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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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jemals das Passbild angesehen hatten.
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    Nur wenige meiner Mitreisenden ohne Auto sahen
    annähernd so wohlhabend aus wie die Finnen, an die ich gewöhnt war. Ich vermutete, dass sie Esten waren. Alle schienen Kosakenmützen aus Webpelz und viel PVC mit Lederprägung zu tragen. Einige hatten lange
    Daunenmäntel an, wie Fußballtrainer sie tragen, aber diese hier waren wirklich alt und abgewetzt. Sie
    schleppten riesige Tragetaschen mit ihren Einkäufen, die von Wolldecken bis zu Reis in Großküchenpackungen reichten. In allen Fällen schien die ganze Familie mitgereist zu sein: Kinder, Ehefrauen, Großmütter, die alle auf Estnisch durcheinander schwatzten.
    Ich hatte mich in eine stille Ecke zurückziehen wollen, um ein Nickerchen zu machen, aber an Bord merkte ich gleich, dass das unmöglich war. Die Luft war von dem Surren und Bimmeln von Spielautomaten und
    Videospielen erfüllt; dazu kam das Kreischen von
    Kindern, die, von ihren Eltern verfolgt, durch die Korridore tobten.
    Während ich seitwärts weiterging, um Kindern und
    den Leuten auszuweichen, die mir mit irgendwelchen Bündeln bepackt entgegenkamen, sah ich, wohin die Hauptmasse strömte: zum Büfett und zu den Bars. Wenn ich schon nicht schlafen konnte, würde ich wenigstens etwas essen.
    Das Gedränge ließ nach, sobald der Korridor in den geräumigen Barbereich überging. Wie schon auf den Korridoren waren die Wände mit Plastikfurnier mit Mahagonieffekt verkleidet, das eine deprimierend düstere Atmosphäre im Stil alter British-Rail-Waggons erzeugte.
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    Hier überwogen gut gekleidete Finnen, die ihre Autos vor uns an Bord gefahren hatten. Sie lachten und rissen lautstark Witze, während sie wie zum Tode Verurteilte ein Bier nach dem anderen in sich hineinschütteten. Sie waren offenbar auf Sauftour, um sich auf der Fahrt nach Tallinn mit zollfreiem Schnaps einzudecken.
    Diese Kerle schleppten keine Tragetaschen und rochen nach frei verfügbarem Einkommen. Sie trugen
    Daunenjacken der teuersten Marken oder dicke
    Wollmäntel, vermutlich aus Kaschmirwolle, und darunter übergroße schwere Pullover mit Hemd- oder Rollkragen.
    Das Einzige, was sie mit den Esten gemeinsam hatten, war ihre Vorliebe für Tabak. Unter der Decke hatten sich bereits bläuliche Rauchschwaden angesammelt, die
    darauf warteten, von der überbeanspruchten Klimaanlage abgesaugt zu werden.
    Geld wechseln konnte man einfach am anderen Ende
    der Bartheke. Ich stellte mich dort an und wechselte 100
    US-Dollar in estnische Landeswährung. Ich machte mir nicht einmal die Mühe, einen Blick auf die Wechselkurse zu werfen, um zu sehen, ob ich übers Ohr gehauen
    wurde. Was hätte ich denn tun sollen – mir eine andere Wechselstube suchen?
    Nachdem ich mich zum Büfett durchgekämpft hatte,
    schnappte ich mir ein Tablett und stellte mich wieder an.
    Die Warterei störte mich nicht besonders; die Überfahrt würde lange dauern, und ich hatte es nicht besonders eilig, mich wieder zu den Säufern in der Bar zu gesellen.
    Zwanzig Minuten später saß ich mit einer Familie an einem an Deck festgeschraubten Plastiktisch. Der Vater, 425
    der wie Mitte fünfzig aussah, aber wahrscheinlich keine vierzig war, trug noch immer seine Wollmütze. Seine Frau schien ungefähr zehn Jahre jünger zu sein. Ihre vier Kinder hatten je einen großen Teller mit blassen, nicht ganz durchgegarten Fritten vor sich. Meine sahen ähnlich aus, aber ich hatte dazu noch ein paar verdächtig aussehende rote Würstchen.
    Von der Bar drangen Gelächter und Tonbandmusik aus den Deckenlautsprechern herüber – schaurig schlechte Imitationen von Michael Jackson und George Michael.
    Zum Glück killten die jetzt durchgesagten endlos langen Sicherheitshinweise in ungefähr fünf Sprachen den Möchtegern-George in der Blüte seiner Jahre.
    Während ich mich über meine Fritten und die
    überraschend guten Würstchen hermachte, zog der
    Ehemann eine Packung Zigaretten heraus, und seine Frau und er begannen zu qualmen. Sie bliesen mir zufrieden den Rauch ins Gesicht, schnippten die Asche auf ihre leeren Teller und drückten dann ihre Kippen im Ketchup aus, dass es zischte. Ich beschloss, es sei Zeit, einen Spaziergang zu machen. Von mir aus konnten ihre
    Kinder meinen Teller leer essen.
    Inzwischen waren wir auf hoher See, und die Fähre rollte, schlingerte und stampfte. Auf den Korridoren hatten Kinder ihren Spaß daran, von einer Wand zur anderen geschleudert zu werden, und ihre Eltern
    schimpften jetzt viel leiser.

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