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Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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gekümmert haben. Sie wird einfach zu existieren aufhören, und das ist dann Ihre Schuld. Allein Sie können verhindern, dass das passiert.«
    Er brannte vor missionarischem Eifer, den er
    vermutlich von dem Geistlichen kopiert hatte, den er letztes Mal auf der Kanzel gehört hatte, während
    Sundance schief grinsend zu seinem Sofa zurückging.
    Aber der Jasager war noch nicht mit mir fertig. Sein Tonfall veränderte sich erneut. »Sie muss jetzt ungefähr elf sein, was? Wie ich höre, hat sie sich daheim in den Staaten wieder sehr gut eingewöhnt. Joshua scheint sich vorbildlich um sie zu kümmern. Für Sie ist’s sicher schwierig, dass sie jetzt dort lebt, was? Dass Sie nicht miterleben können, wie sie aufwächst, wie sie sich in eine attraktive junge Frau verwandelt …«
    Ich hielt weiter den Kopf gesenkt und konzentrierte mich auf einen winzigen Sprung in einer der Fliesen, während er mit seinem Sermon fortfuhr.
    »Sie ist im selben Alter wie meine Tochter. In diesem Alter sind sie so komisch, finden Sie nicht auch? Gerade 95
    wollten sie schon erwachsen sein, und im nächsten
    Augenblick haben sie das Bedürfnis, mit ihrem
    Teddybären zu schmusen. Ich habe ihr gestern Abend
    eine Gutenachtgeschichte vorgelesen. Sie sehen dabei so rührend, so verwundbar aus. Haben Sie ihr auch
    vorgelesen … Kelly, nicht wahr?«
    Ich wollte ihm nicht die Befriedigung gönnen, dass
    ich seine Frage beantwortete, sondern konzentrierte mich weiter auf meine Fliese und bemühte mich, keine Reaktion erkennen zu lassen. Der Jasager genoss diese Szene wirklich. Er atmete nochmals tief durch, stand mit knacksenden Knien auf und beugte sich über mich.
    »Hier geht’s um Macht, Stone, wer sie hat und wer
    nicht. Sie haben sie nicht. Ich persönlich bin nicht dafür, Ihnen eine zweite Chance zu geben, aber hier spielen übergeordnete Erwägungen eine Rolle.«
    Ich verstand nicht genau, was das heißen sollte, aber ich konnte mir denken, dass er den Befehl hatte, diese Situation zu bereinigen, wenn er nicht noch tiefer in die Scheiße geraten wollte. »Wozu den Jungen
    liquidieren?«, fragte ich. »Warum nicht den Vater?
    Vermutlich ist er für die Lieferung dieses Steuersystems zuständig.«
    Er verpasste mir mit seiner polierten Schuhkappe
    einen Tritt gegen den Oberschenkel. Daraus sprach
    reiner Frust. Bestimmt hatte er fester zutreten wollen, aber das schaffte er einfach nicht. »Machen Sie sich sauber – Sie sehen übel aus. Diese beiden Gentlemen holen Sie um fünfzehn Uhr in Ihrer Wohnung ab.«
    Sundance grinste wie ein Dorftrottel, als ich mich
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    aufrappelte, wogegen meine Bauchmuskeln schmerzhaft protestierten.
    »Ich brauche Geld.« Ich sah an der Wand lehnend wie ein ausgeschimpfter Schuljunge zu Boden – und fühlte mich genau wie einer.
    Der Jasager seufzte ungeduldig und nickte Sundance
    zu. Der Kerl zog seine Geldbörse aus der hinteren
    Jeanstasche und zählte fünfundachtzig Pfund in
    Scheinen ab.
    »Die will ich von Ihnen wieder, Freundchen.«
    Ich nahm das Geld einfach, ohne die sechshundert
    Dollar zu erwähnen, die sie aus meiner Tasche »befreit«
    und schon unter sich aufgeteilt hatten.
    Ich stopfte die Scheine in die Tasche und setzte mich in Richtung Tür in Bewegung, ohne einen der beiden
    anzusehen. Laufschuhe sah mich kommen und öffnete
    das Garagentor, aber zuvor musste der Jasager noch das letzte Wort haben: »Sehen Sie zu, dass Sie den
    ausbezahlten Vorschuss gut nutzen, Stone. Mehr Geld gibt’s nicht. Sie können sogar von Glück sagen, dass Sie behalten dürfen, was Sie schon haben. Schließlich wird Kelly ab und zu neue Schuhe brauchen, und in den
    Staaten dürfte ihre Therapie erheblich mehr kosten als hier in The Moorings.«

    Eine Viertelstunde später stand ich in einer U-Bahn, die von Kennington aus nach Norden in Richtung
    Camden Town fuhr. Der heruntergekommene alte Zug
    war mit Pendlern überfüllt, die fast alle nach Seife, Zahncreme und Designerdüften rochen. Ich war die
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    Ausnahme, was Pech für die Leute war, zwischen denen ich eingezwängt stand: ein hünenhafter Schwarzer, der mir seinen Rücken in einem frisch gebügelten weißen Hemd zugekehrt hatte, und eine junge Weiße, die nicht vom Boden aufzusehen wagte, weil sie fürchtete, unsere Blicke könnten sich begegnen und bei diesem
    Verrückten, der nach Kotze und selbst gedrehten
    Zigaretten stank, einen Wutanfall auslösen.
    Die Morgenzeitungen brachten auf ihren Titelseiten
    dramatische Farbfotos von der Erstürmung

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