Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz
Straße. Ich drückte
nochmals die Sprechtaste und grinste dabei wie ein Idiot, der in sein Handy schwatzt. »Hallo, hallo, hört mich jemand?«
Sie mussten zum Palais de la Scala unterwegs sein. Sie waren jetzt auf meiner Straßenseite und gingen die Avenue Saint-Michel hinunter. Das wusste ich, weil dieser Name wie alle hiesigen Straßennamen dicht über meinem Kopf in eine luxuriöse Steintafel eingehauen war.
Nur fünfzig Meter hügelabwärts folgten sie einer
Rechtskurve der Avenue und wurden für mich
unsichtbar. Genau vor ihnen, ungefähr zweihundert Meter jenseits gepflegter Rasenflächen, Springbrunnen und vor Frost geschützten Pflanzen, lag das Spielkasino mit seinen Legoland-Polizisten. Aber sie hatten noch ungefähr fünfzig Meter bis zum Ende der Avenue Saint-Michel, wo sie nochmals abbiegen konnten.
Als ich die Verfolgung aufnahm, drückte ich erneut meine Sprechtaste. »Hallo, hallo, hallo. Hört mich jemand?« Wieder keine Antwort.
33
Hinter den Romeos wollte ich nicht bleiben, weil das eine zu passive Rolle gewesen wäre. War ich tatsächlich der Einzige aus unserem Team, der sie in Sicht hatte, musste ich jetzt Loftis Job übernehmen und im Palais de la Scala auf sie warten, wenn sie zu ihrem Treff mit dem
Hawallada aufkreuzten. Aber das bedeutete, dass ich sie überholen musste, und falls sie am Ende der Avenue auf die Querstraße abbogen, saß ich schön in der Scheiße.
Ich folgte der Saint-Michel und plauderte breit
lächelnd mit einer imaginären Freundin. »Hallo, hallo, hier November.« Wieder nichts. Vielleicht standen sie im Stau; vielleicht war Lofti hier, aber unten in der Tiefgarage. Jedenfalls musste ich einen Entschluss fassen.
Um die Kurve abzuschneiden, die sie zum Spielkasino bringen würde, bog ich auf eine Steintreppe ab. Sie führte direkt den Hügel hinunter zu einem Apartmentgebäude und war so ausgetreten, dass ich hoffte, sie werde sich als häufig begangene Abkürzung erweisen.
Ich rannte zwischen exotischen Pflanzen und
langweiligen grauen Wohnblöcken hindurch bergab, hielt meine Bauchtasche und die Pistole mit der rechten Hand fest und sah mehrmals auf die Traser, als fürchtete ich, zu einem Termin zu spät zu kommen, bis ich die untere Straße erreichte. Dort lag das Spielkasino ungefähr hundertfünfzig Meter halblinks von mir. Legoland-Polizisten hielten den Verkehr flüssig, damit die Ferrari und Rolls-Royce Parkplätze fanden. Die gepflegten Rasenflächen wurden von Sprinklern bewässert; direkt vor mir lag nur etwa hundert Meter entfernt die
Einmündung der Avenue. Ich wandte mich nach rechts, ohne mich groß umzusehen, denn die Romeos konnten schon an der Einmündung sein und auf mich zukommen.
Unterwegs tat ich immer wieder so, als sähe ich auf meine Armbanduhr, während ich an Damen in Pelzen
und teuren Geschäften vorbeihastete.
Als ich um die Ecke des Platzes mit dem Palais de la Scala bog, war nicht nur meine Stirn, sondern auch mein Rücken schweißnass. Lofti, der in der kleinen Anlage meine Meldungen hätte mithören sollen, um entscheiden zu können, wann es Zeit wurde, ins Palais zu gehen und den Treff zu beobachten, war nirgends zu sehen. Die einzigen Leute in der Anlage waren drei Baumpfleger in orangeroten Overalls, die auf einer Bank Pause machten.
Ich meldete mich erneut über Funk, bekam aber wieder keine Antwort. Also musste ich die Sache selbst in die Hand nehmen; wahrscheinlich war ich als Einziger aus unserem Team hier.
Ich marschierte auf die Glastüren der Einkaufspassage zu, atmete tief durch, um meinem Körper Sauerstoff zuzuführen, stieß einen Flügel mit der Schulter auf, wischte mir mit den Manschetten den Schweiß von der Stirn und ging an der Rezeption und dem Eingang mit der römischen Säule vorbei geradewegs auf das Café zu. An der Rezeption saß dieselbe elegant gekleidete Frau, die auch heute wieder telefonierte. Auch im Café saßen die gleichen Gäste, die diskret mit Handys telefonierten oder Zeitung lasen. Manche taten beides. Ich setzte mich so an einen der äußeren Tische, dass ich die Rezeption
beobachten, aber auch den Ausgang bei der chemischen Reinigung im Auge behalten konnte.
Während ich mein durchgeschwitztes Haar am
Hinterkopf andrückte, begann ich leicht nervös zu werden. Was war, wenn die Romeos ein anderes Ziel gehabt hatten? Scheiß drauf, ich hatte mich nun einmal für dieses entschieden. Ich würde einfach abwarten müssen, was passierte.
Der Kellner, bei dem ich einen Kaffee
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