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Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz

Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz

Titel: Nick Stone - 05 - Tödlicher Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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deshalb hatte ich meine Überlegungen letzte Nacht mit dem Mantra abgebrochen, das ich immer murmelte, wenn ich verhindern wollte, dass ich zu intensiv über etwas nachgrübelte: »Scheiß drauf.«
    Dieser Treff mit der Quelle war die erste von vielen hoch riskanten Aktivitäten, die mein Team in den
    kommenden Tagen würde unternehmen müssen. Ich hatte keine Ahnung, wer die Quelle war; ich musste annehmen, die Franzosen oder sogar al-Qaida selbst seien ihr bereits auf der Spur, was bedeutet hätte, dass ich gleich am ersten Tag richtig in die Scheiße geraten würde.
    Das Café hatte große Schaufensterscheiben aus
    ungetöntem Glas, die weder durch Poster noch Jalousien beeinträchtigt wurden – auch das gefiel mir nicht. Sie waren zu durchsichtig für andere Leute, vor allem für Leute mit Teleobjektiven. Eine Markise aus rotem
    Segeltuch beschattete einige der auf dem Gehsteig stehenden Tische für Gäste, die nicht in der Sonne sitzen wollten. An zwei Tischen unter der Markise lasen ältere Herren ihre Zeitung; an einem anderen saßen mehrere ältere Damen, die ein angeregtes Gespräch über die Frisuren ihrer affig aufgeputzten Pudel zu führen schienen. Auf den ersten Blick ein stinknormaler
    Spätherbstmorgen an der Riviera.
    Einige der vorbeikommenden Frauen schienen
    Italienerinnen zu sein. Sie gingen eigentlich gar nicht, sondern schienen in ihren Nerzen dahinzugleiten, aber in Wirklichkeit wichen sie nur Pudelscheiße aus. In Cannes schien jedermann einen dieser teuer frisierten kleinen Scheißer zu haben, um ihn an einer reich verzierten Leine auszuführen oder ihn liebevoll zu beobachten, während er mitten auf den Gehsteig kackte. Seit meiner Ankunft hatte ich schon drei Ladungen von meinen Timberlands abkratzen müssen, aber jetzt verstand ich mich auf den
    »Cannes Shuffle«, das mehr oder weniger elegante He-rumkurven um unliebsame Hinterlassenschaften.
    Rechts von mir stieg der Boulevard sanft an, wurde steiler, als er auf zwei bis drei Kilometern zwischen Autoverkaufsplätzen und unattraktiven Wohnblocks
    hindurchführte, und erreichte dann die Autoroute 8, die einen in ungefähr einstündiger Fahrt nach Nizza und Italien oder in Gegenrichtung nach Marseille und
    Spanien brachte.
    Links von mir, in etwa fünf Minuten zu Fuß zu
    erreichen, lagen der Bahnhof, der Strand und die
    wichtigsten Touristenattraktionen. Aber der einzige Teil der Stadt, der mich heute interessierte, lag hier am Boulevard Carnot. In ungefähr einer Viertelstunde sollte dort drüben die Quelle in Jeans und einem roten
    Kaschmirpullover aufkreuzen; sie würde sich an einen der Tische setzen und eine vier Wochen alte Ausgabe von Paris-Match mit Julia Roberts auf dem Cover lesen.
    Die äußeren Umstände dieses Treffs gefielen mir
    nicht. Ich hatte gestern dort drüben einen Kaffee getrunken und ein Croissant gegessen, um die Örtlichkeit zu erkunden, und keinen Fluchtweg entdecken können.

    Das waren schlechte Voraussetzungen: große Fenster, durch die jedermann ungehindert beobachten konnte, was drinnen geschah, und ein exponierter Gehsteig vor dem Café. Falls jemand durch den Haupteingang
    hereingestürmt kam, konnte ich nicht über eine
    Feuertreppe auf der Rückseite des Gebäudes
    verschwinden oder auf die Toilette gehen und durch ein Fenster hinausklettern. Ich würde riskieren müssen, durch die mir unbekannte Küche zu flüchten. Aber mir blieb nichts anderes übrig: Ich musste Kontakt mit der Quelle aufnehmen.
    Die Tür des Trockners hinter mir sprang auf und ließ eine ganze Ladung sehr lebhaft geblümter Bettwäsche erkennen. Ich verlagerte mein Gewicht auf die linke Gesäßbacke und rückte die Bauchtasche zurecht, die vor meinen Jeans hing und Reisepass und Geldbörse enthielt.
    Von dieser Tasche trennte ich mich nie, und damit sie bei mir blieb, hatte ich einen festen Stahldraht durch den Gurt gefädelt. Im Gedränge benutzten Taschendiebe hierzulande Kappmesser, um solche Gurte zu
    zerschneiden, aber das würden sie bei diesem nicht ohne weiteres schaffen.
    Die alte Frau murmelte weiter etwas von sich hin, dann erhob sie die Stimme, als wollte sie mich zum Zeugen für den beschissenen Zustand dieser Maschinen anrufen. Ich wandte mich ihr zu und tat, was von mir erwartet wurde. »Oui, oui« , sagte ich, lächelte und wandte mich wieder dem Ziel auf der anderen
    Straßenseite zu.
    Vorn in meinen Jeans steckte eine ausgeleierte 9-mm-Pistole, eine Browning aus den achtziger Jahren mit dreizehn Schuss im Magazin.

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