Nick Stone - 04 - Eingekreist
frittierten Gerichten und Zigarettenqualm, für den vermutlich der Bosnier
zuständig war. Ich gab meine Bestellung auf und
lauschte dem Radio hinter der Theke, während ich mir einen Becher Pulverkaffee holte. In den
Hauptstadtnachrichten wurde der gestrige
Terroranschlag nur noch stichwortartig erwähnt. Er
nahm bereits den zweiten Platz hinter Posh Spice’ neuer Frisur ein.
Ich ließ mich an einem viersitzigen Gartentisch aus Gusseisen- und Marmorimitat nieder, schob den
überquellenden Aschenbecher weg und starrte die
Zuckerdose an. Das Kribbeln war zurückgekehrt, und
ich merkte, dass ich mit aufgestützten Ellbogen dasaß und mein Gesicht in den Händen verbarg. Aus
irgendeinem Grund erinnerte ich mich daran, wie ich als Siebenjähriger meinem Stiefvater mit Tränen in den
Augen zu erklären versucht hatte, dass ich mich im
Dunkeln fürchtete. Statt tröstend in den Arm
genommen zu werden und eine kleine Lampe ins
Zimmer gestellt zu bekommen, brachte mir das
Ohrfeigen und die Drohung ein, wenn ich nicht aufhörte, solch ein Waschlappen zu sein, werde das Nachtmonster unter meinem Bett hervorkommen und mich fressen.
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Damit jagte er mir richtig Angst ein, und ich lag viele Nächte stocksteif unter der Bettdecke und dachte,
solange ich den Kopf nicht hinausstreckte, könne das Nachtmonster mich nicht erwischen. Und jetzt hatte ich nach so vielen Jahren wieder dasselbe Gefühl von Angst und Hilflosigkeit.
Ich wurde aus meiner Trance gerissen. »Großes
Frühstück, Rührei extra?«
»Das bekomme ich.«
Ich setzte mich auf, schlug mir mit Schinken,
Würstchen und Rührei den Bauch voll und fing an, über meine Einkaufsliste nachzudenken. Zumindest würde ich für meine Reise nach Mittelamerika nicht viele
Klamotten brauchen. Nun, vielleicht war doch nicht alles so schlimm: Immerhin war mein Reiseziel ein warmes
Land.
Ich war noch nie in Panama gewesen, aber ich hatte
während meiner Dienstzeit im SAS-Regiment an seiner Grenze zu Kolumbien gegen die FARC (Revolutionäre
Streitkräfte Kolumbiens) operiert. In den
Achtzigerjahren waren wir Bestandteil der britischen Erstschlagpolitik gewesen – eines von den USA
finanzierten Unternehmens mit dem Ziel, die
Drogenherstellung an der Quelle zu treffen, was
bedeutete, dass man wochenlang im Dschungel im
Einsatz war, um Drogenlabors aufzuspüren und zu
vernichten, was den Drogenhandel in Großbritannien
und den USA behindern sollte. Diese Mühe hätten wir uns sparen können. Über siebzig Prozent des in die
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Staaten gelangenden Kokains stammte weiterhin aus
Kolumbien, und bis zu fünfundsiebzig Prozent des an der amerikanischen Ostküste beschlagnahmten Heroins kam aus kolumbianischen Labors. In Großbritannien
waren die entsprechenden Prozentsätze ähnlich hoch, und die FARC waren maßgeblich an Herstellung und
Vertrieb dieser Drogen beteiligt.
Da ich über ein Jahr in Kolumbien im Einsatz
gewesen war, interessierte das Land mich weiter – vor allem auch, weil die meisten Kolumbianer, aus denen ich mir etwas gemacht hatte, Opfer des Drogenkriegs
geworden waren. Um die FARC zu beschwichtigen,
hatte die kolumbianische Regierung ihnen ein Gebiet von der Größe der Schweiz überlassen, von dem aus sie ungestört operierten. Aber durch den Kolumbien-Plan, der sich jetzt auszuwirken begann, würde sich das
hoffentlich alles ändern. Clinton hatte der
kolumbianischen Regierung für den Kampf gegen die
Drogenkartelle Militärhilfe in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar zugesagt – unter anderem für über sechzig Huey-und Black-Hawk-Hubschrauber, die dem Jasager so
wichtig gewesen waren. Aber ich hatte meine Zweifel.
Dies würde ein langer und schmutziger Krieg werden.
Ich wusste auch, dass die USA den Panamakanal
praktisch das gesamte 20. Jahrhundert lang finanziert, verwaltet und geschützt hatten; dazu hatten sie ihr SOUTHCOM (U.S. Army Southern Command) am
Kanal stationiert. In meiner Zeit in Kolumbien hatte SOUTHCOM alle Militär- und Aufklärungseinsätze
zwischen der Südgrenze Mexikos und Kap Hoorn
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geleitet. Tausende von US-Soldaten und in Panama
stationierte Flugzeuge hatten alle Operationen gegen Drogenschmuggler in Mittel- und Südamerika
durchgeführt, aber damit war am 31. Dezember 1999 um Mitternacht Schluss gewesen, als die USA den Kanal an Panama zurückgegeben und SOUTHCOM mit
sämtlichen Einheiten abgezogen hatten. Die
amerikanische Militärpräsenz war jetzt zersplittert, auf Stützpunkte in
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