Nick Stone 06 - Feind ohne Namen
Orgien gefeiert. Hier war eine ganze Trabantenstadt für Pendler entstanden, und für alle, die nicht auf dem M25 nach London zur Arbeit fahren wollten, gab es in ein paar Meilen Entfernung den Bahnhof Gravesend.
Ich rollte durch Bean, Greenhithe und Swanscombe und sah mir die Passanten für den Fall an, dass ich einen Haupttreffer erzielte und Suzy mir mit einer Einkaufstasche voller Bananen und Bio-Müsliriegel entgegenkam.
Alle Bauunternehmen der Welt zogen hier Wohnsiedlungen hoch, und ich fuhr ein wenig ziellos durch die Gegend. Die einzelnen Siedlungen hatten jeweils nur eine Einfahrt, von der Stichstraßen abzweigten, die in Sackgassen mit Namen wie Chancel View oder Orchard Way endeten, ohne dass irgendwo eine Kirche oder ein Apfelbaum zu sehen gewesen wäre. Manche der Häuser waren so neu, dass ihr Vorgartenrasen noch einer Schutthalde glich.
Ich sah zwei Bodenleger aus einem Reihenhaus kommen und hielt neben ihnen. »Wisst ihr zufällig, wo die Bovis-Siedlung liegt, Leute?«
Der ältere Mann zündete sich eine Zigarette an und beriet sich mit seinem jüngeren Kollegen, der eine GelFrisur hatte und ein T-Shirt mit aufgedruckter englischer Fahne trug. Das sah nicht sehr vielversprechend aus. »Weiß nicht recht.« Er nahm einen Zug. »Diese Scheißdinger sehen alle gleich aus, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Ich nickte dankend und wendete auf der Straße, um aus der Siedlung herauszukommen. Vor mir tauchte eine Tankstelle auf, und ich nutzte die Gelegenheit, um zu tanken und eine Kleinigkeit zu essen: ein Käsesandwich, Chips und dazu eine Flasche Cola.
Der Verkehr hatte zugenommen, als ich in Richtung Bluewater weiterfuhr; Hunderte von Autofahrern schienen Parklücken zu suchen. Aber ich fand schließlich einen freien Platz, auf dem ich parken konnte.
Drinnen unterschied das Bluewater sich optisch und akustisch nicht von unzähligen anderen Einkaufszentren
- Tonbandmusik aus Deckenlautsprechern und riesige Flächen mit Glas, Gummibäumen und Rolltreppen.
Online zu gehen war hier sehr einfach: Auf allen Etagen gab es reichlich BT-Internettelefone. Ich steckte meine fünfzig Pence in das Gerät und wählte mich bei Google ein. Die Website von Bovis Homes, zu der die Suchmaschine mich führte, war voller Bilder und Verkaufsangebote; der Bauträger warb für jede Menge Projekte in Kent, aber für keines, das hier in der Nähe lag. Die nächste Wohnsiedlung lag an der Grenze zu Surrey. Ich suchte noch etwas länger, um zu sehen, ob jemand wie das Umweltministerium ein Register aller Bauvorhaben in der Grafschaft führte, aber das schien nicht der Fall zu sein.
Ich kaufte mir ein Stück gut gewürzter Pizza und dazu noch eine Cola, bevor ich zu meinem Auto zurückging. Im Moment konnte ich nichts tun, außer der Versuchung zu widerstehen, wieder das Polaroidfoto herauszuholen.
Ich wischte mir die fettigen Hände an der Serviette ab, machte einen Rundgang um den Parkplatz, trank ab und zu einen Schluck Cola und kontrollierte die Blickrichtung zu in der Ferne sichtbaren Gebäudekomplexen. Inzwischen war es kurz nach 16 Uhr - mir blieben also noch etwa vier Stunden Tageslicht, um die von hier aus sichtbaren Wohnsiedlungen abzuklappern - und mindestens die halbe Nacht, falls ich länger dafür brauchte.
Ich setzte mich wieder in den Vectra und fuhr los. Nach ungefähr einer Stunde verschwammen die Neubaugebiete zu einem Einheitsbrei, als ich eine Straße nach der anderen mit neuen Reihenhäusern in Klinkerbauweise abfuhr, zwischen die ab und zu exklusivere Einzelhäuser im Tudorstil eingestreut waren
- alle mit geräumigen Doppelgaragen und BMWs oder Freelanders in den Einfahrten. Irgendwann landete ich in einer Sackgasse mit einer Ringstraße, die Warwick Drive hieß. Diese Siedlung war einige Jahre älter als die meisten anderen; das merkte man schon daran, dass der Rasen richtig angewachsen war. Hier war alles so tipptopp in Schuss, dass ich beinahe erwartete, die Frauen von Stepford auftauchen zu sehen, die synchron einkaufen gingen.
Ich fuhr auf dem Warwick Drive weiter. Das Bluewater war jenseits der Felder nur drei bis vier Kilometer entfernt. Vor mir an der Ringstraße entdeckte ich etwas, das mein Herz höher schlagen ließ: Der Ford Transit der Firma Mick Davies & Sohn, Wintergärten nach Maß, parkte vor einem Einzelhaus, über dessen Rasen ein Trampelpfad zu dem schmalen Durchsang zwischen Haus und Nachbarhaus führte.
In der Einfahrt stand kein Auto, deshalb parkte ich dort und ging ums
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