Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
zur Seite, stand auf und ging unter die Dusche. Als ich zehn Minuten später geduscht und rasiert zurückkam und mir mit einem Handtuch die Haare frottierte, war Sarah bis auf Jacke und Schuhe bereits fertig angezogen. »Komm, wir gehen runter und sehen nach, was dort los ist. Duschen kann ich später noch.« Sie wartete ungeduldig, bis ich mich angezogen hatte, und ging dann voraus.
Im Esszimmer herrschte ziemliches Chaos. Löffel knallten in Teller mit Cornflakes, Stühle scharrten über die Bodendielen, der Toaster spuckte Weißbrotscheiben aus, Maria bemühte sich vergeblich, für Ordnung zu sorgen, und die Kinder übten ihre Songs. Das Problem war nur, dass sie alle durcheinander sangen, was wie Katzengejaule klang. Nur gut, dass ich wusste, dass diese Songs keine Kriegserklärung, sondern eine Friedensfeier begleiten sollten.
Josh, der uns den Rücken zukehrte, war damit beschäftigt, die Lunchboxen der Kinder zu packen, und sah wie ein Fernsehkoch aus, der zehn Dinge gleichzeitig tut: Er wickelte Sandwiches in Frischhaltefolie, wusch und trocknete Äpfel ab und warf in jede Box eine Hand voll Käsekräcker. Er trug eine marineblaue Anzughose und ein frisch gebügeltes weißes Hemd, unter dem ein weißes T-Shirt und seine braune Haut zu erkennen waren. Ich konnte es kaum noch erwarten, seine Krawatte zu sehen. Sorgen machte mir nur, dass Josh hinter dem rechten Hüftknochen ein hellbraunes Pfannkuchenhalfter und hinter dem linken eine Gürtelhalterung für zwei Magazine trug. Ich konnte nur hoffen, dass es nicht dazu kommen würde, dass er die Waffe, die er später dort tragen würde, auf uns richten würde.
Josh sah sich nicht einmal um, als wir hereinkamen, sondern rief nur: »Morgen! Kaffee ist in der Maschine links von euch.« Dort hörte ich eine Kaffeemaschine blubbern. »Bagels liegen neben dem Toaster. Kann jetzt nicht aufhören, muss alles fertig haben, bevor die Kinder für ihren Auftritt abgeholt werden.«
Ich trat an den Toaster, teilte einige der schon aufgeschnittenen Bagels und steckte sie ins Gerät, während Sarah uns Kaffee eingoss. Wir taten so, als wüsste ich seit langem, dass sie zum Frühstück nichts lieber aß als getoastete
Bagels, während sie natürlich nicht zu fragen brauchte, wie ich meinen Kaffee am liebsten trank. Sarah fragte Josh, ob er auch einen Kaffee wolle; er sah kurz auf, lächelte und nickte dankend.
Sie goss Kaffee in einen dritten Becher. »Also, wie stehen unsere Chancen, Josh?«
Er kehrte uns wieder den Rücken zu und war damit beschäftigt, viel zu viel Essen in eine Lunchbox der Marke Little Mermaid zu packen. »Ich wollte kurz nach der vollen Stunde anrufen«, erklärte er ihr, »gleich nach dem Schichtwechsel.«
Nachdem Josh die Lunchbox voll gestopft hatte, sah er auf seine Uhr. »Passt auf, ich versuche gleich mal, den Mann zu erreichen.«
Er trat an das an der Wand hängende Telefon, wählte eine Nummer, klemmte sich den Hörer mit der etwa drei Meter langen Telefonschnur zwischen Kinn und Schulter und ging zurück, um die Lunchboxen in die Schultaschen der Kinder zu packen. Ich stellte enttäuscht fest, dass er diesmal eine einfarbige blaue Krawatte trug. Er merkte, dass ich sie angewidert anstarrte, und grinste befriedigt, weil er mich um eine Gelegenheit gebracht hatte, ihn wegen seiner Krawatte aufzuziehen.
Die Schultaschen bestanden aus durchsichtigem Plastikmaterial - an manchen amerikanischen Schulen die einzige heute noch zugelassene Ausführung, weil die Kinder zeigen mussten, dass sie keine Schusswaffen, sondern nur Bücher und Lunchboxen enthielten. Ich konnte mir vorstellen, dass sie dem Sicherheitsdienst des Weißen Hauses auch gefallen hätten.
Im nächsten Augenblick war zu hören, dass die Kinder den Fernseher im Esszimmer angestellt hatten und sich Zeichentrickfilme ansahen. Das machte mir Sorgen, denn es bedeutete, dass sie mit ihrem Frühstück fertig waren und sich nur noch die Zeit vertrieben. In diesem Haus gab es kein Fernsehen, wenn gegessen wurde oder Hausaufgaben zu machen waren. Ich sah auf meine Baby-G. Es war 7.32 Uhr.
»Ich bin’s, Josh«, sagte er, als jemand sich meldete. Danach folgte eine kurze Pause. »Yeah, alles bestens. Ich komme heute sowieso rein, um meine Kinder singen zu hören; dann können wir uns noch unterhalten.« Die beiden fachsimpelten einige Zeit über ihre Arbeit und lachten über einen Insiderwitz.
Die Bagels kamen aus dem Toaster. Ich legte sie in einen kleinen Korb und trat an den
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