Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
dass sie über meine Vergangenheit informiert war.
Meine Besorgnis war mir offenbar anzusehen. Liv lächelte erneut und schüttelte ganz leicht den Kopf. »Valentin hat sich natürlich die Mühe gemacht, in den vergangenen paar Tagen so viel wie möglich über Sie in Erfahrung zu bringen. Glauben Sie, er hätte Ihnen sonst diesen wichtigen Auftrag anvertraut?«
»Was weiß er noch alles?«
»Genug«, antwortete sie knapp. »Und auch genug über Tom. Valentin ist überzeugt, dass Sie und er die richtigen Leute für diesen Auftrag sind. Wie Sie sich denken können, Nick, ist die Sache sehr eilig. Sie müssen bis kommenden Sonntag in Helsinki eintreffen. Ich brauche nur Ihre Ankunftszeit. Um alles andere kümmere ich mich.«
Liv erklärte mir, wie ich mit ihr Verbindung aufnehmen konnte. Das Verfahren war bei aller Kompliziertheit einfach zu verstehen, was nur gut war, weil mir ständig 1,7 Millionen andere Dinge durch den Kopf gingen.
Sie stand auf. Unsere Besprechung war offenbar zu Ende. »Danke für Ihr Kommen, Nick.«
Ich schüttelte ihre Hand, die sich warm und fest anfühlte. Ich sah ihr in die Augen, wahrscheinlich eine Zehntelsekunde zu lange, dann bückte ich mich nach
meinem Helm.
Sie begleitete mich zur Wohnungstür. Als ich nach der Türklinke griff, sagte sie: »Noch etwas, Nick.«
Ich drehte mich nach ihr um; sie stand so dicht hinter mir, dass ich ihr dezentes Parfüm riechen konnte.
»Schalten Sie Ihr Handy bitte nicht ein, bevor Sie weit von hier weg sind. Good-bye, Nick.«
Ich nickte, dann ging die Tür hinter mir zu. Ich hörte, wie die Schlösser klickten und die Sicherungskette eingehakt wurde.
Unterwegs im Aufzug widerstand ich der Versuchung, einen kleinen Freudentanz zu vollführen. Ich war nie jemand gewesen, der glückliche Zufälle unbesehen akzeptierte - tatsächlich hatte ich dazu nie viel Gelegenheit gehabt -, aber Valentins Angebot klang ziemlich gut, und die wenigen Zweifel, die ich noch hegte, wurden durch den A 4-Umschlag in meiner Lederjacke zerstreut - falls er sich auf der Heimfahrt nicht in Luft auflöste.
Der Lift wurde langsamer, dann öffnete sich seine Tür im Erdgeschoss. Der Portier musterte mich stirnrunzelnd, während er zu erraten versuchte, was ich so lange dort oben gemacht hatte. Ich zog die Sturmhaube aus dem Helm und nickte ihm zu. »Sie war wunderbar«, sagte ich. Als die Automatiktür zur Seite glitt und ich in den Erfassungsbereich der Überwachungskameras trat, trug ich wieder die Sturmhaube, die nur meine Augen frei ließ.
Auf dem Weg die Einfahrt entlang zog ich den Kinnriemen meines Sturzhelms auf beiden Seiten mit Daumen und Zeigefinger heraus. Ich war gerade aus dem Tor auf die Straße getreten, als ich ein Auto kommen hörte. Während ich weiter mit dem Kinnriemen spielte, sah ich nach links, um festzustellen, ob ich die Straße ohne Gefahr überqueren konnte.
Ein Peugeot 306 kam mit Schallgeschwindigkeit auf mich zugerast. Er war dunkelkastanienbraun und vom Schneematsch und Streusalz der letzten Wochen über und über verschmutzt. Die Fahrerin war eine Frau Anfang dreißig mit kinnlangem Pagenschnitt, die das Lenkrad so krampfhaft umklammerte, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Ich wartete darauf, dass sie an mir vorbeirasen würde, aber als sie noch gut zehn Meter von mir entfernt war, bremste sie und fuhr in normalem Tempo weiter.
Ich sah nach rechts. Der ungefähr 70 Meter von mir entfernte israelische Sicherheitsbeamte ließ sich durch diesen kleinen Vorfall so wenig aus der Ruhe bringen wie der frierende uniformierte Polizeibeamte auf der anderen Straßenseite, der nur sehr gelangweilt wirkte.
Ich beobachtete, wie sie die Barriere passierte, den linken Blinker setzte und sich in den Verkehr einordnete. Ihr Kennzeichen hatte ich mir gemerkt. Viel interessanter als die R-Nummer war die Tatsache, dass im Heckfenster kein Aufkleber verkündete, von welchem Händler dieser Wagen stammte. Ich glaubte plötzlich zu wissen, welchen Auftrag die Frau mit dem Pagenschnitt hatte. Aber ich verwarf diese Idee sofort wieder. Scheiße, wenn ich so weitermachte, wurde ich in Bezug auf Überwachung so paranoid wie Val und Liv in Bezug auf Handys.
Ich steckte den Schlüssel ins Zündschloss der Ducati und war eben dabei, meine Handschuhe anzuziehen, als mir ein anderer Wagen auffiel, der ungefähr 40 bis 50 Meter von mir entfernt zwischen anderen Fahrzeugen am Straßenrand parkte: ein mitternachtsblauer Golf GTI, in dem zwei Personen in ihre
Weitere Kostenlose Bücher