s Sandwich Shop hielt. Von dort aus konnte ich den Haupteingang des Motels beobachten; ich würde sogar sehen, wohin Sarah ging, weil ich die Eingangshalle mit der Treppe im Blick hatte. Tat Sarah etwas, das bewies, dass sie gelogen hatte, würde ich’s wissen und mich entsprechend verhalten können. Außerdem konnte ich von hier aus sehen, ob die Polizei aufkreuzte. Was sie dann tun würde, wusste ich nicht, aber ich würde sicher nicht hier warten, um es beobachten zu können. Reagierte sie wie gewöhnlich, würde sie ein paar Cops umlegen und dann hoffentlich selbst erschossen werden. Es war riskant, sie nicht mitzunehmen, aber das Risiko lohnte sich. Außerdem hatte ich etwas zu erledigen, das sie nichts anging.
Ich beobachtete weiter den Moteleingang, während ich mein Mobiltelefon einschaltete, die PIN eingab und eine dreistellige Nummer eintippte. Als die Auskunft sich meldete, verlangte ich: »North Carolina, Century Twenty-one Realtors in der Skibo Road, Fayetteville.«
Die Maklerfirma Century 21 war ein auf Kurzvermietungen spezialisiertes Familienunternehmen. Ich kannte es noch aus meiner Zeit beim Regiment, als ich mit einigen Kameraden für sechs Wochen in Fayetteville gewesen war. Nach einer Woche im Soldatenhotel Moon Hall, das gar nicht übel war, hatten wir beschlossen, uns von unseren Auslandsspesen ein Apartment zu gönnen. Über die Firma Century 21 hatten wir rasch eine sehr komfortable Wohnung gefunden.
Ich ließ den Motor laufen, damit die Autofenster nicht beschlugen, und beobachtete weiter das Motel. Während ich wartete, ließ ich einmal die Scheibenwischer laufen. Sobald ich die Nummer in Fayetteville hatte, tippte ich sie ein.
Am anderen Ende meldete sich sofort eine rasend schnell sprechende Frauenstimme: »Guten Tag, Century Twenty-one, Immobilienverwaltung Mary Kirschbaum und Jim Hoeland, was kann ich für Sie tun?«
Ich schaltete wieder auf mein schlechtes Amerikanisch um.
»Hi, ich bin auf der Suche nach einem Apartment - vielleicht eines mit zwei Schlafzimmern.« Je größer es war, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass die Küche enthielt, was ich brauchen würde.
Ich hörte flinke Finger über eine Tastatur klappern, dann antwortete die junge Frau: »Ich kann Ihnen Apartments mit einem oder zwei Schlafzimmern anbieten. Möchten Sie die Wohnung möbliert oder unmöbliert?«
»Möbliert, zwei Schlafzimmer wären schön.«
»Okay, wie lange brauchen Sie das Apartment? Bei
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