Nick Stone 06 - Feind ohne Namen
»Ich warte hier.«
Das quittierte Kelly mit leichtem Lächeln, als sie mit Dr. Hughes den Raum verließ. Ich wusste nicht, ob sie sich freute, mich zu sehen, oder nur froh war, den beiden Alten über eine Dreiviertelstunde lang zu entkommen.
Jimmy wirkte erleichtert, als ich den Empfangsbereich betrat. Fälschlicherweise fühlte er sich immer sicherer, wenn wir zu zweit waren. Ich hielt ihnen die Tür auf. »Gehen wir um die Ecke eine Tasse Tee trinken? Ich glaube, hier zu warten wäre sinnlos.«
Jimmy war gleich dafür, aber er musste abwarten, bis Carmen zustimmte. Schließlich gingen wir in Richtung Hauptverkehrsstraße und fanden einen Tisch in einem pseudofranzösischen Café, dessen Personal ausschließlich aus Kroaten bestand.
»Ist schon Post für mich gekommen?«
Carmen schüttelte den Kopf, während sie die Karte studierte. »Nein, aber wir sind losgefahren, bevor die Post da war. Die Fahrt ist schrecklich lang, weißt du. Dieser dumme Kerl wusste nicht mehr, wo er war. Müssen Taxifahrer nicht einen Test ablegen? Seht euch bloß diese Preise an - eins fünfzig für eine Tasse Tee!«
Jimmy nickte dankend, als die Bedienung unsere Bestellung aufnahm und damit zur Theke ging. Danach studierten wir alle wieder die Karte, weil wir schon nicht mehr wussten, worüber wir uns unterhalten sollten.
Die Bedienung rettete uns ein paar Minuten später, indem sie zurückkam und zwei Tassen Tee und einen Kaffee für mich auf den Tisch knallte. Ich drückte zwei Kapseln Doxycycline aus der Blisterpackung, was Carmens scharfem Auge nicht entging. »Bei mir ist eine Erkältung im Anzug«, behauptete ich. »Ich versuche, sie gleich zu vertreiben.«
»Wenn du sie nur nicht in meine Richtung treibst. Ich hab gerade erst eine hinter mir. Aber das war mehr eine Grippe, nicht wahr, Jimmy?«
Jimmy meldete sich zu Wort. »Ich glaube, das gilt nur für die Fahrer von schwarzen Taxis, Liebste. Wir hatten ein Minitaxi.«
»Nun, auch die sollten einen Test bestehen müssen.« Carmen wandte sich mir zu und flüsterte theatralisch wie auf der Bühne: »Er wird langsam taub, aber er will’s nicht wahrhaben. Ich wollte ihn zum Arzt schicken, aber glaubst du, dass er geht? O nein .«
Ich nahm die Kapseln mit einem Schluck des schaumigen Kaffees ein. Kein Wunder, wenn Jimmy taub war. Ich wär’s an seiner Stelle auch geworden. »Wahrscheinlich kommt noch ein dicker Brief für mich«, sagte ich. »Aber der ist nicht weiter wichtig, ich kann ihn später abholen, wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin.« Ich trank noch einen Schluck Kaffee, um die Kapseln hinunterzuspülen. Es hatte keinen Sinn, länger zu warten. Ich musste endlich zur Sache kommen. »Carmen und Jimmy, ich habe eine enttäuschende Mitteilung für euch. Kelly muss morgen nach Amerika zurückfliegen.«
»Aber .«
»Ich weiß, ich weiß, aber ich muss doch länger arbeiten, als ich dachte. Dr. Hughes hat mir versprochen, jemanden in den Staaten zu finden, der Kelly helfen kann, sodass wenigstens dafür gesorgt ist.«
»Es ist bestimmt keine gute Idee, sie Hals über Kopf .«
»Ihr müsst mir einen Gefallen tun«, unterbrach ich Carmen, »und sie auf einen anderen Flug umbuchen. Könnt ihr das für sie tun?«
»Oh, aber dafür haben wir nicht das Geld.« Kein
Problem war zu klein, um Carmens Radar zu entgehen.
»Wenn ihr sie umbucht, zahle ich alles mit meiner Kreditkarte, ich rufe die Fluggesellschaft später an, um meine Kartennummer durchzugeben. Ich habe nur nicht die Zeit, um alles zu organisieren, und Kelly hat ihr Ticket bereits. Ich muss ab 12 Uhr wieder arbeiten.«
»Was sollen wir also machen?«
»Hast du einen Kugelschreiber?«
Sie angelte einen aus ihrer Handtasche, und ich schrieb London Heathrow nach Baltimore, American Airlines, Sonntag, 11. Mai auf eine Papierserviette.
»Mehr braucht ihr nicht«, sagte ich. »Ruft einfach American Airlines an, die Nummer steht auf dem Ticket. Lässt der Flug sich nicht umbuchen, bucht ihr Kelly für irgendeinen Flug, der morgen nach Baltimore geht. Das macht jedes Reisebüro für euch. Ihr sagt einfach, dass ich anrufe, Sobald der Flug gebucht ist, und den Rest erledige.«
Ich bemühte mich, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, bevor Carmen sich auf sie einschießen konnte, aber sie machte trotzdem weiter ein Gesicht, als habe sie eine Wespe verschluckt. »Wann willst du es ihr sagen? Gott, das bringt sie bestimmt noch mehr durcheinander, die arme Kleine!«
»Ja, ich weiß. Trotzdem geht’s nicht
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