Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
in Menwith Hill versucht hast, ihm Zugang zu Echelon zu verschaffen.«
Ich konnte seine Reaktion nicht sehen, aber unter der Kapuze bewegte sich etwas. »Tut mir Leid, Kumpel«, murmelte er. »Aber sie hat mich in der Hand, verstehst du? Tut mir echt Leid, ich wollte’s dir wirklich erzählen, aber ich ... du weißt schon ...«
Die Kapuze sank langsam nach vorn, als seine Nackenmuskeln erschlafften.
»Du meinst durch Drohungen? Gegen dich oder deine Angehörigen?«
Toms Schultern zuckten krampfhaft, während er sich bemühte, ein Schluchzen zu unterdrücken.
»Meine Eltern ... und meine Schwester hat zwei kleine Kinder, verstehst du? Ich wollte’s dir erzählen, Nick, ehrlich, aber . na ja, du weißt schon. Hör zu, hinter diesem Scheiß steckt nicht etwa Valentin, Kumpel. Dahinter steckt sie; das alles macht sie auf eigene Faust. Er weiß überhaupt nichts davon. Sie benutzt bloß seinen Namen, damit du glaubst, für ihn zu arbeiten.«
Mehr brauchte er nicht zu sagen. Plötzlich schien alles logischer zusammenzupassen als seit langem. Deshalb hatte Liv mir die drei Millionen Dollar sofort und ohne Rücksprache bewilligen können. Deshalb hatte sie darauf bestanden, meine einzige Kontaktperson zu sein. Das war sogar die Erklärung dafür, warum sie nicht wollte, dass ich eine Waffe hatte: Sie fürchtete vermutlich, ich könnte sie damit erschießen, wenn ich merkte, was wirklich gespielt wurde.
»Wie bist du in das alles reingeraten?«
Ich wartete, während Tom sich zu sammeln versuchte.
»Natürlich durch Liv. Aber angefangen hat’s nicht mit ihr, sondern mit einem gewissen Ignati. Er hat mich in London aufgesucht - am Tag vor deinem Besuch.«
Wo hatte ich diesen Namen schon einmal gehört? Dann fiel es mir ein. Er hatte meine Versicherungspolice ausgestellt; sein Name stand auf dem Schutzbrief, den ich in Narva vorgewiesen hatte. Anscheinend war Liv nicht die Einzige, die auf eigene Rechnung arbeitete.
Da Tom jetzt auszupacken begonnen hatte, war es wichtig, keine Fragen zu stellen, die ihn unter Umständen plötzlich erkennen ließen, dass er zu viel sagte.
»Was hat er von dir gewollt, Kumpel?«, fragte ich freundlich.
»Er hat gesagt, dass Liv in Finnland einen Job für mich hat. Dass jemand kommen und mich dazu anwerben würde und so weiter. Ich hab Muffensausen gekriegt, als ich gehört habe, dass es schon wieder um Echelon geht, aber ich konnte nicht nein sagen, Kumpel. Meine Schwester, ihre Kinder, meine Eltern . Nick, du musst mir helfen. Sie legt alle um, wenn ich diesen Scheiß nicht auf die Reihe kriege. Bitte, hilf mir. Bitte!«
Er weinte unter seiner Kapuze.
»Tom .«
Keine Reaktion. Vielleicht hatte er nichts gehört, weil er so laut schluchzte.
»Tom, sie wollte, dass ich dich umlege. Sie wird glauben, du seist tot, wenn ich behaupte, dich liquidiert zu haben.«
Die Kapuze hob sich ruckartig. »Du wolltest mich umbringen? Scheiße, Nick, das darfst du nicht! Tu’s nicht ... Bitte, tu’s nicht ...«
»Ich habe nie vorgehabt, dir was zu tun.«
Er hörte kaum zu. »Tut mir echt Leid, Nick. Sie hat mich gezwungen, dir all diese Fragen zu stellen. Du weißt schon - auf dem Bahnhof. Sie wollte wissen, ob du vorhattest, sie reinzulegen. Sie hat alle Namen und Adressen, verstehst du? Dieser Kerl hat mir Fotos von meiner Schwester und den Kindern gezeigt. Ehrlich, Nick, ich wollte dir alles erzählen, aber .« Die Kapuze sank erneut nach unten, als er wieder zu schluchzen begann.
Ich kam mir wie ein Geistlicher im Beichtstuhl vor. »Hör zu, Tom, ich habe nie vorgehabt, dich umzulegen. Echt nicht! Schließlich habe ich dich dort rausgeholt - oder hast du das schon vergessen?«
Ein kaum wahrnehmbares Kopfschütteln.
»Ich sorge dafür, dass deine Angehörigen und du nichts zu befürchten haben, Tom, aber dazu müssen wir erst nach England zurück. Dort musst du mit ein paar Leuten reden und ihnen genau erzählen, was in Menwith Hill und hier passiert ist, okay?«
Ich witterte eine Chance, alles doch noch zu meinem Vorteil hinzubiegen. Wie das klappen sollte, war mir noch nicht recht klar, aber es musste irgendwie möglich sein, dass Tom ein neues Leben und ich mein Geld bekam. Und falls das Geld ausblieb, musste ich wenigstens noch für die Firma arbeiten können. Ich konnte genug fabulieren, um die Sache so hinzustellen, als sei ich von Anfang an über alles informiert gewesen, hätte mein Wissen aber für mich behalten müssen, weil ich nicht riskieren durfte, dass meine
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