Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen
ich übergeschnappt. »Nur so kann ich mir Quebec merken.
Verstehst du? ›Hier kommt die Braut, daa-daa-didaaa.‹«
Ich murmelte weiter vor mich hin, während ich die Maglite nach oben richtete und den Buchstaben Q
morste. An Bord des Hubschraubers würden sie den
winzigen weißen Lichtpunkt auf einer dunklen Fläche sehen – und wenn sie’s nicht taten, würde ich einfach weitermachen, bis sie ihn sahen.
Hier kommt die Braut, daa-daa-didaaa.
Der Lärm am Himmel wurde ein brausendes Röhren,
und Sekunden später sah ich den Hubschrauberbug nur fünfzehn Meter vor uns, als die Maschine tief anflog. Ich richtete den Strahl der Maglite vor mir auf den Boden –
als Orientierungspunkt für den Piloten und um
sicherzustellen, dass das Licht ihn nicht blendete. Die Silhouette des Hubschraubers zeigte mir, dass er ein Bell 206 JetRanger war.
Er schwebte noch einige Sekunden lang, und sein
Rotorabwind beutelte uns, bevor er keine zehn Meter von uns entfernt aufsetzte. Ich schaltete die Maglite aus, und das Warnlicht unter dem Bauch der Maschine blitzte einmal rot auf, um uns einen Orientierungspunkt für den Fall zu geben, dass wir sie nicht gesehen hatten. Als ob das möglich gewesen wäre.
Suzy rannte an mir vorbei zum Bug der JetRanger und dann auf die andere Seite, wo die Tür geöffnet wurde. Ich folgte ihr mit meiner Bereitschaftstasche auf der Schulter in gebückter Haltung. Ich wusste nie, weshalb Leute das machten, weil die Rotoren sich immer weit über
Kopfhöhe befinden.
Der Rotorabwind traf mein Gesicht und zerrte an
meiner Kleidung, als ich ihr auf die andere Seite folgte, und der Abgasgeruch war schier überwältigend.
Ich warf meine Tasche vor mir durch die Tür und hatte dann Suzys Hinterteil vor mir, weil ich schon
einzusteigen versuchte, während sie sich bemühte, ihre eigene Tasche hinter den Sitzen zu verstauen. Wir schafften es schließlich und knallten die Tür hinter uns zu, sodass wir in einer kleinen Welt aus Wärme und relativ wenig Lärm eingeschlossen waren. Ich konnte Kaffee riechen, aber der Geruch von Suzys Erbrochenem war stärker.
Die JetRanger hob ab. Der direkt vor mir sitzende Pilot trug eine Nachtsichtbrille, die an ein kleines Fernglas erinnerte, das von einem Kopfgeschirr mit ungefähr einem Zentimeter Abstand vor seinen Augen gehalten wurde. Grünliches Leuchten erfüllte sie, als der Pilot den Wiederstart durchführte.
Suzy drehte sich um und fing an, die Taschen tiefer hinter die Sitze zu stopfen, damit wir mehr Platz hatten, und dann übertönte der Triebwerkslärm alles andere.
Reden wäre zwecklos gewesen, was mir nur recht war.
Der Mann auf dem Sitz neben dem Piloten drehte sich um, bis er uns fast ganz zugekehrt war. Er trug eine HörSprech-Garnitur, deren Mikrofon fast seine Lippen berührte. Ich konnte sehen, dass er ein kleiner,
lächelnder, freundlicher Mittdreißiger mit dunklem Lockenhaar war. Er hielt sich Daumen und Zeigefinger der linken Hand an Ohr und Mund, als telefoniere er mit einem Handy, und rief fast entschuldigend: »Das
Telefon, bitte? Das Telefon?« Er trug ein kariertes Flanellhemd offen über einem Herr-der-Ringe- T-Shirt, das sich über seinem Bauch spannte. Ich griff in die Innentasche meiner Jacke und zog das Motorola der jungen Frau heraus. Frodo nahm es entgegen und nickte dankend.
Die Lichter von Fakenham wurden kleiner und blieben hinter uns zurück, als der Pilot mit irgendeiner Stelle sprach, bei der Piloten sich melden mussten, wenn sie nachts heimlich über England unterwegs waren. Nun, vielleicht nicht ganz heimlich, denn diese Maschinen wurden von Privatunternehmen betrieben, deren Piloten gern Einsätze für die Firma flogen. Wozu eigene
Hubschrauber kaufen, wenn man sie stundenweise
mieten konnte? Außerdem war das eine bessere Tarnung.
Frodo der Techniker nahm die SIM-Karte aus dem
Handy und steckte sie in ein Gerät von der Größe eines Notebooks, das er auf den Knien hatte. Binnen Sekunden erschienen auf dem Bildschirm vor ihm Wörter und
Zahlen, und er sprach rasend schnell in sein Mikrofon.
Ich konnte nicht hören, was er sagte, aber ich vermutete, dass er über Funk mit dem Jasager oder sonst jemandem, der diese Angaben überprüfte, in Verbindung stand. Es würde nur wenige Minuten dauern, bis jeder Teilnehmer bekannt war, mit dem sie je telefoniert hatte.
Ich starrte blicklos aus dem Fenster, während ich in Gedanken wieder in Bromley war. Operativ gab es im Augenblick nichts zu veranlassen: Ich
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