Nick Stone - 04 - Eingekreist
dirigierte, um zu meinem Rucksack zu gelangen. Eigentlich hatte ich dafür keine Zeit, weil jeden Augenblick weitere Mitglieder seines Teams aufkreuzen konnten, aber ich musste Carries Scharfschützengewehr mitnehmen.
Wir erreichten die Stelle, wo mein Rucksack lag, und ich ließ ihn sich auf den Bauch legen, während ich mir hastig das Mosin-Nagant umhängte und meine Machete in die Scheide zurücksteckte. Dann zog ich den Verschlusshebel des M-16 zurück, um mich davon zu überzeugen, dass das Sturmgewehr tatsächlich durchgeladen war.
Der Junge beobachtete mich aus weit nach links verdrehten Augen. Er schwebte in Todesangst, weil er jede Sekunde erwartete, ein 5,56-mm-Geschoss werde seinem Leben ein Ende setzen.
Ich lächelte ihn an. »Sprichst du Englisch?«
Er schüttelte nervös den Kopf, als ich ein paar
Schritte näher an ihn herantrat. »Como esta?«
Er nickte unsicher, während ich in die Tragriemen meines Rucksacks schlüpfte. »Bien, bien.«
Ich reckte den Daumen hoch und lächelte ihm aufmunternd zu. »Gut, gut.« Das sollte ihn etwas weniger nervös machen. Wer glaubt, dass er nichts mehr zu verlieren hat, kann unberechenbar reagieren — aber wenn er glaubte, er habe eine Überlebenschance, würde er tun, was ich ihm befahl.
Ich wusste nicht recht, was ich mit diesem Jungen anfangen sollte. Ich wollte ihn nicht liquidieren, weil er mir nichts getan hatte, und hatte keine Zeit, ihn fachgerecht zu fesseln. Ich wollte ihn auch nicht mitnehmen, aber letztlich blieb mir nichts anderes übrig. Ich konnte ihn nicht einfach laufen lassen — jedenfalls nicht hier in der Nähe des Hauses. Ich nickte in Richtung Straße. »Vamos, vamos!«
Er stand auf, und ich deutete mit dem M-16 in die Richtung, wo der Land Cruiser stand. »Camion, vamos, camion.« Das war nicht gerade flüssiges Spanisch, aber er verstand, was ich meinte, und wir setzten uns in Bewegung.
Als wir den Wagen erreichten, brauchte ich nur Rucksack und Gewehr hinten einzuladen und den Jungen vorn einsteigen zu lassen, wo er sich im Fußraum vor dem Beifahrersitz zusammenrollen musste. Ich verhakte die Mündung des M-16 in seinem Hemd und legte mir das Gewehr über die Knie. Das Gewehr war auf Dauerfeuer eingestellt, und mein linker Zeigefinger lag am Abzug. Der Junge begriff, dass jede
Bewegung Selbstmord gewesen wäre.
Der Zündschlüssel steckte. Ich ließ den Motor an, stellte den Wahlhebel auf D und fuhr an. Der fast neue Land Cruiser, der noch nach Ausstellungsraum roch, gab mir ein eigenartiges Sicherheitsgefühl. Als wir in Richtung Clayton und Panama City davonfuhren, sah ich zu meinem Beifahrer hinunter und lächelte. »No problema.«
Ich wusste, dass er mir keine Probleme machen würde. Ich sah den Ehering an seiner Hand und wusste, woran er vor allem denken würde.
Tief hängende Wolken in vielen unterschiedlichen Grautönen, in denen die zerklüfteten Berggipfel am Horizont verschwanden, ließen erwarten, dass der Regen heute früh kommen würde. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der tägliche Wolkenbruch einsetzte.
Was sollte ich mit meinem Begleiter anfangen? Ich konnte ihn nicht bis zur Mautstation mitnehmen. Unter Umständen erwarteten mich dort neue Unannehmlichkeiten, falls sie jetzt überwacht wurde.
Als wir an einem der verlassenen Spielplätze zwischen den Wohnblocks vorbeikamen, hielt ich an, stieg aus und öffnete seine Tür. Er starrte mich zweifelnd an, als ich ihm mit dem M-16 bedeutete, er solle aussteigen.
»Lauf! Lauf!«
Er schien nicht zu verstehen, was ich meinte, deshalb gab ich ihm einen Stoß und schwenkte den linken Arm. »Los, los, lauf schon!« Als er an den Schaukeln vorbei davontrabte, setzte ich mich wieder ans Steuer und fuhr in Richtung Hauptstraße weiter. Bis er eine Telefonzelle
fand und sich bei seinen Leuten meldete, würde ich längst in der Stadt sein. Aus der Luft drohte mir jedenfalls keine Gefahr: Sobald der Wolkenbruch
begann, würde nichts mehr fliegen. Um sicherzugehen, sah ich nochmals nach den Wolken.
Ich kontrollierte auch die Tankanzeige: fast voll. Ob das reichen würde, wusste ich nicht, aber das spielte keine Rolle, denn ich hatte Geld in der Tasche.
Das erbeutete M-16 steckte zwischen Sitz und Tür, als ich die Hauptstraße erreichte und zur Mautstation weiterfuhr.
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Der Geländewagen holperte und schwankte über den unter Wasser stehenden Dschungelpfad und ließ rechts und links hohe Wände aus Schlamm und Wasser wegspritzen. Ich war nur froh, dass ich
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