Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
Vom Netzwerk:
rasiert war, blieb ich noch einige Minuten in der Kabine und trocknete mich mit meiner abgelegten Kleidung ab. Ich zog meine neuen Jeans und das Sweatshirt an; die einzigen alten Sachen, die ich anbehielt, waren meine Timberlands, die Bomberjacke und mein Gürtel.
    Ich ließ alles andere in der Kabine liegen – das
    konnten sie als mein Abschiedsgeschenk behalten – und ging den Flur entlang zurück. Durch seine offene Tür war zu sehen, dass Wie-heißt-er-gleich-wieder seine Hasstirade gegen Gott beendet hatte und auf seinem
    pissefleckigen Bett zusammengebrochen war. Ich kam
    an der geschlossenen Tür meines alten zellenähnlichen Zimmers vorbei. Obwohl ich erst letzten Samstag
    ausgezogen war, wohnte in dem Zimmer schon ein
    Neuer. Ich konnte hören, dass hinter der Tür ein Radio lief. Auch er hatte seine Milchtüte wahrscheinlich
    113
    draußen auf dem schmalen Fensterbrett stehen. Das
    hatten wir alle – nun, zumindest alle, die einen
    Wasserkocher besaßen und sich Tee zubereiten konnten.
    Ich stieg langsam die Treppe hinunter, fuhr mir mit den Fingern durchs feuchte Haar und gewann
    allmählich meine Fassung zurück.
    Unten im Empfangsbereich nahm ich den Hörer des
    Wandtelefons ab, warf sechseinhalb Pfund in kleinen Münzen ein, begann Josh’ Nummer zu wählen und
    suchte verzweifelt nach einer Ausrede für meinen frühen Anruf. An der Ostküste der USA war es fünf Stunden
    früher.
    Der typische Wählton erklang nur zweimal, dann
    hörte ich ein verschlafenes amerikanisches Grunzen.
    »Yeah?«
    »Josh, ich bin’s, Nick.« Ich konnte nur hoffen, dass er nicht merkte, wie meine Stimme zitterte.
    »Was willst du, Nick? Es ist kurz nach sechs.«
    Ich hielt mir das andere Ohr zu, um den Krach
    abzuschirmen, den ein junger Kerl machte, der sich von einem alten Säufer die Treppe hinaufhelfen ließ,
    während er mit von Drogen glasigen Augen
    herumstolperte. Ich kannte die beiden von früher: Der Alte war sein Vater, der ebenfalls hier im Haus wohnte.
    »Ich weiß, tut mir Leid, Kumpel. Ich schaff’s
    frühestens kommenden Dienstag und wollte …«
    Ein genervtes Seufzen. Er hatte schon allzu oft von mir gehört, dass ich irgendeinen Termin nicht einhalten konnte. Aber er wusste nichts über meine Situation; er wusste nicht, was ich in den letzten paar Monaten
    114
    getrieben hatte. Er hatte von mir nur das Geld gesehen, das ich geschickt hatte.
    »Hör zu, ich weiß, Kumpel, tut mir echt Leid, aber ich schaff’s wirklich nicht.«
    »Wann bringst du endlich Ordnung in dein Leben?«,
    blaffte die Stimme aus der Hörmuschel. »Wir hatten
    diesen Dienstag vereinbart – das ist morgen, Mann. Sie freut sich schon die ganze Zeit darauf. Sie liebt dich, Mann, sie liebt dich sehr – kapierst du das nicht? Du kannst nicht einfach hier reinschneien und …«
    Ich wusste, was er sagen wollte, und unterbrach ihn fast bettelnd: »Ich weiß, ich weiß, tut mir Leid …« Mir war klar, wohin dieses Gespräch steuerte, und ich
    wusste auch, dass Josh dieses Ende provozierte. »Bitte, Josh – kann ich mit ihr reden?«
    Er verlor ausnahmsweise die Nerven und brüllte ins
    Telefon: »Nein!«
    »Ich …«
    Zu spät; er hatte aufgelegt.
    Ich sackte auf einem Plastikstuhl zusammen und
    starrte das Schwarze Brett mit der Hausordnung an, die den Heimbewohnern vorschrieb, was sie zu tun und zu lassen hatten.
    »Alles in Ordnung, Darling?«
    Ich sah zu Maureen auf der anderen Seite der
    Empfangstheke hinüber. Sie winkte mich zu sich heran, sprach wie eine ältere Schwester mit mir. »Du siehst aus, als hättest du die Nase voll. Komm, dann können wir darüber reden, komm schon, Darling.«
    Ich war in Gedanken anderswo, als ich auf das halb
    115
    zugemauerte Fenster der ehemaligen Pförtnerloge
    zutrat, in der ihr Schreibtisch stand. Die Öffnung befand sich in Kopfhöhe. Wäre sie größer und niedriger
    gewesen, hätte sie Maureen keinen Schutz vor den
    Bekifften und Betrunkenen geboten, die Probleme mit der Hausordnung hatten.
    »War’s schlimm, bei deinem kleinen Mädchen
    anzurufen?«
    »Was?«
    »Du redest nicht viel, aber ich bekomme von hier aus alles Mögliche mit, weißt du. Ich hab gehört, dass du telefonierst, und gesehen, wie du am Ende deprimierter warst als am Anfang. Ich bin hier nicht nur der
    Türöffner, weißt du!« Sie lachte schallend, und ich rang mir als Anerkennung für ihren Versuch, mich
    aufzuheitern, ein Lächeln ab. »War’s schlimm,
    Darling?«
    »Nein, ganz in Ordnung.«
    »Das ist gut. Das

Weitere Kostenlose Bücher