Nick Stone - 04 - Eingekreist
wie gesagt großartige Arbeit, aber sie wollen für ihre Bucks rasche Erfolge sehen. Vielleicht sind also doch nicht wir die Spinner, was?«
Carrie blickte wieder zu den Pflanzkübeln hinüber.
Ihr Gesichtsausdruck war nicht mehr ernst oder glücklich, sondern nur noch traurig. Ich merkte, dass es mir gefiel, gemeinsam mit ihr zu schweigen.
»Wie vereinbaren Sie das, was Sie hier tun, mit dem, was Sie für mich tun?«, fragte ich schließlich. »Ich meine, das passt irgendwie nicht recht zusammen, nicht wahr?«
Sie wandte sich mir nicht zu, sondern starrte weiter die Pflanzkübel an. »Oh, das würde ich nicht behaupten. Vor allem nützt es mir in Bezug auf Luz.«
»Wie das?«
»Aaron ist zu alt, um sich anzupassen, und es ist so verdammt schwierig, hier zu Lande etwas zu erreichen.« Ich hatte einen Augenblick lang das Gefühl, sie werde gleich erröten. »Also hat mein Vater mir einen amerikanischen Pass für sie angeboten, wenn wir ihm helfen — das ist der Deal. Manchmal tun wir falsche Dinge aus richtigen Gründen, nicht wahr, Nick Wie- immer-Sie-heißen?« Sie wandte sich mir zu und atmete tief durch.
Was sie hatte hinzufügen wollen, blieb ungesagt, und sie blickte wieder zum Waldrand hinüber, wo ein riesiger Schwarm sperlingsgroßer Vögel laut tschilpend aufflog.
»Aaron ist nicht damit einverstanden, dass wir das tun. Wir streiten uns oft darüber. Er wollte weiter darum kämpfen, Luz adoptieren zu dürfen. Aber dafür reicht die Zeit nicht, wir müssen nach Boston zurück. Dort ist meine Mutter nach der Scheidung wieder hingezogen. George ist in Washington geblieben und tut dort, was er immer getan hat.« Sie machte eine Pause, bevor sie vom Thema abschweifte. »Wissen Sie, ich habe erst nach der Scheidung entdeckt, wie mächtig mein Vater ist. Sogar die Clintons nennen ihn George. Nur schade, dass er nicht einen Teil seiner Energie darauf verwendet hat, sein Privatleben zu retten. Eigentlich eine Ironie des Schicksals, dass Aaron ihm in so vielen Dingen ähnlich ist .«
»Warum gehen Sie nach so langer Zeit von hier weg
— weil Ihnen die Forschungsmittel gestrichen werden?«
»Nicht nur deshalb. Die Situation hier unten verschlechtert sich stetig. Und wir müssen auch an Luz denken. Für sie heißt’s bald High School, dann College. Sie muss anfangen, ein normales Leben zu führen. Mit Freunden, die heimlich mit anderen Mädchen ausgehen, und Freundinnen, die hinter ihrem Rücken schlecht über sie reden, solches Zeug .« Sie lächelte. »Hey, sie kann’s echt kaum noch erwarten.«
Das Lächeln verblasste rasch, aber ihr Tonfall war nicht bekümmert, nur praktisch. »Aber Aaron . Aaron hasst Veränderungen — genau wie mein Vater. Er hofft einfach, dass sich alle Schwierigkeiten von selbst in Luft auflösen.« Sie legte ihren Kopf in den Nacken, als der Vogelschwarm dicht über uns hinwegfegte. Auch ich sah auf und verfolgte ihn über den Himmel, bis er hinter dem Anbau verschwand. Carrie seufzte. »Das alles wird mir fehlen.«
Ich wusste, dass ich irgendetwas hätte sagen sollen, aber mir fiel nichts Vernünftiges ein. Da ich mein eigenes Leben verpfuscht hatte, fühlte ich mich nicht dafür qualifiziert, Carrie zu helfen, ihres in Ordnung zu bringen.
»Ich liebe ihn sehr«, sagte sie. »Nur habe ich allmählich erkannt, dass ich ihn nicht als Mann liebe, denke ich . Ich weiß natürlich auch, dass das ein uraltes Klischee ist. Aber es ist so schwierig zu erklären. Mit ihm kann ich nicht darüber reden. Das ist . ach, irgendwie wird’s einfach Zeit, weiterzuziehen ...« Sie machte eine kurze Pause. Ich spürte das Blut in meinen Schläfen pochen. »Manchmal fühle ich mich schrecklich einsam.«
Sie benutzte beide Hände, um ihr Haar hinter die Ohren zu stecken, bevor sie sich mir zuwandte. Dann herrschte wieder Schweigen zwischen uns, während mein Puls sich beschleunigte und ich nur noch mühsam Luft bekam. »Und was ist mit Ihnen, Nick?«, fragte sie. »Fühlen Sie sich jemals einsam?«
Sie wusste die Antwort bereits, aber ich konnte mich einfach nicht länger beherrschen .
Ich erzählte ihr, dass ich in London in einem Obdachlosenheim lebte, dass ich mittellos war und mich an einer Hare-Krishna-Suppenküche anstellen musste, um nicht zu verhungern. Ich erzählte ihr, dass alle meine Freunde tot waren — bis auf einen, der mich jetzt hasste. Außer den Kleidungsstücken, mit denen ich hier angekommen war, lag mein gesamter übriger Besitz in einer Reisetasche, die auf einem
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