Nick Stone - 04 - Eingekreist
Resopalplatte und vier weiße Stühle im typischen Sechzigerjahredesign, die ganz und gar nicht in eine Welt aus dunklen Harthölzern passten.
Ich riss zwei Bananen von der Staude neben der Schale mit den Orangen ab und betrachtete die Fotos am Kühlschrank, während mein Rücken mich daran erinnerte, dass die Insektenstiche sich entzündet hatten. Die Farbfotos zeigten die Familie bei Spaß und Spiel im Haus und mehrfach einen älteren Kerl in einem weißen Polohemd, der einmal mit Luz Händchen haltend auf der Veranda stand.
Als ich die Schale meiner zweiten Banane abzog, fiel mein Blick auf ein verblasstes Schwarzweißfoto von fünf Männern. Einer von ihnen war eindeutig der ältere Kerl, den ich von anderen Fotos mit Luz kannte. Alle fünf standen in Badehosen am Strand und hielten Babys in durchweichten Windeln und mit Sonnenhüten für die Kamera hoch. Der Mann ganz links hatte eine große kreisförmige Narbe am Bauch.
Ich beugte mich nach vorn, um ihn genauer in Augenschein zu nehmen. Damals war sein Haar noch dunkler gewesen, aber die Ähnlichkeit war unverkennbar. Das lange Gesicht und der drahtige Körper gehörten dem Pizzamann.
Ich riss noch ein paar Bananen von der Staude, schlenderte damit zum Couchtisch hinüber, widerstand der Versuchung, mir den Rücken aufzukratzen, und bemühte mich, keinen Lärm zu machen.
Ich stellte die Wasserflasche hin und mampfte meine Bananen. Die Hartholzscheibe, aus der die Tischplatte bestand, war gut fünfzehn Zentimeter dick, und obwohl ihre Oberseite poliert war, trug der Rand noch die ursprüngliche Rinde. Auf dem Couchtisch lagen zerlesene Exemplare des Magazins Time, einige
Nummern des Miami Herald, mir unbekannte spanische Hochglanzmagazine und eine Teenagerzeitschrift mit einer Boy Band auf dem Titel.
Während ich langsam die Bananen aufaß, ließ ich meinen Blick über die Bücherregale gleiten, in denen gebundene Bücher, Taschenbücher, große Bildbände und sorgfältig gefaltete Karten standen. Die
abgegriffenen Einbände enthielten alles von Naturgeschichte bis Mark Twain, ziemlich viel über amerikanische Politikgeschichte und sogar einen Harry Potter. Aber die weitaus meisten Bücher schienen gewichtige wissenschaftliche Werke über Regenwälder, globale Erwärmung und die Flora und Fauna
Mittelamerikas zu sein. Ich sah genauer hin. Zwei davon hatte Aaron geschrieben.
Eines der Regalbretter war für vier Sturmlaternen reserviert, die mit bereits geschwärzten Dochten und mehreren Schachteln Zündhölzern wie Soldaten aufgereiht dastanden und auf den nächsten Stromausfall zu warten schienen. Auf dem Brett darunter standen zwei Silberleuchter und ein Silberkelch neben einigen
Lederbänden mit hebräisch beschrifteten Rücken.
Ich trank mein Wasser aus, stand auf, warf die Bananenschalen in den Komposteimer unter dem Ausguss und machte mich auf den Weg zu dem Feldbett. Ich hatte lange geschlafen, aber mein Körper verlangte nach mehr.
Als ich die Augen öffnete, hörte ich das Stromaggregat und einen Automotor. Auf dem Weg zu der ins Freie führenden Tür stolperte ich über den Erste-Hilfe-Koffer.
Greller Sonnenschein blendete mich, und ich kam gerade noch rechtzeitig, um den Mazda unter den Bäumen verschwinden zu sehen. Als ich eine Hand über die Augen hielt, um sie vor der Sonne zu schützen, sah ich Carrie vor dem Haus stehen. Sie wandte sich mir zu, aber ich konnte nicht erkennen, ob sie lächelte oder verlegen oder sonst was war.
»Morgen.«
Ich nickte als Antwort, während ich dem
verschwindenden Pickup nachsah.
»Aaron will nach Chepo. Dort wird seit Monaten ein Jaguar in einem Käfig gefangen gehalten. Ich bringe Ihnen ein Handtuch und etwas zum Anziehen. Geht’s wieder besser?«
»Ja, danke. Ich glaube nicht, dass ich nach Chepo muss. Das Fieber ist abgeklungen, denke ich.«
»Ich mache gerade Frühstück. Wollen Sie mitessen?«
»Danke, aber ich möchte lieber erst duschen, okay?«
Sie ging zurück zur Veranda. »Klar.«
Die festgestampfte Erde hinter dem Anbau war mit Wellblech überdacht. Dies war offensichtlich der Waschplatz. Vor mir hatte ich die Duschkabine, die auf drei Seiten aus Wellblech bestand und vorn durch einen Plastikvorhang abgeschlossen war. Ein schwarzer Gummischlauch schlängelte sich vom Dach des Anbaus herunter. Neben der Dusche stand auf einem Gestell aus Winkeleisen eine Küchenspüle aus Edelstahl, deren zwei Becken von zwei weiteren Schläuchen gespeist wurden. Ihre Abflussrohre verschwanden
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