Nick Stone - 04 - Eingekreist
alten Schwarzweißfilmen. Das ist natürlich nicht sein richtiger Name, sondern die Leute hier nennen ihn nur so. Aber nicht im Gespräch mit ihm, Gott bewahre. In Wirklichkeit heißt er Oscar Choi.«
»Charlie Chan gefällt mir viel besser«, sagte ich. »Der Name passt zu ihm.«
Aaron nickte. »Ich finde auch, dass er nicht wie ein Oscar aussieht.«
»Was wissen Sie über ihn?«
»Er ist hier zu Lande wirklich sehr prominent. Er ist sehr großzügig, spielt den auf allen Gebieten vorbildlichen Bürger — Kunstmäzen, Förderer der Wissenschaft und so weiter. Tatsächlich finanziert er den Studiengang, in dessen Rahmen ich meine Vorlesungen halte.«
Das alles klang nicht gerade nach einem Teenager. »Wie alt ist er?«
»Etwas jünger als ich, denke ich. Schätzungsweise
Anfang fünfzig.«
Ich fing allmählich an, mir Sorgen zu machen. »Hat er Familie?«
»Klar, er ist auch ein vorbildlicher Familienvater. Vier Söhne und eine Tochter, glaube ich.«
»Wie alt sind die Kinder?«
»Von den älteren Kindern weiß ich nichts, aber ich weiß, dass der Jüngste gerade sein Studium begonnen hat. Er hat eine gute Wahl getroffen — Umweltzeug gilt im Augenblick als ziemlich cool. Die anderen arbeiten in der Stadt für den Alten, glaube ich.«
Hinter meiner Stirn hämmerten pochende Schmerzen. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Ich schob meine Finger unter die Gläser der Sonnenbrille und rieb mir die Augen, um wieder wach zu werden.
Aaron hatte offenbar eine bestimmte Meinung von dem Chinesen. »Eigentlich merkwürdig, wie Männer seiner Art einen großen Teil ihres Lebens damit verbringen, zu morden, zu plündern und zu rauben, um zu bekommen, was sie wollen. Und sobald sie ein Riesenvermögen angehäuft haben, versuchen sie alles zu bewahren, was sie früher zerstören wollten — aber in Wirklichkeit haben sie sich nicht verändert. Sehr wikingerhaft, finden Sie nicht auch, Nick?«
»Was ist er, ein Politiker?«
»Nö, er braucht keiner zu sein, er hat die meisten in der Tasche. Seine Familie ist hier ansässig, seit 1904 mit dem Kanalbau begonnen wurde: Sie hat den Kulis Opium verkauft, damit sie happy blieben. Er hat seine Finger in sämtlichen Provinzen überall drin — von öffentlichen Bauten bis zu >Import und Export<.« Aarons rechter Zeigefinger deutete Anführungszeichen an. »Er führt nur die Familientradition fort, wissen Sie . Kokain, Heroin, sogar Waffenlieferungen an die FARC oder jeden anderen im Süden, der das Geld dafür hat. Er gehört zu den sehr wenigen Leuten, die den Abzug der Amerikaner begrüßt haben. Seit sie fort sind, ist es viel leichter, krumme Geschäfte zu machen.«
Er nahm seine linke Hand vom Lenkrad und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. »Das hier hat viele Freunde, und er hat reichlich davon.«
Drogen, Waffen und legale Geschäfte, das war eine bewährte Mischung, die häufig vorkam.
»Außerdem ist er clever, sehr clever. Hier zu Lande weiß jeder, dass er in Kolumbien sechzehn Männer hat kreuzigen lassen. Das waren Kommunalbeamte, Polizisten und so weiter, die versucht hatten, ihn beim Kokainschmuggel zu betrügen. Er hat sie zur Warnung für alle anderen auf dem Stadtplatz an Kreuze nageln und sterben lassen.«
Rechts neben der Straße erstreckte sich jetzt ein hoher Maschendrahtzaun.
»Das ist . «, er verbesserte sich, »das war Fort Clayton.«
Das Militärgelände war verlassen. Durch den Zaun war eine Reihe imposanter Gebäude zu erkennen. An den weißen Fahnenmasten, die einen neuen Anstrich hätten vertragen können, wehten keine Flaggen mehr.
Als wir weiterfuhren, sah ich Unterkunftsgebäude wie in Albrook, die ordentlich aufgereiht auf ungemähten
Rasenflächen standen, über die Fußwege aus Betonplatten führten. An den Straßen auf dem Kasernengebäude standen noch Schilder, die die Soldaten ermahnten, nicht zu fahren, wenn sie Alkohol getrunken hatten, und sie daran erinnerten, dass sie Botschafter ihres Landes waren.
Wir verfielen für einige Minuten in Schweigen, während wir das aufgegebene Gelände betrachteten.
»Nick, hätten Sie was dagegen, wenn wir halten, um eine Cola zu trinken? Ich bin ziemlich ausgedörrt.«
»Wie lange dauert das? Wie weit ist es noch bis zu Charlies Haus?«
»Sechs bis sieben Meilen nach dem Cola-Halt. Der ist nur ein paar Minuten von der Straße entfernt.«
Mir war das recht; schließlich hatte ich einen langen Tag vor mir.
Wir kamen an der Hauptwache vorbei, und Aaron seufzte. Die hohen
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