Nick Stone 05 - Tödlicher Einsatz
sich ins Holz eines Baumes fraß. »November, Sprechprobe.« Seine Stimme klang besorgt, weil er nicht wusste, was drinnen vor sich ging, und sich vergewissern wollte, dass alles in Ordnung war.
Ich antwortete mit einem Doppelklick, als die Tür zur Rezeption sich öffnete und ein hoch gewachsener, dunkelhäutiger, schwarzhaariger Mann herauskam, dessen ergraute Schläfen ihn sehr distinguiert wirken ließen. Er war über einen Meter achtzig groß und schlank, kein Araber, vielleicht ein Türke oder Afghane.
Die Männer gaben sich nicht die Hand. Er trug einen teuer aussehenden marineblauen Anzug, schwarze Slipper und ein bis oben zugeknöpftes schneeweißes Hemd ohne Krawatte. Vielleicht weigerte er sich wie viele Leute, eine zu tragen, weil sie ein Symbol des Westens war. Oder vielleicht war er ein Opfer irgendwelcher Modevorstellungen. Ich würde die Jungs an Bord des Kriegsschiffs bitten, ihn später danach zu fragen.
Nachdem sie mit sehr ernsten Mienen kaum ein halbes Dutzend Worte gewechselt hatten, setzten sie sich in Bewegung und gingen zu dem Ausgang der Einkaufspassage, durch den die beiden Männer hereingekommen waren. Ich warnte Lofti. Klick, klick. Klick, klick.
Lofti meldete sich sofort. »Sie kommen heraus?«
Klick, klick.
»Durch dieselbe Tür?«
Klick, klick.
Sie verschwanden ins Freie, und kaum drei Sekunden später meldete Lofti sich erneut. »Lima hat Romeo eins, zwo und drei in Sicht. Sie gehen nach rechts, vom Ausgang gesehen nach rechts. Auf die Rückseite des Gebäudes zu.«
Ich stand vom Tisch auf und antwortete mit einem Doppelklick, während ich meine Tasse mit der Serviette abwischte. Lofti berichtete mit dem Geräusch der Kettensäge im Hintergrund weiter, als ich die Serviette in meine Jackentasche stopfte, wo sie sich zu der Gebäckverpackung und dem Plastikbecher aus BSM gesellte. »Romeo eins, zwo und drei sind zu Fuß nach rechts unterwegs, weiter auf der rechten Straßenseite. Ungefähr auf halbem Weg zur Rückseite des Palais. Sie reden nicht miteinander. Romeo eins ist weiter wachsam, sie gehen ziemlich rasch.«
Ich stieß die Glastür mit dem Ellbogen auf und trat in eine Kakophonie aus Verkehrslärm und Sägegeräuschen. Dabei machte ich mir nicht die Mühe, mich nach Lofti umzusehen. Ich wusste, dass er irgendwo in der Nähe war.
»Soll ich hier bleiben?«
Ich drückte die Sprechtaste zweimal, während ich auf meiner Straßenseite nach rechts ging und wieder die Sonnenbrille aufsetzte.
34
Sie hatten ungefähr zwei Drittel der schmalen Straße zurückgelegt, die zur Rückseite des Palais mit den Büros und Lagerräumen führte. Sie redeten noch immer nicht miteinander, aber Romeo eins hatte immerhin aufgehört, sich wachsam umzusehen. Er trug jetzt die Tennistasche über der linken Schulter und blieb etwas hinter den beiden anderen zurück, weil der Gehsteig nicht breit genug für drei Männer nebeneinander war. Sie hatten eine gute Route gewählt, die frei von Überwachungskameras war; die einzigen Beschränkungen, die es hier gab, waren die siebzig
Zentimeter hohen gusseisernen Poller, die verhinderten, dass Leute auf dem Gehsteig parkten. Nach ortsüblichen Überwachungsstandards herrschte hier eine sehr entspannte Atmosphäre.
An der Ecke des Palais bogen sie rechts ab und gerieten außer Sicht. Ich ging schneller, damit sie nicht unbeobachtet durch eine Tür verschwinden konnten. Ich drückte die Sprechtaste. »Die drei Romeos sind jetzt auf der Rückseite des Gebäudes, vorübergehend außer Sicht.«
Lofti quittierte das mit einem Doppelklick. Ich konnte nicht beurteilen, ob er die Romeos sehen konnte, aber das spielte keine Rolle, solange er informiert war. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass Hubba-Hubba mithören, aber nicht senden konnte, während er auf dem Weg zu uns war.
An der Ecke überquerte ich die Straße und begann ein Geräusch zu hören, das an Einkaufswagen erinnerte, die von einem Angestellten eines Supermarkts auf dem Parkplatz eingesammelt und zurückgeschoben werden. Von der Ladefläche eines Lastwagens, der rückwärts an die Ladebucht herangefahren war, wurden Rollcontainer in die Hauptpost geschoben. Nachdem ich die Straße überquert hatte, bog ich gerade rechtzeitig ebenfalls rechts ab, um zu sehen, wie die drei Männer durch eine Stahltür neben einem Garagentor vor der Ladebucht verschwanden.
Als die Tür hinter ihnen zufiel, arbeitete mein Gehirn auf Hochtouren. Offenbar sollte die Geldübergabe hier stattfinden - oder
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