Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz
lag. An Bord würde ein
Vernehmungsteam sie sich vorknöpfen, um
herauszubekommen, wer ihre Geschäftspartner in den USA waren. Die Zeit reichte nicht aus, um sie in die Staaten zurückzubringen; die Vernehmung musste vor Ort stattfinden. Für sie würde es schlimm sein, im Bauch dieses Kriegsschiffs aufzuwachen; die Vernehmer
würden ihre Arbeit nicht für irgendein abgelegenes Stück Dschungel oder Wüste tun, sondern um ihr eigenes
Fleisch und Blut in der Heimat zu schützen. Das würde einen großen Unterschied machen. Waren die
Hawalladas leer gesaugt, würden vielleicht auch sie ihre Köpfe verlieren. Das wollte ich gar nicht wissen, und es war mir auch ziemlich egal.
»FBI und CIA tun, was in ihrer Macht steht, um die hiesigen Zellen aufzuspüren«, sagte George. »Aber meiner Überzeugung nach sind diese Hawalladas der schnellste Weg zu den Kerlen, die zu Hause in New Jersey oder wo auch immer mit einer Lastwagenladung Sprengstoff sitzen, den sie mit Cäsium umhüllt haben.«
»Was ist, wenn die Quelle keine brauchbaren
Informationen liefert?«
George tat meinen Einwand mit einer Handbewegung
ab. »Alles ist noch im Fluss. Sie fliegen einfach rüber, treffen sich mit den beiden Kerlen, die Ihr Team bilden, und warten auf meine Nachricht wegen des Treffs mit der Quelle.«
Er fixierte mich durchdringend. »Dieser Job ist äußerst wichtig, Nick. Haben Sie Erfolg, überlebt keiner dieser Kerle den 14. Dezember, vom 24. Dezember ganz zu
schweigen. Aber unabhängig davon, was sonst passiert, dürfen diese Millionen nicht nach Algerien gelangen.«
Er lehnte sich wieder in seinen Sessel zurück und breitete die Hände aus. »Und es versteht sich von selbst, dass die Franzosen nichts erfahren dürfen. Es dauert seine Zeit, diesen ganzen Menschenrechts-, Verfahrens-und Bürokratenscheiß hinter sich zu bringen – das ist Zeit, die wir nicht haben.«
»Und wir müssen dafür sorgen, dass die übergebenen Hawalladas noch ihre Köpfe auf den Schultern haben, damit sie mit den richtigen Leuten plaudern können, stimmt’s?«
George nahm sich noch eine Coladose aus der
Minibar. »Das brauche ich Ihnen nicht eigens zu sagen, Nick. Tut jemand Ihnen etwas an und droht danach mit weiteren Anschlägen, müssen Sie ihm das Handwerk
legen. Punktum.«
Die Dose flog in den Papierkorb, und er begann, sein auf dem Bett liegendes Zeug einzusammeln und in
seinem Aktenkoffer zu verstauen. Die Besprechung war zu Ende. »Sie fliegen morgen früh ab. Ich wünsche Ihnen einen guten Flug – wie ich höre, gibt’s bei Air France erstklassige Weine.«
Er stand auf, rückte die Krawatte zurecht und knöpfte das Jackett zu. »Wir müssen viel nachholen, wenn wir diesen Krieg gewinnen wollen, Nick, und Sie spielen bei dieser Aufholjagd eine wichtige Rolle.«
Auf halbem Weg zur Tür drehte er sich noch mal um.
»Bis Sie umgelegt werden, versteht sich, oder ich einen Besseren finde.«
Er lächelte mich breit an, aber ich war mir keineswegs sicher, ob das scherzhaft gemeint war.
10
MITTWOCH, 21. November, 10.37 UHR
Ich saß in der Laverie am Boulevard Carnot, sah zu, wie meine Bettlaken sich in der Waschmittelbrühe drehten, und war halb taub von dem ständig tosenden
Verkehrslärm, der selbst die Arbeitsgeräusche der Waschmaschinen übertönte. Ich wartete auf den Treff mit der Quelle. Unser Treff sollte um 11 Uhr jenseits des viel befahrenen Boulevards in der Brasserie Le Natale
stattfinden – im Lokal selbst oder draußen auf dem Gehsteig, je nachdem, für welchen Tisch die Quelle sich entschied. Diese Entscheidung lag bei ihr, was mir nicht sonderlich gefiel.
Die Temperatur war an diesem Vormittag auf milde 18
Grad gestiegen. Ich trug die dünnsten Sachen, die ich aus Boston mitgebracht hatte – Jeans und ein Timberland-Sweatshirt –, aber wenn ich mir manche Passanten ansah, wäre auch ein Winterpelz nicht fehl am Platz gewesen.
Das Le Natale war ein Café-tabac , in dem man ein Lotterielos kaufen und ein Vermögen gewinnen, den gesamten Gewinn auf ein Pferd setzen, beim Mittagessen oder einer Tasse Kaffee das Rennen verfolgen und im Hinausgehen noch eine Autobahnvignette und ein
Briefmarkenheftchen kaufen konnte.
Den Waschsalon hatte ich ausgesucht, um hier gut
getarnt warten zu können. Die Bettlaken hatte ich gestern gekauft, nachdem ich die nähere Umgebung erkundet hatte. Man braucht immer einen Grund, um irgendwo zu sein.
George hatte mir vor drei Tagen gesagt, die Quelle würde genauere Angaben
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