Nick u. Jan 3 - Das Finale - mitten ins Herz
unausgesprochenes Gesetz lauten: Schwule sollten sich in der Öffentlichkeit nicht abknutschen, um das Zartgefühl der Heteros nicht zu verletzen. Angewiderte Blicke streifen uns, ein paar Leute lachen. Dämliche Sprüche fehlen auch nicht. „Verstehen Schwuchteln überhaupt was von Fußball?" „Die gucken doch nur den hübschen jungen Ärschen hinterher!" Nick hat mich losgelassen und guckt mich betroffen an. „Scheiße", murmelt er, „ich hab' einfach nicht dran gedacht." „Ich auch nicht", sage ich und gebe mir einen Ruck, „ach, und wenn schon - na und?"
Christophs Trainer hat's auch gesehen. Er sieht sofort weg, als ich in seine Richtung gucke.
Mist. Ob Chris jetzt was zu hören kriegt?
„Ich komm' gleich wieder", sage ich zu Nick und Patrick und gebe mich gelassener, als ich mich fühle. Mache mich auf den Weg zu den Umkleideräumen. Ein paar Jungs sehen mich an und tuscheln.
Die haben's wohl auch mitbekommen, denke ich. Hoffentlich haben wir Christoph damit nicht blamiert. Ist schon blöde, oder? 2003 haben wir. Wird es mal eine Zeit geben, wo es wirklich ganz und gar selbstverständlich ist?
Nick und ich sind jetzt seit über einem Jahr zusammen und ich finde es wirklich völlig normal mittlerweile. Er ist mein Partner, in jeder Hinsicht.
Okay, da sind diese 15 Jahre zwischen uns, aber er ist reif für sein Alter (obwohl er noch so verdammt jung aussieht ... was ich ja auch wiederum so ungeheuer anziehend finde ...) und ich habe in diesem Jahr wieder einen Teil von mir entdeckt, den ich schon völlig verschüttet glaubte. Wie heißt es? Das Kind im Mann?
Es ist eine gewisse Art von Ausgelassenheit, von Spaß - einfach Lebensfreude, die jetzt wieder da ist, die mir das Leben lebenswert macht.
So habe ich mich zuletzt mit 18, 19 gefühlt. Dieses Gefühl, dass man neugierig ist auf die unglaublichen Dinge, die das Leben zweifellos für einen bereit hält und die nur entdeckt und erlebt werden wollen ... Das verdanke ich ihm. Er hat mich wieder richtig jung und lebendig werden lassen und mich aus den senilen Rentengedanken geholt.
Und schon fällt mir das Motorrad wieder ein. Ich fasse einen ungeheuerlichen Entschluss just in diesem Moment. Ich kauf sie. Die Yamaha XJ 900. Nicht die BMW. Was sagte damals mein Kumpel Sven? „Mit 'ner BMW triffst du eine vernünftige und solide Entscheidung. Die Yamaha ist mehr was für Aufregung und Emotionen ..." Ich werde es tatsächlich machen! Yeah!
Manche Träume muss man sich einfach erfüllen. Damit kann ich auch zur Arbeit fahren.
Den Bus behalten wir. Nick könnte dann seinen klapprigen Golf endlich zum Schrottplatz bringen. Für Katharina und Christoph tut sich sicher eine andere Mitfahrgelegenheit zum Bahnhof auf ... die neuen Nachbarinnen fallen mir spontan ein und Patrick, der ja auch schon einen eigenen Wagen hat.
Diese Entscheidung beschwingt mich regelrecht und lässt mich freundlicher auf Christophs Trainer zugehen, als ich ursprünglich geplant hatte.
„Hallo, Stefan!", sage ich unbefangen zu ihm. Der sieht mich kurz an, lächelt verlegen.
„Gibt's Probleme?", frage ich und stelle mich naiv.
„Nö. Wieso?", fragt er und weicht meinem Blick aus, als könne er sich durch Augenkontakt mit mir Homosexualität wegholen!
Feiger Arsch, denke ich, tu doch nicht so! Mit dem wird man einfach nicht drüber reden können. Ich ärgere mich nun doch, aber ich zwinge mich, so zu tun, als wäre nichts gewesen. Für Chris.
Am liebsten würde ich ja jetzt sagen: Ey, was ist los? Ich bin mit 'nem Mann zusammen, na und? Aber bei dem hat es keinen Zweck. Dem ist das einfach nur peinlich und er möchte nicht damit konfrontiert werden. „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß." Darauf reimt sich 'Scheiß'... „Christoph spielt ja jetzt in der Abwehr", sage ich nur. „Ja", sagt er und wirkt sehr erleichtert, als hätte er Angst gehabt, ich könnte auf die für ihn heikle Situation von eben zu sprechen kommen, „finde ich gut! Er kam an und fragte mich, ob er's nicht mal da versuchen könnte!" Stefan erzählt noch 'ne Menge mehr über Chris. Dass er findet, dass er ganz toll spielt und eine unheimliche Reife besitzt, nicht egoistisch ist und, und, und ... Sie sollten sich zumindest hier nicht outen, denke ich während seines Wortgeplätschers. Es würde zu viel zerstören.
N I C K
Shit, denke ich, als Jan zu Stefan rüber schlendert, hoffentlich wird Christoph jetzt nicht gehänselt...
Am Anfang mussten wir ihm ja hoch und
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