Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen
Informanten zu.
Suzy ergriff das Wort. »Wir sind aus demselben Grund wie gestern hier, okay? Falls es Probleme gibt,
verschwinden wir durch den Hinterausgang, und ich möchte, dass Sie …«
Sie zeigte auf den Informanten, aber bevor sie
weitersprechen konnte, warf ich ein: »Nein, wir benutzen den Ausgang zur Straße; er verschwindet nach hinten heraus.«
Sie verzichtete wohlweislich darauf, eine Begründung dafür zu verlangen; die hatte Zeit bis später. »Okay, dann machen wir’s so.« Sie lächelte den Informanten an, als bitte sie ihn um den Zucker, und fragte: »Also, was haben Sie für uns?« Sie beugte sich nach vorn und trank einen Schluck von ihrem Kaffee, und ich folgte ihrem Beispiel.
Auch unser Mann beugte sich nach vorn und fing an, mit seiner Zuckertüte zu spielen. »Das Active Service Unit … Ich weiß, wo es ist.«
»Hat es, was wir wollen?«, fragte ich.
»Natürlich.«
Wir warteten darauf, dass er weitersprechen würde, aber er hüllte sich in Schweigen. Seine Pranken spielten weiter mit der kleinen Zuckertüte. Ich fragte mich, was er wirklich von Beruf war.
Suzy hatte bald genug. »Okay, wo ist das ASU?«
Er hob ruckartig den Kopf. »Warum haben Sie mich
gestern beschattet? Sie hätten einfach fragen können, wo ich wohne.«
»Wie kommt’s, dass Sie draußen zwei Männer haben, wenn Sie allein sind? Wer überwacht hier wen?«
Das gefiel ihm: sich zurückzulehnen und einen kleinen Schluck Kaffee zu nehmen, während er nachdachte. »Der Terrorismus, mit dem Sie es jetzt zu tun haben, führt keine taktischen Angriffe, um eine Regierung an den Verhandlungstisch zu zwingen. Ihm geht es darum,
möglichst viele Menschen zu töten. Sie kämpfen jetzt gegen Männer und Frauen, die fünfmal täglich darum beten, den Märtyrertod zu sterben.« Er machte eine Pause, um dann effektvoll hinzuzufügen: »›Wie ihr uns tötet, töten wir euch.‹«
Ich hob die Hände. »Hey, schon gut, schon gut.«
»Ihr Leute wisst überhaupt nichts. Ihr lebt allein in der Gegenwart, denkt nur an den elften September. Euch fehlt jegliches Geschichtsverständnis. Ihr sprecht von Dschihadisten als bewohnten sie eine Welt, in der die Zeit komprimiert ist und alles Unrecht, das ihr Volk seit Jahrhunderten erduldet hat, sich durch ein paar Jahre Märtyrertum aus der Welt schaffen ließe. Dies ist nur der Beginn der dritten Welle …«
»Wo sind die Leute?« Suzy war ebenso sauer wie ich, ließ sich das aber mehr anmerken. Das gefiel ihm. Er schloss kurz die Augen. »Sie sind in einer Stadt namens King’s Lynn.«
Suzy machte ein überraschtes Gesicht. »Was? In East Anglia?«
Er zog irritiert die Schultern hoch, spielte wieder mit seiner Zuckertüte. »Woher soll ich wissen, wo das liegt?
Ich weiß nur, dass sie dort sind.«
»Ist das alles, was Sie haben?«, fragte ich. »King’s Lynn ist nicht gerade klein.«
Der Informant sah zu mir herüber. Seine Augen waren so blutunterlaufen, dass ich fürchtete, sie könnten aus ihren Höhlen kullern. »Das Haus steht in der Sir Lewis Street. Die Nummer achtundachtzig.«
»Wie viele sind dort?«
»Sonst weiß ich nichts. Absolut nichts.«
Ich beugte mich über meine Tasse nach vorn. »Sind sie bewaffnet?«
»Genug! Ich habe Ihnen alles erzählt, was ich weiß.«
Suzy hatte noch eine weitere Frage. »Wie haben Sie das mit King’s Lynn rausgekriegt?«
Er stand auf, ohne zu antworten, verabschiedete sich höflich, um den Schein zu wahren, und verschwand
durch den Hinterausgang.
Ich nickte hinter ihm her. »Dort hat Blau gesessen, als ich reingekommen bin.«
Sie kramte einen Filzschreiber aus ihrer
Umhängetasche und notierte sich die Adresse in King’s Lynn, bevor wir das Starbucks verließen und zu unserem Wagen zurückgingen. Unterwegs tippte ich auf ihre Tasche. »Vergiss den Lagebericht nicht.«
»Willst du nicht mit ihm reden?«
»Nö. In meinem Horoskop steht, dass ich möglichst wenig mit Arschlöchern reden soll.«
Sie schaltete ihr Nokia ein und telefonierte, während wir durch Smithfield gingen. »Wir kommen gerade von dem Treff.« Eine Pause. »King’s Lynn.« Wieder eine Pause. »Ja, genau … Nummer 88 in der Sir Lewis
Street.« Sie schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht –
vielleicht vier bis fünf Stunden?« Sie nickte. »Ja, Sir.«
Ich hielt drei Finger hoch und flüsterte übertrieben deutlich: »Drei!«
»Sir, wir müssten in drei Stunden dort sein.« Danach dauerte es eine Zeit lang, bis sie wieder zu Wort
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