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Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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meiner Ecke. Wenigstens
    hatten sie mir jetzt die Handschellen abgenommen. Die Deckenbeleuchtung war ausgeschaltet, und über den
    Fernsehschirm flackerte ein Softporno auf Channel 5.
    Die beiden Kerle hatten zuvor Fleischpastete mit Fritten gegessen und mich gezwungen, über den Boden zu
    kriechen und mit dem Einwickelpapier meine Kotze
    aufzuwischen, während sie noch mehr Tee tranken.
    Ich erfuhr nicht, was sie mit mir vorhatten, sondern wurde völlig ignoriert. Sie ließen mich einfach im
    eigenen Saft schmoren, während Sundance halb
    schlafend auf dem Sofa lag. Laufschuhe dagegen war
    hellwach, rauchte seine Selbstgedrehten und passte auf, dass ich keine Dummheiten machte.
    Ich streckte mich langsam auf dem Bauch liegend aus, um die von den Tritten stammenden Schmerzen etwas
    zu lindern, ließ mein Gesicht auf den Händen ruhen und versuchte etwas Schlaf zu finden. Aber das war natürlich 88
    unmöglich: Ich konnte meinen Puls am Hals spüren und musste immer wieder daran denken, was mir
    bevorstehen mochte. Vielleicht würden die beiden Kerle mich doch noch auf einem Ausflug nach Beachy Head
    begleiten; das hing vermutlich davon ab, zu wem der Jasager diesmal Ja sagen musste.
    In der Vergangenheit hatte ich es stets geschafft,
    selbst aus der größten Scheiße halbwegs unbeschädigt herauszukommen. Ich dachte an meine Schusswunde,
    das wieder angenähte Ohrläppchen und Narben von
    Hundebissen und war mir darüber im Klaren, dass ich bei all diesen Jobs in den letzten paar Jahren verdammt viel Glück gehabt hatte. Ich erinnerte mich an andere Jobs und dachte daran, wie es gewesen war, mit
    verbundenen Augen an der Wand einer Flugzeughalle
    zu stehen und zu hören, wie Waffen durchgeladen
    wurden. Ich erinnerte mich daran, wie die Männer
    rechts und links von mir still gebetet oder laut weinend um ihr Leben gebettelt hatten. Ich hatte keinen Grund gesehen, das eine oder das andere zu tun. Das lag nicht daran, dass mir mein Leben gleichgültig war; ich hatte nur von Anfang an gewusst, dass der Tod Bestandteil des Deals war, auf den ich mich eingelassen hatte.
    Aber diesmal war mir anders zu Mute. Ich dachte an
    Kelly, mit der ich nicht mehr gesprochen hatte, seit dieses Unternehmen lief. Das lag nicht etwa daran, dass ich keine Gelegenheit dazu gehabt hätte – letzten Monat hatten Josh und ich uns auf bestimmte Zeiten geeinigt –, aber ich war zu sehr mit den Vorbereitungen beschäftigt gewesen oder hatte einfach vergessen, sie anzurufen.
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    Josh hatte Recht, wenn er mich abzuwehren
    versuchte, wenn ich einmal anrief; Kelly brauchte einen geregelten Tagesablauf und Stabilität. Ich sah seinen halb mexikanischen, halb schwarzen rasierten Schädel vor mir, wie er am Telefon in der Rolle einer
    geschiedenen Ehefrau ein finsteres Gesicht machte. Die Haut zwischen Unterkiefer und Backenknochen bestand aus rosa Flickwerk, das an einen schlecht
    zusammengenähten zerrissenen Schwamm erinnerte.
    Diese Narben verdankte er mir, was die Situation nicht gerade entschärfte. Er würde nicht viele Angebote als Fotomodell für Old Spice bekommen, das stand fest. Ich hatte einmal versucht, das Eis zu brechen, indem ich ihm das gesagt hatte. Josh hatte sich nicht gerade vor
    Lachen ausgeschüttet.
    Ich drehte den Kopf zur Seite, ließ meine Wange auf den Händen ruhen und beobachtete, wie Laufschuhe
    seine letzte Selbstgedrehte rauchte. Ich hatte vermutlich schon immer gewusst, dass es mich früher oder später erwischen würde, aber ich wollte nicht schon jetzt
    abtreten. Mir schossen alle möglichen Dinge durch den Kopf, als sei ich nur Bruchteile einer Sekunde von einem tödlichen Verkehrsunfall entfernt: all die Dinge, die einem Vater durch den Kopf gehen mussten, wenn er
    erkannte, dass er sterben würde. Der dumme Streit mit den Kindern, bevor er sich ins Auto gesetzt hatte, um in die Arbeit zu fahren. Das Baumhaus, das er nicht gebaut hatte. Das Testament, dessen Abfassung er immer
    wieder hinausgeschoben hatte. Die nicht
    unternommenen Ferienreisen, die gebrochenen
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    Versprechen.
    Außer Kelly war Josh der einzige noch lebende
    Mensch, aus dem ich mir etwas machte. Würde ich ihm fehlen? Am Telefon war er nur sauer gewesen, weil
    zwischen uns noch Fragen offen waren. Und was war
    mit Kelly? Für sie hatte jetzt ein neues Leben begonnen
    – würde sie ihren unnützen, überforderten Vormund in ein paar Jahren vergessen haben?
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    7
    Montag, 4. September
    Nach einer langen, schmerzvollen Nacht zerschnitten die

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