Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz
etwas für Weihnachten vorbereiten. Aber wir haben keine Ahnung, auf welches Ziel sie’s abgesehen haben –
und das ist der Punkt, an dem Ihre Arbeit beginnt.«
Wir waren geradewegs ins Hilton am Logan Airport
gefahren, und draußen war es bei unserer Ankunft bereits dunkel geworden. George hatte mein Zimmer lange im Voraus gebucht. Dieser Scheißkerl hatte genau gewusst, wie Carrie reagieren würde, wenn sie die Wahrheit erfuhr, und hatte in der Küche sitzend auf mich gewartet, als ich ins Haus zurückkam. Er hatte mir nicht gerade den Arm auf den Rücken drehen müssen, damit ich wieder für ihn arbeitete. Meinen Entschluss hatte ich bereits auf dem Rückweg in die Gregory Street gefasst – oder
vielmehr war er für mich gefasst worden. Tatsache war, dass ich nirgends hingehen konnte. Was hätte ich sonst tun sollen? Mir in der Nähe ein Motelzimmer nehmen und versuchen, mich in den kommenden Monaten mit
Carrie auszusöhnen, während ich im Yacht Club Bier zapfte? Nach Großbritannien zurückgehen? Dort
erwarteten mich nur Schwierigkeiten; dafür würde
George schon sorgen. Nein, wollte ich in den USA
bleiben, um Kelly besuchen und mir vielleicht ein normales Leben aufbauen zu können, musste ich mich an seine Spielregeln halten. Mein Nahziel musste es sein, mir einen echten Pass zu verdienen; wie es danach weiterging, würde ich sehen, wenn dieser Auftrag
ausgeführt war. Nun, das alles hatte ich mir auf meinem halbstündigen Rückweg überlegt, und meine
Überlegungen waren mir halbwegs vernünftig
vorgekommen.
»Man muss sich fragen, Nick, was beängstigender ist: der Lärm oder die Stille? Wir wussten schon vor dem 11.
September, dass es bei uns Al-Qaida-Zellen gibt, und die haben sich nicht plötzlich in Luft aufgelöst.« George saß in dem Sessel links neben Fernseher und Minibar; er hatte ihn etwas zur Seite gedreht, damit er mich sehen konnte, während ich ausgestreckt auf dem Bett lag.
»Haben Sie irgendwelche Informationen über sie?«
»Schön wär’s …« Er tippte nochmals auf die Zeitung.
»Angeblich haben alle einen fanatischen Blick und tragen einen Vollbart – aber das stimmt nicht. Diesseits des Atlantiks sind sie ganz gewöhnliche, angesehene Leute.
Computertechniker, Buchhalter, Immobilienmakler;
manchmal sogar hier geboren und aufgewachsen.« Er sah sich in dem Zimmer um. »Auch Hotelportiers, manchmal Familienväter mit 2,4 Kindern, einem Van und einer Hypothek auf dem Haus. Sie brauchen sich nicht in ethnischen Gettos zu verstecken, Nick. Sie leben in unseren Stadtvierteln, kaufen in unseren Geschäften ein, tragen Gap … hey, trinken sogar Cola.« Er nahm sich eine Dose aus der Minibar und zog den Aufreißring hoch.
»Diese Leute sind gebildete, intelligente Stützen der Gesellschaft. Sie kommen schon als Kinder ins Land, verhalten sich unauffällig, passen sich an, warten den rechten Augenblick ab – klassische Schläfer. Aber sie müssen nicht einmal Ausländer sein. In unseren eigenen Gefängnissen konvertieren Kerle zu Hunderten zum
Islam, aber ganz sicher nicht, um muslimische Billy Grahams zu werden …«
Er lehnte sich zurück, ließ die Dose auf seinem Knie stehen. »Wir wissen nicht, aus welchen oder wie vielen Leuten die Zellen bestehen. Wir wissen nur, dass diese Schweinehunde sich dafür bereithalten, am 24. Dezember auf den Knopf zu drücken.«
Aus seinem Alu-Aktenkoffer zog er einige Papiere und eine Hand voll Flugtickets für Nick Scott.
»Dies sind Fotokopien von Material, das die Special Forces in Afghanistan entdeckt haben, Protokolle von Gefangenenvernehmungen und detaillierte Angaben über al-Qaida aus Pakistan.« Er lehnte sich wieder zurück, während ich die ersten Seiten überflog. »Die Unterlagen bestätigen dreierlei. Erstens: Al-Qaida besitzt das Fachwissen, um radioaktive Bomben zu bauen. Zweitens: Sie haben sich in den USA größere Mengen von
radioaktivem Material beschafft. Und drittens: Sie haben die Absicht, es am 24. Dezember einzusetzen. In Form von ›schmutzigen Bomben‹ – Sie wissen, was ich
meine?«
Das wusste ich sehr gut. Diese Dinger bestanden aus herkömmlichen Sprengladungen, die mit einer Hülle aus radioaktivem Material umgeben waren. Bei der
Detonation entstanden nicht nur Schäden durch die konventionelle Sprengwirkung, sondern die Bombe setzte auch ungeheure Mengen an Radioaktivität frei. Ein Gebiet von der Größe Manhattans – bei Wind natürlich größer – würde abgesperrt werden müssen,
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