Nick Stone - 04 - Eingekreist
zusah, wie sein Personalausweis und das Familienfoto schwarz wurden und verbrannten, dachte ich darüber nach, wie ich Michael Choi liquidieren würde.
Allzu viele Möglichkeiten brauchte ich nicht zu erwägen. Ich würde ihn erschießen müssen. Da ich wenig Zeit, Informationen und Ausrüstung hatte, würde nichts anderes funktionieren, aber aus etwa dreihundert Metern Entfernung sollte es mir möglich sein, ihn mit jedem halbwegs anständigen Gewehr zu treffen. Natürlich würde ich nichts Ausgefallenes versuchen und statt auf ein Ohrläppchen einfach auf den Oberkörper zielen. War er dann zu Boden gegangen und bewegte sich nicht mehr, konnte ich zur Sicherheit noch ein paar
Schüsse auf ihn abgeben. Bot sich die Chance, ihn zu erledigen, wenn er in ein Auto stieg, um zur Universität zu fahren, oder von dort kommend vor dem Haus ausstieg, würde ich mich verdammt ranhalten müssen.
Danach würde ich bis Sonntag im Dschungel bleiben und mich unsichtbar machen, bevor ich ihn verließ, um zum Flughafen zu gelangen. Selbst wenn sich erst morgen Abend eine Gelegenheit bot, konnte ich bis Dienstag bei Josh in Maryland sein. Die Möglichkeit, dass ich die Zielperson unter Umständen überhaupt nicht zu Gesicht bekommen würde, wollte ich nicht einmal erwägen.
Nachdem ich das Aschehäufchen mit Erde bedeckt hatte, machte ich mich auf den Weg in die Küche, wobei ich das Antihistamin mitnahm. Als ich den Lagerraum durchquerte, warf ich Diegos Geldbörse ganz hinten in ein Regal.
Die Ventilatoren im Wohnbereich drehten sich geräuschvoll und erzeugten eine leichte Brise. Carrie stand mit dem Rücken zum Raum am Herd; Luz saß mit einem Teller Porridge vor sich am Esstisch und war dabei, sich eine Orange zu schälen. Wie ihre Mutter trug sie jetzt ein T-Shirt und eine grüne Cargo-Hose.
Ich bemühte mich um einen fröhlichen Tonfall und sagte allgemein: »Hallo, hallo.«
Carrie drehte sich lächelnd um. »Oh, hallo.« Sie schien wegen heute Nacht keineswegs verlegen zu sein, als sie mit einem Rührlöffel, an dem Porridge klebte, auf mich deutete und zu Luz sagte: »Das ist Nick.«
Luz’ Stimme klang selbstbewusst und höflich. »Hi,
Nick.«
»Noch mal vielen Dank, dass du mir die Sachen gebracht hast«, sagte ich, was mit einem routinemäßigen »Bitte sehr!« beantwortet wurde.
Carrie schöpfte Porridge in eine weiße Keramikschale, die hoffentlich für mich war. »Setzen Sie sich, Nick. Kaffee?«
Ich tat wie geheißen. »Bitte.« Bis ich meinen Stuhl herangerückt hatte, stand das Porridge vor mir. Neben meinem Platz lag ein Bündel aus vier Bananen, und Carrie tippte an einen grünen Krug, der mitten auf dem Tisch stand. »Milch. Aus Milchpulver, aber daran gewöhnt man sich.«
Carrie wandte sich wieder ab, um Kaffee einzuschenken. Luz und ich saßen uns essend gegenüber.
»Luz, willst du Nick nicht erklären, wie bei uns alles funktioniert? Schließlich ist er hier, um das zu erfahren. Erzähl ihm von unserer neuen Stromversorgung.«
Auf ihrem Gesicht erschien ein Lächeln, das Zahnspangen an blendend weißen Zähnen enthüllte. »Wir haben natürlich einen Generator«, sagte sie ernsthaft und sah in meine eineinhalb Augen, die ihren Blick erwiderten. »Er versorgt das Haus mit Strom und lädt zugleich zwei parallel geschaltete neue Akkusätze. Die sind für Notfälle und zur Überbrückung der Zeit, in der das Aggregat nachts nicht laufen soll.« Sie kicherte. »Mom flippt völlig aus, wenn der Generator spät nachts noch läuft.«
Ich lachte — aber nicht so sehr wie Luz, die sich dabei an ihrer Milch verschluckte. Carrie kam mit zwei dampfenden Kaffeebechern an den Tisch. »Das ist überhaupt nicht lustig.«
»Warum kommt mir dann Milch aus der Nase?«
»Luz! Wir haben Besuch!« Während sie Milch in ihren Kaffee goss und mir dann den Krug hinschob, betrachtete sie Luz mit so viel Liebe und Nachsicht, dass mir dabei unbehaglich zu Mute war.
Ich nickte zum Herd hinüber. »Ihr habt also auch Gas?«
»Richtig.« Luz setzte ihren Vortrag fort. »Propangas in Flaschen. Es wird jeden fünften Donnerstag von einem Hubschrauber gebracht, der auch das übrige Zeug liefert.« Sie sah zu ihrer Mutter hinüber, als erwarte sie eine Bestätigung. Carrie nickte. »Die Universität chartert einen Hubschrauber für Versorgungsflüge zu allen sechs Forschungsstationen im Landesinneren.«
Ich machte ein interessiertes Gesicht, obwohl ich in Wirklichkeit lieber darüber gesprochen hätte, wie ich das Gewehr,
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