Nick Stone 05 - Tödlicher Einsatz
»Habe ich irgendwas vergessen?«
Wir saßen schweigend da und ließen uns alles noch einmal durch den Kopf gehen, bevor ich die Einsatzbesprechung abschloss. »Bevor ihr heute in BSM in Stellung geht, müsst ihr beide losfahren und euch die beiden anderen Zielorte ansehen. Fahrt nach Nizza, fahrt nach Cannes, macht euch mit den Örtlichkeiten vertraut. Aber fahrt nicht nach Monaco. Dorthin sollten wir nur fahren, wenn’s sein muss, denke ich.«
Während wir alle Zeiten rekapitulierten, wühlte ich in meiner Bauchtasche und zog meine Telefonkarte heraus. Die beiden folgten meinem Beispiel. »Null-vier-neun- drei.« Ich deutete auf Hubba-Hubba.
»Vier-fünf.«
Ich nickte Lofti zu, der die restlichen Ziffern ergänzte. Dieser Vorgang mit der Telefonnummer wiederholte sich noch mehrmals, bis sie unauslöschlich in unser Gedächtnis eingebrannt war.
Als Nächstes spielten wir das Adressenspiel, das genauso ablief wie das mit der Nummer des Piepsers. Ich begann mit der Adresse in Cannes, hörte in der Mitte auf und gab den Stab an Lofti weiter, der sie ergänzte, die halbe Adresse in Nizza aufsagte und auf Hubba-Hubba deutete, der sie seinerseits ergänzte. Dieses Spiel spielten wir, bis wir in der Ferne Sirenengeheul hörten - vermutlich ein Löschfahrzeug mit Polizeieskorte, das ungefähr eine halbe Stunde zu spät kam, um das brennende Auto zu löschen und größere Schäden an den Wohnungen darüber zu verhindern.
»Für uns wird dies die gefährlichste Zeit.« Ich beugte mich mit auf die Knie gestützten Ellbogen nach vorn, wobei der Plastiküberzug knirschte und meine Narrenschellen leise erklangen. »Bisher haben wir viel Effizienz für Sicherheit geopfert. In Zukunft sieht’s genau umgekehrt aus. Wir benutzen Funkgeräte, um unsere Absichten zu verbreiten; wir müssen uns außerhalb eines sicheren Hauses treffen; wir bewegen uns im Freien, wo wir verwundbar sind und entdeckt werden können. Nicht nur von den Romeos und den Hawallada, sondern auch von Polizei und Geheimdiensten.« Ich deutete auf die Fenster mit den geschlossenen Läden. »Von denen dort draußen, den unbeteiligten Dritten, ganz zu schweigen.« Die Kinder und Jugendlichen kreischten vor Aufregung, während sie die Feuerwehrleute ärgerten. Es musste scheußlich sein, zu versuchen, einen Brand zu löschen, während man mit Vogelkadavern beworfen wurde. Ich fragte mich, ob man sich daran jemals gewöhnen konnte. »Das sind die Leute, die uns im Einsatz jede Minute lang beobachten werden. Aber wenn wir vorsichtig sind, können wir am Dienstagmorgen alle wieder dort sein, wo wir hingehören.«
Ich stand auf und zog den durch statische Elektrizität hartnäckig anhaftenden Plastiküberzug von meinen Jeans weg. Lofti beobachtete mich weiter. »Wohin gehörst du,
Nick? Das ist die vielleicht größte Frage.«
Irgendwie konnte ich seinen Blick nicht abschütteln, obwohl er mit seiner Duschhaube lächerlich aussah.
»Für alle von uns, meine ich.« Lofti machte eine Pause, wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich habe über Allah nachgedacht und hoffe, dass er nicht will, dass wir hier sterben, weil ich dies alles für meine Familie tue. Ich wäre lieber bei ihr, wenn meine Zeit kommt. Aber was ist mit dir, Nick?«
Hubba-Hubba rettete mich. »Hör nicht auf ihn. Solche Anwandlungen hat er schon gehabt, als wir noch Kinder waren.«
Ich ließ mich zurückfallen und starrte sie prüfend an. »Klar, ihr seid Brüder. Das hätte ich erkennen müssen .«
Was ich jedoch erkannte, war die Tatsache, dass wir uns hier auf ein gefährliches Gebiet begaben. Normalerweise hätten wir nicht mehr übereinander wissen dürfen, als wir unbedingt wissen mussten. Dann dachte ich: Scheiß drauf, wir befinden uns längst auf gefährlichem Gebiet. »Wieso habt ihr beide diesen Beruf ergriffen? Ich meine, für einen Familienvater ist er doch ziemlich ungewöhnlich? Ist das eine ägyptische Spezialität, seid ihr alle verrückt oder was?«
Hubba-Hubba lächelte. »Nein, ich bin hier, um Amerikaner zu werden. Nächsten Monat um diese Zeit lebt meine Familie schon in Denver.« Er boxte seinen Bruder freudestrahlend gegen den Oberarm. »Warme Jacken und Skikurse.«
Lofti musterte seinen Bruder nachsichtig wie einen
Hundewelpen.
»Was ist mit dir?«, fragte ich ihn.
Lofti schüttelte langsam den Kopf. »Nein, ich bleibe, wo ich bin. Mir gefällt’s dort, meiner Familie gefällt’s dort.« Er berührte Hubba-Hubbas Schulter. »Und er tut’s nicht wegen warmer
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